Die britische Premierministerin Theresa May spricht im House of Commons
APA/AFP/PRU
Plan B für Brexit

May will erneut mit EU verhandeln

Die britische Premierministerin Theresa May will erneut über die im Brexit-Deal vereinbarte Auffanglösung für die Grenze zwischen Irland und Nordirland verhandeln. Sie wolle sich mit den Abgeordneten beraten und mit neuen Vorschlägen nach Brüssel reisen, verkündete May in ihrem Plan B am Montag im Unterhaus. Eine Gebühr für in Großbritannien lebende EU-Bürgerinnen und Bürger schloss sie aus.

In der Nordirland-Frage werde sie eine Reihe an Optionen analysieren. May schloss vehement aus, dass sie das Nordirland-Friedensabkommen ändern wolle, um so eine Verhandlungslösung im Brexit-Streit zu ermöglichen. Das berichtete zuvor der „Daily Telegraph“. Auch eine Verschiebung des Austrittsdatums Ende März, die Option eines „No Deals“ sowie die Forderung nach einem zweiten Referendum lehnte sie nach wie vor ab. Es liege am Unterhaus, ein „No Deal“-Szenario zu verhindern, so May.

Eine Gebühr in der Höhe von 65 Pfund für bereits in Großbritannien lebende EU-Bürgerinnen und EU-Bürger lehnt sie nun jedoch ab. Millionen von EU-Bürgern müssen einen „dauerhaften Status“ beantragen, um nach dem Brexit im Land bleiben zu können. Antragsteller müssen zumindest fünf Jahre in Großbritannien gelebt haben und hätten ursprünglich eine Gebühr zahlen sollen, um sich ihr Recht auf Niederlassung zu sichern. Diese Gebühr hatte im Vorfeld bereits für Kritik gesorgt.

Abstimmung über Plan B am 29. Jänner

Über Mays Plan B sowie über mögliche Änderungsanträge wird am 29. Jänner – und somit zwei Monate vor dem geplanten Austrittsdatum – abgestimmt. London kündigte aber bereits an, dass es sich dabei nicht um ein zweites „bedeutendes“ Votum handle – wie jenes vergangene Woche. Ein zweites Votum über Mays Brexit-Deal würde nicht vor Februar stattfinden, hieß es weiter.

Nachdem sie vergangene Woche eine historische Niederlage im britischen Parlament erlitt, muss May nun neuerlich Abgeordnete im britischen Unterhaus für sich gewinnen. Seit Tagen trifft sich die Premierministerin deshalb mit Vertretern aller Parteien. Nur die Labour-Partei hat sich bisher geweigert, an solchen Gesprächen teilzunehmen. Kritik übte May daher auch am Montag neuerlich an Labour-Chef Jeremy Corbyn.

Irland schließt Alleingang aus

Im Vorfeld von Mays Rede am Montag wurde spekuliert, wie der alternative Brexit-Plan aussehen könnte, sowie Druck auf die Regierung in London ausgeübt. Zuvor war noch unklar, ob May eine Lösung in der Irland-Frage präsentieren wird. Spekuliert wurde zuletzt über bilaterale Verhandlungen zwischen London und Dublin – für Irlands Europaministerin Helen McEntee war das allerdings keine Option.

Die Brexit-Gespräche würden von der EU und damit allen verbleibenden 27 Mitgliedsländern geführt, sagte McEntee am Montag. Irland werde aus diesem Grund auch nicht in bilaterale Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich treten. Auch Irlands Außenminister Simon Coveney machte klar, dass seine Regierung an dem zwischen London und Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen festhält – einschließlich des in London besonders umstrittenen „Backstop“.

Primosch (ORF) über Mays Rede

Theresa May präsentierte dem britischen Unterhaus ihren Plan B zum Brexit. In ihrer Rede zeigte sie sich entgegenkommend. Ein weiteres Referendum schloss sie jedoch dezidiert aus, so ORF-Korrespondentin Cornelia Primosch.

Britische Medien hatten zuvor mitunter berichtet, dass May mehr Entgegenkommen aus Brüssel verlangen wird. Die „Times“ berichtete, May habe ihr Kabinett unterrichtet und wolle mit den Vorschlägen an die Adresse Brüssels vor allem Skeptiker in den eigenen Reihen umstimmen. Die „Times“ berichtete außerdem, dass Mays Konzept auch Pläne für einen Vertrag Großbritanniens mit Irland enthalten soll, um das Problem einer neuen Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und der Republik Irland zu vermeiden. Ein solcher Vertrag soll ebenso Tory-Hardliner wie die nordirische DUP überzeugen, deren Abgeordnete Mays Regierung im Parlament unterstützen. Ob und wie das Vorhaben mit EU-Recht vereinbar sei, bleibt der britischen „Times“ zufolge allerdings offen.

„Backstop“-Regel

Diese Regel ist der größte Kritikpunkt an Mays Brexit-Paket. Sie sieht vor, dass Großbritannien mit der EU in einer Zollunion bleibt, wenn keine andere Vereinbarung getroffen wird. Hardliner eines Austritts fürchten eine Bindung an die EU auf unabsehbare Zeit.

EU: Es hat sich nichts verändert

Die Europäische Union lehnte Mays neuen Vorstoß für Nachverhandlungen zum Brexit ab. Seit vergangener Woche habe sich nichts geändert, erklärte ein Sprecher von EU-Ratschef Donald Tusk am Montag. „Wir sind immer bereit, uns zu treffen und zu reden.“ Doch hätten die bleibenden 27 EU-Staaten schon im Dezember gesagt, dass das mit May ausgehandelte Austrittsabkommen nicht nachverhandelt werden könne, so der Sprecher.

Es sei „der Moment für London, sich zu äußern“, hieß es zuvor vonseiten der EU-Kommission. Einem Kommissionssprecher zufolge sei es zudem „absolut korrekt“, dass die irische Grenzfrage und damit auch der „Backstop“ Teil des zwischen May und der EU ausgehandelten Ausstiegsvertrags und somit nicht mehr verhandelbar sei.

Der rumänische EU-Vorsitz zeigte sich hingegen offen für Änderungen an der Brexit-Vereinbarung mit Großbritannien. Wenn in London Klarheit über den Kurs herrsche, werde die EU versuchen, ihre „Position anzupassen“, sagte Außenminister Teodor Melescanu am Montag in Brüssel. Obgleich die EU weiter hinter Irland stehe, könne dabei auch über die umstrittene Auffanglösung für Nordirland gesprochen werden: „Der ‚Backstop‘, alles ist offen, steht auf der Tagesordnung.“