Rumänien will Korruptionsurteile aufheben lassen

Im EU-Vorsitzland Rumänien schickt sich die Regierung unter Ministerpräsidentin Vasilica Viorica Dancila an, die Urteile gegen die vom Obersten Gerichtshof (OGH) wegen Korruptionsdelikten rechtskräftig verurteilten Politiker revidieren zu lassen. Dancila bestätigte gestern Abend in einer Talkshow, dass ihr Kabinett vorhabe, eine dementsprechende Eilverordnung zu verabschieden.

Verordnung laut Präsident „verfassungswidrig“

Diese Verordnung soll sämtlichen innerhalb der letzten vier Jahre von den Strafsenaten des OGH Verurteilten die Möglichkeit zu außerordentlichen Rechtsmitteln für eine Urteilsaufhebung bieten. Laut rumänischem Recht sind alle Verfahren gegen Amtsträger, Abgeordnete, hohe Beamte und Spitzenpolitiker beim Obersten Gerichtshof anhängig.

Staatspräsident Klaus Johannis kommentierte, die Regierungspartei PSD versuche offenkundig, mittels einer „krass verfassungswidrigen“ Regierungsverordnung ihre Politiker weißzuwaschen, insbesondere ihren vorbestraften Parteichef Liviu Dragnea, der aus diesem Grund nicht Regierungschef werden darf.

Rumänischen Rechtsexperten zufolge dürfte der von Dancila angekündigte Eilerlass insgesamt 350 bis 400 rechtskräftig wegen Korruptionsdelikten verurteilten Politikern und Amtsträgern die Hintertür für eine Urteilsaufhebung öffnen.

Dancila betont Recht auf „faires Verfahren“

Die Ministerpräsidentin hob hervor, dass auch Korrupte ein Recht auf „ein faires Verfahren und rechtmäßig zusammengesetzte Gerichte“ hätten, die Korruptionsbekämpfung werde dadurch nicht beeinträchtigt.

Ihren Vorstoß begründete Dancila mit einem umstrittenen Urteil des als PSD-nah geltenden Verfassungsgerichts, das Anfang Jänner einer Klage ihres Kabinetts stattgegeben und befunden hatte, die fünfköpfigen Strafsenate der Höchstinstanz seien in den vergangenen vier Jahren nicht „rechtmäßig zusammengesetzt“ bzw. ausgelost worden.

Dem Urteil des Verfassungsgerichts war eine Flut von Klagen des PSD-Chefs gegen den für ihn zuständigen OG-Strafsenat vorausgegangen, der in Dragneas zweitem Korruptionsverfahren ein rechtskräftiges Urteil fällen sollte und dessen vorsitzender Richter als äußerst streng galt. Dragneas Klagen bewirkten bisher, dass der für seine Causa zuständige Senat bereits dreimal ausgetauscht wurde.