Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)
APA/Herbert Neubauer
Stadt vs. Bund

„Wien nicht schlechter behandeln“

Die SPÖ-Riege der Wiener Stadtregierung ist am Montag geschlossen vor die Medien getreten und hat sich gegen zuletzt verschärfte Kritik der Bundesregierung zur Wehr gesetzt. Bürgermeister Michael Ludwig betonte: „Wir wollen nicht, dass uns die Bundesregierung schlechter behandelt.“ FPÖ, ÖVP und NEOS sprachen von einer „Lobeshymne“ und „billiger Polemik“.

Ob etwa beim Thema Mindestsicherung, Arbeitslosigkeit oder Faulenzen – gerade seit Jahresbeginn hat die ÖVP-FPÖ-Koalition auf Bundesebene ihre Kritik an der Wiener Stadtregierung deutlich intensiviert. Angesichts der regulär im nächsten Jahr anstehenden Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl und der Tatsache, dass Wien derzeit mit der rot-grünen Koalition den Kontrapunkt zur Bundesregierung bildet, haben mehrere Medien bereits das „Match um Wien“ ausgerufen.

Ludwig versuchte am Montag mit dem Auftritt seiner Regierungsmannschaft die Kritik zu kontern und ging in die Gegenoffensive: Was ÖVP und FPÖ machten, sei ein „Wien-Bashing“, zu diesem Ausdruck stehe er. Es sei eine „Kampagne, die ich in der Intensität noch nicht wahrgenommen habe“. Da müsse man sich „zur Wehr setzen“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Die SPÖ-Mitglieder der Wiener Stadtregierung Peter Hanke (Finanzen und Wirtschaft), Jürgen Czernohorszky (Bildung und Integration), Veronica Kaup-Hasler (Kultur), Bürgermeister Michael Ludwig, Kathrin Gaal (Wohnen), Ulli Sima (Umwelt) und Peter Hacker (Gesundeheit und Soziales)
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Die Wiener SPÖ präsentierte sich kämpferisch

Andere „Herausforderungen“ in Wien

Es gehe um das Image der Stadt und um Arbeitsplätze. Wien habe ein gutes Renomee, und das wolle man erhalten. Daher „wollen wir nicht, dass uns die Bundesregierung schlechter behandelt“. Ludwig betonte mehrmals, dass es in Wien aufgrund der Tatsache, dass es die einzige österreichische Millionenstadt ist, andere Gegebenheiten und „Herausforderungen“ gebe. Die Struktur der Bevölkerung unterscheide sich von jener der anderen acht Bundesländer. So würden aus den Ländern etwa 265.000 Menschen nach Wien kommen. Es gebe daher sehr gut Ausgebildete, aber auch „viele, die nicht gut qualifiziert sind und ebenfalls nach Wien kommen“.

Bürgermeister Ludwig bewirbt Wien

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ortet eine Kampagne der ÖVP-FPÖ-Regierung gegen die Stadt und versammelt sein Team hinter sich, um für Wien zu werben.

Wenn die Bundesregierung die Lage in Wien analysiere, erwarte er, „dass sie Vorschläge macht, wie man mit der Herausforderung umgeht“. Doch die Regierung habe Mittel für das AMS gekürzt und die „Aktion 20.000“ abgeschafft. Außerdem fordere sie, dass Flüchtlinge und Migranten besser Deutsch können müssen, streiche aber gleichzeitig Deutschkurse. Das sei „echter Zynismus“, so Ludwig.

Ludwig fordert Einbindung

Der Bürgermeister sagte, er erwarte, in Entscheidungen der Bundesregierung eingebunden zu werden. So wie sich die Regierung zu Recht um die Bedürfnisse kleinerer Städte und des ländlichen Raums kümmere, müsse sie sich auch um die Herausforderungen von Österreichs einziger Großstadt kümmern. Diese seien in Wien anders. Man solle nicht „mit dem Finger hinzeigen“. Er erwarte vielmehr Kooperationsbereitschaft, insbesondere von jenen Regierungsmitgliedern, die aus Wien kommen, so Ludwig unter Verweis auf Kanzleramtsminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel und Vizekanzler und FPÖ-Wien-Chef Heinz-Christian Strache.

Ludwig und sein Team betonten mehrmals, dass Wien die lebenswerteste Stadt weltweit sei, in der das soziale Miteinander im Vordergrund stehe. Mit 844.000 Arbeitsplätzen sei die Stadt ein wichtiger Wirtschaftsmotor. Sie biete außerdem 265.000 Menschen aus anderen Bundesländern Jobs. Wien sei zudem der größte Nettozahler. Ludwig und sein Team zogen eine Leistungsbilanz, was bisher erreicht wurde – und eine Ausblick auf die Investitionen im heurigen Jahr. Dabei standen unter anderem Kinderbetreuung, friedliches Miteinander und Arbeitsplätze im Zentrum.

Absage an vorgezogene Neuwahlen

Ludwig sagte, er denke angesichts der Spannungen mit der Bundesregierung nicht an vorgezogene Neuwahlen. Er sei gewählt, um zu arbeiten und das Regierungsprogramm umzusetzen. Wahlen seien für ihn kein „taktisches Element“. Dass die grüne Stadtregierungsriege bei dem Auftritt nicht dabei war, erklärte Ludwig damit, dass die Bevölkerung auch wahrnehmen soll, wofür die SPÖ Wien stehe. Es gebe aber ein gutes Einvernehmen, bei inhaltlichen Schwerpunkten würde verstärkt die Stadtkoalition auftreten.

TV-Hinweis

„Report“ widmet sich am Dienstag um 21.05 Uhr in ORF2 unter anderem dem Vorwahlkampf in Wien. Zu Gast im Studio sind Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ).

FPÖ: „Billige Polemik“

Es grenze „an Lächerlichkeit, wie die SPÖ in Wien versucht, mit billiger Polemik Politik zu machen“, so der FPÖ-Klubchef und geschäftsführende Wiener Parteichef Johann Gudenus. Dabei lenke sie von den eigentlichen Problemen, etwa dem Schuldenberg, ab. Ludwig rate er einzugestehen, dass der Kurs der „falsch gelebten Toleranz“ gescheitert sei. Ludwig solle aufhören, die „fleißige Wiener Bevölkerung zu vereinnahmen und für seine ‚Oppositionspolitik gegen die Bundesregierung‘ zu missbrauchen“, so Gudenus.

ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch sagte, Wien sei eine großartige Stadt, sie werde aber „seit vielen Jahren unter Wert regiert“. Wien sei nicht die SPÖ, und die SPÖ sei nicht Wien, so Wölbitsch. Die Bundesregierung regiere und setze Maßnahmen um, etwa eine Entlastung. Die ÖVP-FPÖ-Regierung arbeite „die rot-grünen Versäumnisse der Vergangenheit auf“.

Der Wiener NEOS-Klubchef Christoph Wiederkehr sprach von einer reinen „Lobeshymne“ und einem Blick durch die „rosarote Brille“. Bisher habe die SPÖ nur „mit Ankündigungspolitik geglänzt“, man wolle nun aber endlich Taten sehen.