Italiens Innenminister Matteo Salvini
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Italien

Nächste Breitseite gegen Frankreich

Paris hat die italienische Botschafterin ins Außenministerium zitiert – dieser Schritt ist zwischen zwei EU-Staaten äußerst ungewöhnlich. Auslöser sind verbale Attacken der rechtspopulistischen Regierung in Italien gegen Frankreich. Und Innenminister Matteo Salvini setzte am Dienstag noch nach.

Die französische Regierung habe kein Interesse an einer Stabilisierung Libyens wegen seiner Interessen im Ölbereich, sagte Salvini in einem TV-Interview mit dem Fernsehsender Canale 5. Frankreich sei eine der Ursachen der Probleme in Libyen, meinte Salvini. Italiens Botschafterin in Frankreich, Teresa Castaldo, wurde deshalb vom französischen Außenministerium zu einem Gespräch eingeladen.

Die französische Europaministerin Nathalie Loiseau habe Castaldo am Montag wegen „inakzeptabler und haltloser Äußerungen“ der italienischen Regierung zu sich kommen lassen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Loiseaus Büro.

Im Mittelpunkt des Treffens, das im Laufe des Tages stattfinden soll, stehen die jüngsten Aussagen des italienischen Vizepremiers und Chefs, der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio. Dieser hatte am Sonntag die EU zur Verhängung von Sanktionen gegen Frankreich und andere Länder aufgerufen, die Afrika seiner Ansicht nach „verarmen“.

Die französische Europaministerin Nathalie Loiseau
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Europaministerin Nathalie Loiseau bestellte Italiens Botschafterin zu sich

Wirft Paris Kolonialgelüste vor

„Heute werden so viele Afrikaner in die Migration getrieben, weil einige europäische Länder, vor allem Frankreich, nie aufgehört haben, Dutzende afrikanische Länder zu kolonisieren“, sagte Di Maio. Diese Länder seien für das Drama der Flucht und Migration im Mittelmeer verantwortlich, so Di Maio. Einst besaß Italien freilich auch selbst Kolonien in Afrika: Libyen und Italienisch-Ostafrika (Eritrea, Italienisch-Somaliland, Äthiopien).

Salvini verteidigte am Dienstag seinen Koalitionspartner. Frankreich habe keinen Grund, sich zu ärgern, meinte der Chef der rechten Lega. Er bekräftigte seine Entschlossenheit, auf seinem Einwanderungskurs zu beharren. „Migranten, die im Mittelmeer gerettet werden, werden nach Libyen zurückgeführt. So werden sie nicht mehr Schlepper für eine Reise ohne Zukunft zahlen, weil sie entweder mit dem Tod oder mit einer Existenz auf den italienischen Straßen endet“, so Salvini.

Seit Monaten gestörtes Verhältnis

Die italienische Regierung liegt bereits seit Längerem mit Frankreich im Clinch – unter anderem wegen ihrer restriktiven Einwanderungspolitik. Außerdem ist das Verhältnis angeknackst, seit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Sommer des Vorjahres die damals neue italienische Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega Nord als „populistische Lepra“ bezeichnete. Di Maio forderte daraufhin eine Entschuldigung von Macron. Dieser ging auf die Forderung jedoch nie ein.

Für große Verärgerung in Paris sorgte, dass die Di Maio und Salvini Anfang Jänner die „Gelbwesten“-Bewegung in Frankreich aufgerufen hatten, „standhaft“ zu bleiben. Präsident Macron regiere „gegen sein Volk“, erklärten sie. Die französische Regierung hatte daraufhin „Respekt“ von dem EU-Partnerland gefordert. Die im November gestarteten „Gelbwesten“-Proteste gegen steigende Lebenshaltungskosten und soziale Ungerechtigkeit machen Macron schwer zu schaffen. An den Protestwochenenden gab es immer wieder gewaltsame Ausschreitungen.

Conte versucht zu kalmieren

Italiens Regierungschef Giuseppe Conte versuchte am Dienstag, beide Seiten zu besänftigen. Die Beziehungen zwischen Italien und Frankreich blieben weiterhin stark, sagte Conte. „Dieser Streit stellt nicht die historische Freundschaft infrage, weder mit Frankreich noch mit dem französischen Volk“, so Conte.