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Reuters/Francois Lenoir
„Diskriminierend“

EuGH kippt Karfreitagsregelung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag entschieden, dass die österreichische Regelung für den Karfreitag gegen die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie verstößt. Ein Arbeitgeber in Österreich könnte laut EuGH verpflichtet werden, allen Beschäftigten unabhängig von ihrer Religion am Karfreitag ein Feiertagsentgelt zu zahlen.

Der Gerichtshof betonte am Dienstag in seinem Urteil, dass die Gewährung eines bezahlten Feiertags nur für die Angehörigen der evangelischen Kirchen AB und HB sowie zwei weiterer eine Diskriminierung wegen der Religion darstelle.

Hintergrund des Rechtsstreits (C-193/17) ist die Regelung in Österreich, wonach der Karfreitag nur für die Angehörigen der evangelischen Kirchen AB und HB, der altkatholischen Kirche und der evangelisch-methodistischen Kirche ein gesetzlicher Feiertag ist. Nur Angehörige dieser Kirchen haben Anspruch auf ein Feiertagsentgelt, wenn sie am Karfreitag arbeiten. Nun stellt der EuGH in seinem Urteil fest, dass ein privater Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sei, auch seinen anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen bezahlten Feiertag am Karfreitag zu gewähren.

Die Begründung des EuGH

Die österreichische Regelung könne weder mit der Berufung auf Wahrung der Rechte und Freiheiten anderer noch als Ausgleich von Benachteiligungen wegen der Religion gerechtfertigt werden. Solange Österreich seine Rechtsvorschriften zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung nicht ändere, sei ein privater Arbeitgeber verpflichtet, auch seinen anderen Arbeitnehmern das Recht auf einen Feiertag am Karfreitag zu gewähren, urteilten die EU-Richter.

Der Gerichtshof stellte weiters fest, dass die österreichische Regelung eine unmittelbar auf der Religion der Arbeitnehmer beruhende unterschiedliche Behandlung begründet. Die Regelung sei auch nicht zum Schutz der Religionsfreiheit notwendig. Auch könne die Feiertagsregelung für die betroffenen Kirchen nicht als Ausgleich für eine Benachteiligung angesehen werden. Die in Rede stehenden Maßnahmen würden über das hinausgehen, was zum Ausgleich einer solchen mutmaßlichen Benachteiligung notwendig wäre.

EuGH kippt Karfreitagsregelung

Der EuGH in Luxemburg hat entschieden, dass die österreichische Karfreitagsregelung gegen EU-Recht verstößt. Die Regelung ist diskriminierend.

Feiertag muss beantragt worden sein

Für die Rückwirkung seines Urteils hat der EU-Gerichtshof jedenfalls Grenzen gesetzt. Die EU-Richter entschieden nämlich, dass ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin bei seinem Arbeitgeber einen Feiertag auch beantragt haben muss. Das würde wahrscheinlich bedeuten, dass die Zahl der Fälle, in denen eine Diskriminierung rückwirkend angefochten werden kann, begrenzt bleibt.

Solange Österreich seine Rechtsvorschriften nicht zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung geändert habe, sei ein privater Arbeitgeber, der diesen Rechtsvorschriften unterliegt, verpflichtet, auch seinen anderen Arbeitnehmern das Recht auf einen Feiertag am Karfreitag zu gewähren, sofern diese zuvor mit dem Anliegen an ihn herangetreten sind, an diesem Tag nicht arbeiten zu müssen, und ihnen folglich, wenn er sie abschlägig beschieden habe, das Recht auf ein Zusatzentgelt für die an diesem Tag erbrachte Arbeitsleistung zuzuerkennen, heißt es in dem Urteil des EuGH.

OGH ist wieder am Zug

In Österreich ist der Karfreitag bisher nur für Angehörige der evangelischen Kirchen, der altkatholischen Kirche und der evangelisch-methodistischen Kirche ein gesetzlicher Feiertag. Der zuständige EuGH-Generalanwalt vertrat in seinem Schlussantrag im Juli 2018 die Auffassung, dass die Gewährung eines bezahlten Feiertags nur für die Angehörigen bestimmter Kirchen eine Diskriminierung aufgrund der Religion darstelle. Um die Klarstellung des EuGH hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) ersucht. Anlass war die Klage eines Mannes ohne Bekenntnis, weil er am Karfreitag im Gegensatz zu Protestanten arbeiten muss.

