Arbeiter werken an einem Roboterarm in einer chinesischen Fabrik
Reuters
China

Schwächstes Wachstum seit 28 Jahren

Die chinesische Wirtschaft wächst so langsam wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr. Der Handelskrieg mit den USA, aber auch hausgemachte Probleme bremsen die Konjunktur – mit Folgen für die gesamte Weltwirtschaft.

Die zweitgrößte Volkswirtschaft erreichte im vergangenen Jahr nur noch ein Wachstum von 6,6 Prozent im Vergleich zum Jahr davor, wie das Statistikamt am Montag in Peking mitteilte. Das Quartalswachstum fiel Ende 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar auf nur noch 6,4 Prozent – ähnlich wenig wie zuletzt 2009 nach Ausbruch der globalen Finanzkrise.

Die Aussichten für das begonnene Jahr sind ungünstig. Die Weltbank und Experten rechnen damit, dass das Wachstum unter 6,5 Prozent fallen wird. Wie stark die Marke unterschritten wird, hängt davon ab, ob der Handelskrieg mit den USA weiter eskaliert oder eine Einigung gefunden werden kann.

„Wachsende Unsicherheit“

„Der Handelskrieg macht sich derzeit vor allem in einer wachsenden Unsicherheit bemerkbar“, sagte Max Zenglein, Leiter des Programms Wirtschaft beim deutschen China-Institut MERICS. Schwächelnde Exporte und Zurückhaltung bei Investitionen wirkten sich bereits auf das Wachstum aus. „Richtig ernst dürfte es aber erst werden, wenn es bis März keine Lösung gibt und es zu weiteren Zollerhöhungen kommt.“

Die USA haben China eine Frist bis 1. März gesetzt und drohen bei mangelndem Entgegenkommen mit einer weiteren Eskalation. US-Präsident Donald Trump fordert eine stärkere Marktöffnung und einen wirksamen Kampf gegen den Diebstahl geistigen Eigentums und erzwungenen Technologietransfer.

Wachstum soll angekurbelt werden

Chinas Wachstum ist den neuen Zahlen zufolge so langsam wie seit 1990 nicht mehr – es lag 2018 aber noch knapp über der amtlichen Zielvorgabe von 6,5 Prozent für das Gesamtjahr. Trotzdem ist die Regierung in Peking „besorgt“, wie namentlich nicht genannte Regierungsvertreter berichteten. Es seien Maßnahmen geplant, um das Wachstum anzukurbeln. Im neuen Jahr sollen möglicherweise nur noch 6,0 bis 6,5 Prozent als Wachstumsziel vorgegeben werden.

Nicht nur der Handelskrieg bremst die Wirtschaft. Experten verweisen auch auf den Kampf gegen das ausufernde Kreditwachstum und andere Faktoren. „Die Stimmungslage im Land hat sich grundsätzlich verändert“, sagt MERICS-Ökonom Zenglein. Das mache sich in einer größeren Zurückhaltung sowohl aufseiten der Konsumenten als auch aufseiten privater Unternehmen bemerkbar, die weniger investierten.

Vor Einbruch bei Absatz von Autos

Europäische Unternehmen dürften sich im China-Geschäft künftig mehr zurückhalten. Deutsche Autoproduzenten, die stark von China abhängig sind, müssen sich etwa auf den ersten Einbruch des größten Fahrzeugmarktes der Welt seit zwei Jahrzehnten einstellen.

Erst vergangene Woche hatte Chinas Statistikamt die Wachstumszahl für 2017 nach neuen Berechnungen nachträglich von 6,9 auf 6,8 Prozent korrigiert. Um die Konjunkturschwäche aufzufangen, greift China eher zu alten Methoden. Angekündigt wurden schon große Neuinvestitionen im Infrastrukturbereich, etwa beim Ausbau der Eisenbahn, sowie Steuererleichterungen für Haushalte und Unternehmen.

Zögern bei Neueinstellungen

Die kommunistische Führung ist besonders besorgt über den Arbeitsmarkt, auf dem die Löhne schon langsamer steigen. Unternehmen zögern auch bereits bei Neueinstellungen. Experten sagen, dass der Handelskrieg die Schwachstellen der Wirtschaft offenlege, die stark von hoher Verschuldung und dem Bauboom abhängig ist. Auf dem hoch spekulativen Immobilienmarkt steht aber nach Berichten jede fünfte Wohnung leer.

Fachleute verweisen auch darauf, dass es einen Widerspruch zwischen der wachsenden staatlichen Kontrolle der Wirtschaft und der Notwendigkeit gebe, ein dezentrales und verbrauchergetriebenes Wirtschaftssystem zu schaffen, um nachhaltiges Wachstum zu erreichen. Ausländische Unternehmen beklagen, dass lange angekündigte Reformen, die dem Markt eine größere Rolle geben sollten, bisher nicht umgesetzt worden sind.

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