Nicolas Maduro
AP/Ariana Cubillos
Machtkampf in Venezuela

Russland stellt sich klar hinter Maduro

Russland hat sich im zuletzt eskalierten Machtkampf in Venezuela klar hinter den linksnationalistischen Präsidenten Nicolas Maduro gestellt. Moskau sehe die „versuchte Machtergreifung“ der Opposition in Venezuela als „Verstoß gegen das internationale Recht“ an, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin am Donnerstag in Moskau. „Maduro ist das legitime Staatsoberhaupt“, fügte Dmitri Peskow hinzu.

Wie der Kreml später mitteilte, habe Putin Maduro auch in einem Telefongespräch seine Unterstützung für die legitimen Behörden des Landes ausgedrückt. Der russische Staatschef habe im Gespräch mit Maduro auch die „zerstörerischen Eingriffe von außen“ kritisiert und diese als groben Verstoß gegen die grundlegenden Normen des Völkerrechts bezeichnet. Den Kreml-Angaben zufolge forderte Putin Lösungen im Rahmen des Verfassungsrechts, damit die Unterschiede in der venezolanischen Gesellschaft durch einen friedlichen Dialog überwunden werden können.

Kritik an all jenen Ländern, die am Donnerstag ihre Unterstützung für Maduros Rivalen Juan Guaido ausdrückten, kam auch vom russischen Außenministerium: Die Vorgangsweise führe „direkt zu Gesetzlosigkeit und Blutvergießen“ in Venezuela, hieß es dazu in einer am Donnerstag veröffentlichten Aussendung. Nur die Venezolaner hätten das Recht, über ihre Zukunft zu entscheiden. „Schädliche Einmischung von außen“ sei „inakzeptabel“.

Russland warnte die USA vor einer Militärintervention. Das wäre ein katastrophales Szenario, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax das Außenministerium in Moskau. Russland werde seinen strategischen Partner Venezuela weiter unterstützen. Maduro konnte bereits in der Vergangenheit auf Rückendeckung aus Russland zählen. Darauf verweisen auch die über 250 bilateralen Handelsverträge, die Russland und Venezuela in den letzten rund fünf Jahren abgeschlossen haben.

Tote bei Massenprotesten

In Venezuela hat sich der Machtkampf zwischen Maduro und der Opposition in dieser Woche deutlich verschärft. Am Montag scheiterte zunächst ein Aufstandsversuch von 27 Soldaten. Bei Protesten und Unruhen kamen am Dienstag und Mittwoch nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) mindestens 16 Menschen ums Leben.

Oppositionsführer Juan Guaido
APA/AFP/Federico Parra
Guaido erklärte sich am Mittwoch zum Nachfolger Maduros

Bei den Massenprotesten erklärte sich Parlamentspräsident Guaido am Mittwoch schließlich zum Interimspräsidenten und erhielt umgehend die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump, aus der EU und einer Reihe lateinamerikanischer Staaten. Maduro brach am Mittwochabend die diplomatischen Beziehungen zu den USA ab.

Umstrittene Wiederwahl

Maduro wurde am 10. Jänner vor dem obersten Wahlgericht für seine zweite Amtszeit vereidigt. Das von der Opposition geführte und von Maduro durch eine verfassungsgebende Versammlung weitgehend entmachtete Parlament verweigerte zuvor die Vereidigung.

Die Opposition hatte auch weitgehend die Präsidentschaftswahl boykottiert, bei der Maduro laut amtlichen Ergebnissen im vergangenen Mai mit 68 Prozent der Stimmen bis zum Jahr 2025 wiedergewählt wurde. So wie die Opposition erkennen auch die EU, die USA und viele lateinamerikanische Länder das Ergebnis nicht an.

„Mein Bruder Maduro“

Unterstützung für Maduro gab es nicht nur aus Russland. Die mexikanische Regierung teilte wie Bolivien und Kuba mit, für sie sei Maduro weiterhin der gewählte Präsident Venezuelas. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstützt Maduro. „Mein Bruder Maduro! Bleibe standhaft, wir stehen zu euch“, so Erdogan laut einem Sprecher. Nicaragua, das derzeit selbst tief in einer politischen Krise steckt, solidarisierte sich ebenfalls mit Maduro.

China rief indes zur Zurückhaltung auf und warnte besonders die USA vor einer Einmischung. Außenamtssprecherin Hua Chunying sagte am Donnerstag vor der Presse in Peking, alle Parteien in Venezuela sollten ruhig bleiben, Vernunft zeigen, eine politische Lösung durch friedlichen Dialog im Rahmen der Verfassung suchen und Gewalt vermeiden.

