Holocaust-Gedenken mit Kritik an Asylpolitik

Das Parlament hat den kommenden internationalen Holocaust-Gedenktag mit einer Ehrung von österreichischen Widerstandskämpferinnen gegen den Nationalsozialismus begangen. Die Rolle der Frauen im Widerstand sei viel zu spät gewürdigt worden, sagte dabei Christine Kanzler von der Dokumentationsstelle Frauenforschung am Institut für Wissenschaft und Kunst. Deutliche Kritik übte sie an der Asylpolitik.

Frauen hätten aus unterschiedlichen Haltungen Widerstand geleistet – politisch oder religiös motiviert oder aus mitmenschlichem Engagement für die Verfolgten, sagte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Begrüßung: „Es sind sie, die uns zeigen, was möglich gewesen ist und was möglich sein kann, wenn man nicht den bequemsten und nicht den sichersten Weg geht.“

Kanzler: Kärntner Sloweninnen im Widerstand

Kanzler betonte, dass die wenigsten Frauen – nämlich vorwiegend Kärntner Sloweninnen – bewaffnete Widerstandskämpferinnen waren. Daher sei ihr Widerstand erst mit Jahrzehnten Verspätung gewürdigt worden. Etwa jener von Sozialdemokratinnen und Kommunistinnen, die verbotene Schriften verteilten, von Frauen, die Jüdinnen und Juden halfen oder die sich nach ihrer Flucht der Resistance oder der britischen Armee anschlossen.

Dokumentiert haben Kanzler und ihre Kollegin Ilse Korotin den weiblichen Widerstand gegen das NS-Regime mit der biografischen Datenbank biografiA. Es gehe darum, das Wissen um das Schicksal der Frauen des Widerstands zu verwenden, um den Blick für aktuelle Bedrohungen zu schärfen, sagte Kanzler.

Sie übte dabei auch deutliche Kritik an der Asylpolitik der Regierung. „Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht Migranten und Geflüchtete unter den Generalverdacht des Missbrauchs und Betrugs gestellt werden“, sagte sie. Internationales Recht werde offen infrage gestellt und den Helfern die Schuld am Tod Tausender Geflüchteter unterstellt.

Kritik an antisemitischen Codes

Kritik an antisemitischen Codes hatte zuvor die Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Claudia Prutscher, geübt. „Jeder von Ihnen ist ein Antisemitismusbeauftragter, jeder von Ihnen kann ein Anwalt der Toten sein. Verteidigen Sie sie, indem sie den Versuchungen des Populismus widerstehen“, sagte Prutscher.

Deutlich sprach sich Prutscher auch gegen die von der FPÖ betriebene Verklärung der „Trümmerfrauen“ aus, denen die Partei zuletzt ein Denkmal in der Wiener Innenstadt gewidmet hatte. Heldinnen waren diese Frauen für Prutscher nicht, denn: „Nicht alle, aber viele waren Mittäterinnen und Mitläuferinnen im Nationalsozialismus.“

Gedenktag am 27. Jänner

Der internationale Holocaust-Gedenktag wird am 27. Jänner begangen. An diesem Tag hatten 1945 sowjetische Truppen die überlebenden Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz befreit. Dort waren von 1940 bis 1945 etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet worden.

Insgesamt wurden in Europa unter nationalsozialistischer Herrschaft rund sechs Millionen Juden ermordet. „Würden wir eine Schweigeminute für jedes Opfer der Schoah abhalten, wäre es elf Jahre lang still“, erinnerte Prutscher.