Drohender Ärztemangel: Rendi-Wagner pocht auf Maßnahmen

Österreich droht ein Ärztemangel – und zwar bei den Hausärztinnen und -ärzten. Die Politik müsste dringend Maßnahmen ergreifen, „damit wir nicht in eine gefährliche Versorgungslücke schlittern“, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in einem Hintergrundgespräch mit Experten.

Die Regierung zeige aber wenig Willen dazu, kritisierte sie. Deshalb wird sich die SPÖ dem Thema nicht nur bei der Klubklausur widmen, sondern auch eine Sondersitzung des Nationalrats beantragen. Diese wird Dienstag kommender Woche stattfinden, wie die Klubs daraufhin vereinbarten.

„Dringliche“ an Hartinger-Klein

Nächste oder übernächste Woche will Rendi-Wagner an ihre Nachfolgerin als Gesundheitsministerin, Beate Hartinger-Klein (FPÖ), eine Dringliche Anfrage stellen. Denn der Regierung sei das Problem des drohenden Ärztemangels offensichtlich nicht bewusst, so die SPÖ-Chefin, die etwa Nachdruck beim Ausbau der von ihr 2017 initiierten Primärversorgungszentren vermisst, gestern.

Dabei zeichne sich der Ärztemangel ab: Von den 18.287 niedergelassenen Ärzten erreichen in zehn Jahren 48 Prozent das Pensionsalter, von den 7.099 Ärzten mit Kassenvertrag sogar 55 Prozent. 39 Prozent aller Hausärzte sind älter als 60 Jahre, nur acht Prozent unter 45. Schon jetzt gibt es einige Gemeinden ohne Hausarzt, lange Wartezeiten beim Arzt oder auf einen Facharzttermin.

„Extremer Mangel“ in Allgemeinmedizin

„Wir fahren auf eine Versorgungslücke zu“, in der Allgemeinmedizin drohe ein „extremer Mangel“, wenn nicht gegengesteuert wird, warnte Leo Chini, Leiter des Forschungsinstituts für Freie Berufe an der WU Wien.

Derzeit sei Österreich mit 30.000 Ärzte-Vollzeitäquivalenten ganz gut ausgestattet – aber bis 2030 werde man 30 bis 40 Prozent durch die Pensionierungswelle verlieren. In manchen Fachbereichen, etwa der Kinderheilkunde, gebe es keinen Nachwuchs – während die Bevölkerung wächst und älter wird, der Bedarf also steigt.

„Die Scheune brennt jetzt“, verwies Florian Stigler von der Meduni Graz darauf, dass die Zahl der unbesetzten Hausarztstellen – nach dem früheren Überangebot – bereits steigt, aktuell sind es 87. Das sind zwar nur 2,3 Prozent, aber es bedeutet, dass 200.000 Personen eigentlich unversorgt sind.

FPÖ sieht Schuld bei SPÖ

Die FPÖ sieht die Schuld für den drohenden Ärztemangel bei der SPÖ. FPÖ-Gesundheitssprecherin Brigitte Povysil sieht die Ursache für den Ärztemangel in der Vergangenheit begraben – und zwar im Verantwortungsbereich der SPÖ.

„Die SPÖ hat die Probleme im Gesundheitssystem jahrelang negiert, anstatt sinnvolle Maßnahmen zu setzen“, so Povysil heute in einer Aussendung. „Nun, da sie nicht mehr Teil der Bundesregierung ist, weist sie lautstark auf diese hin und verschweigt dabei den Umstand, dass es ihre eigene Untätigkeit war, die zu den bestehenden Schwierigkeiten geführt hat.“

Denn die drohende Versorgungslücke im Bereich der Hausärzte sei „keine Problematik, die sich innerhalb von wenigen Monaten ergeben hat“. Vielmehr sei diese schon seit Jahren absehbar gewesen. „Die SPÖ in ihrer Regierungsverantwortung hat es verabsäumt, darauf entsprechend zu reagieren“, so die Nationalratsabgeordnete. Die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung – „allen voran Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein“ – würde die Probleme hingegen offen ansprechen und Lösungen erarbeiten.