Rainer Mostbauer über Machtkampf in Venezuela

Lateinamerika-Experte Rainer Mostbauer erklärt, wie Parlamentspräsident und Oppositionsführer Juan Guaido seine Machtübernahme rechtfertigt.

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sprach sich für einen Dialog zwischen den Konfliktparteien aus. Er hoffe, dass eine Eskalation vermieden werden könne, „die zu einer Art von Konflikt führen würde, der eine Katastrophe für das Volk Venezuelas und für die Region wäre“.

Ruf nach Neuwahl aus EU

In der EU stellten sich etliche Mitgliedsstaaten offen hinter Guaido. Spaniens Premier Pedro Sanchez teilte nach einem Telefongespräch mit Guaido mit, dass er die Legitimität des venezolanischen Parlaments unterstütze. Sanchez würdige zudem Guaidos Mut, mit dem er mit der Situation in Venezuela umgegangen sei, und forderte freie Wahlen, die mit dem Standpunkt der Europäischen Union übereinstimmen.

Der Ruf nach „freien Wahlen“ kam zuvor bereits von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und Deutschlands Regierungssprecher Steffen Seibert. Laut Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Europäische Union die Demokratie seit Maduros „illegaler Wahl“ unterstützt. Die Präsdidentschaftswahl im Vorjahr sei weder frei noch fair gewesen, teilte ein Sprecher der britischen Regierungschefin Theresa May mit.

Präsident Maduro
APA/AFP/Luis Bobayo
Maduro wird von zahlreichen Staaten nicht als legitimer Präsident Venezuelas anerkannt

In der Folge bekräftigte auch eine Sprecherin der EU-Kommission, Brüssel stehe „hinter den demokratischen Kräften“ in Venezuela, und „die EU ist geeint“. Die EU-Kommission werde weiterhin die demokratischen Kräfte unterstützen und für einen glaubwürdigen politischen Prozess in dem südamerikanischen Land im Einklang mit der Verfassung eintreten.

„In Venezuela herrscht ein harter Machtkampf, der gerade voll im Gange ist“, sagte am Donnerstag FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl. Auf die Frage, ob die EU so wie die USA hinter Guaido stehe, sagte Kneissl laut APA: Man erkenne nur Staaten an, denn „Regierungen kommen und gehen“.

OAS gratulierte Guaido

Die Führung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) stellte sich zuvor hinter Guaido. „Unsere Glückwünsche für Juan Guaido als Interimspräsidenten von Venezuela. Er hat unseren Rückhalt, um das Land zurück zur Demokratie zu führen“, schrieb OAS-Generalsekretär Luis Almagro auf Twitter.

Auch das vom ultrarechten Staatschef Jair Bolsonaro regierte Brasilien erklärte seine Unterstützung für Guaido. Brasilien werde „politisch und wirtschaftlich den Übergangsprozess unterstützen, damit die Demokratie und der soziale Frieden nach Venezuela zurückkehren“. Der kolumbianische Präsident Ivan Duque sagte, sein Land erkenne Guaido als „Präsidenten Venezuelas“ an und begleite den „Übergangsprozess zur Demokratie“. Ähnlich äußerten sich Vertreter Paraguays, Costa Ricas, Perus, Chiles, Guatemalas und Kanadas.

Verteidigungsminister sieht Putsch

Maduro rief das Militär Venezuelas zu Geschlossenheit und Disziplin auf. „Hier ergibt sich niemand“, sagte der Staatschef. „Wir werden über all das triumphieren, wir werden als Sieger hervorgehen.“ Die Opposition habe einen Putschversuch unternommen. „Die Soldaten des Vaterlandes akzeptieren keinen Präsidenten, der von dunklen Mächten eingesetzt wird oder sich abseits des Rechts selbst einsetzt“, stellte sich Verteidigungsminister Vladimir Padrino hinter Maduro.

Demonstration in Caracas
APA/AFP/Yuri Cortez
Die Situation in Venezula hat sich in den vergangen Tagen deutlich aufgeheizt

„Die Streitkräfte verteidigen unsere Verfassung und sind der Garant unserer nationalen Souveränität“, so Padrino. Die Streitkräfte sind ein wichtiger Machtfaktor in Venezuela. Generäle sitzen an den wichtigen Schaltstellen, kontrollieren das Ölgeschäft, den Import von Lebensmitteln, Banken und Bergbaufirmen. Guaido hatte die Soldaten zuletzt immer wieder dazu aufgerufen, sich auf die Seite der Opposition zu stellen.