Das Urteil des EuGH ist eine allgemeingültige Auslegung des Unionsrechts, diese gilt mit der Verkündung des Urteils. Im konkreten Fall ist aber der in Österreich damit befasste OGH wieder am Zug. Er muss nun das in Österreich laufende Verfahren gemäß des EuGH-Urteils abschließend entscheiden. Aus dem OGH hieß es gegenüber der APA, dass man nun das Verfahren fortsetzen und eine Entscheidung auf Grundlage des EuGH-Erkenntnisses treffen werde. Wie lange das dauert, lässt sich noch nicht abschätzen.

Regierung: Auswirkungen genau prüfen

Positive Reaktionen kamen aus den betroffenen Kirchen. „Im Moment erleichtert“ ist der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker, wie es in einer ersten Stellungnahme der Evangelischen Kirchen heißt. Denn: „Das Urteil spielt den Ball zurück an den Gesetzgeber in Österreich“, so Bünker – mehr dazu in religion.ORF.at.

Der Generalsekretär der römisch-katholischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, ist dafür, dass der Karfreitag weiterhin für Evangelische und Altkatholiken ein gesetzlicher Feiertag bleiben soll, aber bei gleichzeitigem Entfall der Feiertagszuschläge für jene, die dennoch an diesem Tag arbeiten. Es sei zu hoffen, dass der Gesetzgeber bald eine Lösung finde, meinte er gegenüber „Kathpress“.

Die Bundesregierung will die EuGH-Entscheidung und die damit verbundenen Auswirkungen „genau prüfen“, wie Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Dienstag mitteilte. „Nach dieser Prüfung wird die Bundesregierung zeitnah weitere Schritte bekanntgeben.“ Dem Vernehmen nach könnte das Urteil am Mittwoch auch Thema im Ministerrat sein.

ÖGB: Feiertag für alle

Der ÖGB forderte indes, den Karfreitag zu einem gesetzlichen Feiertag zu machen. Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, begründete die Forderung nach einem Feiertag für alle damit, dass die Österreicher und Österreicherinnen mit ihren wöchentlichen Arbeitszeiten an einem der europäischen Spitzenplätze lägen. Die SPÖ schloss sich in einer Aussendung der ÖGB-Forderung an. Die Arbeiterinnen und Arbeiter hätten sich das verdient, so der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried.

Der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Karl Karlheinz Kopf, sagte, Österreich sei mit 13 Feiertagen im Jahr schon jetzt unter jenen Ländern mit den großzügigsten Feiertagsregelungen in Europa. „Ein zusätzlicher Feiertag würde die österreichische Wirtschaft 600 Millionen Euro kosten“, so Kopf.

Das wiederum ließ Achitz nicht gelten. „Immer wieder wird behauptet, dass es in Österreich zu viele gesetzliche Feiertage gäbe. Dabei verschweigen die Arbeitgeber aber, dass manche davon ohnehin jedes Jahr auf einen Sonntag fallen, nämlich Oster- und Pfingstsonntag. Auch der 6. Jänner ist heuer als Feiertag de facto ausgefallen, weil er auf einem Sonntag zu liegen kam.“

Auch Christgewerkschafter für freien Tag

Unterstützung für den ÖGB gibt es von Franz Gosch, dem steirischen Arbeiterkammer-Vizepräsidenten und FCG-Landesvorsitzenden. Der Christgewerkschafter sprach sich dafür aus, den Karfreitag zu einem arbeitsfreien Feiertag zu machen. „In Deutschland ist der Karfreitag schon lange ein Feiertag, auch Ungarn und die Slowakei ziehen nach“, so Gosch.

Der Wirtschaftsbund betonte, dass die Umsetzung des EuGH-Urteils die Unternehmen nicht belasten dürfe. Rene Tritscher, Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes, erinnerte in einer Aussendung daran, dass der Karfreitag derzeit per Gesetz nur für etwa vier Prozent der Österreicher arbeitsfrei ist. „Ein zusätzlicher Feiertag ist für die Wirtschaft nicht tragbar“, so Tritscher.

IV sieht keinen Bedarf für weiteren Feiertag

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl betonte am Rande einer Pressekonferenz, dass man nun zunächst die Reaktion der Bundesregierung abwarten wolle. Es gebe viele Fragen, die offen seien. Wobei sie hoffe, dass man nun nicht alle Feiertage diskutiere. Auch die Frage, ob man einen anderen nun möglicherweise streiche, müsste man allen Arbeitnehmern stellen, so Anderl. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man dazu bereit ist“, sagte sie.

Die Industriellenvereinigung sieht ebenfalls keinen Bedarf für einen weiteren gesetzlichen Feiertag. „Mit insgesamt 13 gesetzlichen Feier- plus mindestens 25 Urlaubstagen gewährt Österreich schon bisher auch ohne Karfreitag Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine sehr hohe Anzahl an freien Arbeitstagen“, so Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung.