Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Davos
AP/Markus Schreiber
Rede in Davos

Kurz fordert europäisches Selbstbewusstsein

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Donnerstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos betont, dass Reformen sowohl auf nationalstaatlicher als auch auf europäischer Ebene notwendig seien. Ebenso brauche es ein neues europäisches Selbstbewusstsein. Beim Brexit hoffe er, dass es nun zumindest gelinge, eine Einigung auf einen Plan B zu erzielen, so Kurz.

Die EU-27 hätten alles getan, um auf einen harten Brexit vorbereitet zu sein, so Kurz. „Die ganze Europäische Union kämpft geschlossen gegen diesen ‚hard Brexit‘ an.“ Das Austrittsdatum Großbritanniens könne aber verschoben werden, „wenn es notwendig ist“, das müsse aber von Großbritannien verlangt werden. Die „EU-Wahl sollte aber der maximale Termin“ dafür sein, so Kurz.

In der Migrationsfrage sei man relativ weit gekommen, so Kurz, immerhin gebe es nun 95 Prozent weniger Ankünfte von Flüchtlingen als 2015. Nun gelte es die Kooperation mit den nordafrikanischen Staaten auszubauen, um dadurch das Geschäftsmodell der Schlepper zu zerstören und die Migration weiter zu senken. Es bringe allerdings nichts, sich die Köpfe einzuschlagen, wer jetzt Flüchtlinge aufnehme, denn dadurch seien die Gräben in der EU nur immer tiefer geworden, sagte der Bundeskanzler.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Davos
AP/Markus Schreiber
Bundeskanzler Sebastian Kurz bei seiner Rede in Davos

„Sich an gemeinsame Beschlüsse halten“

In der Europäischen Union müsse es jedenfalls gelingen, die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Ebenso müssten sich aber alle an gemeinsam gefasste Beschlüsse halten, „sei es im Bereich der Budgetpolitik, beim Dublin-Abkommen oder auch der Rechtsstaatlichkeit“, so Kurz.

Es sei allerdings problematisch, andere als moralisch unterlegen darzustellen. So sei etwa Polen breiter als die derzeitige polnische Regierung, das bedeute aber nicht, dass beim Thema Rechtsstaatlichkeit Kompromisse gemacht werden dürfen. „Ob ein Land bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen oder nicht, hat aber nichts mit dem Thema Rechtsstaatlichkeit zu tun“, so Kurz.

„Wieder Kontinent der Gründungen werden“

Europa müsse jedenfalls schauen, dass es den Anschluss nicht verpasse. So gelte es etwa in der Automobilindustrie Expertise für Elektroautos und Batterien zu entwickeln und in digitalen Schlüsselfeldern, etwa der künstlichen Intelligenz, zusammenarbeiten, um „schnell aufzuholen, was wir vielleicht in den letzten Jahren verpasst haben“.

Kurz beim Weltwirtschaftsforum

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat mehrere Auftritte beim Weltwirtschaftsforum in Davos, unter anderem hat er bei dem Treffen in der Schweiz eine Grundsatzrede gehalten.

Auch bei „der Vergabe von Großprojekten in der Infrastruktur“ dürfe in Europa nicht immer der Billiganbieter gewählt werden, stattdessen müsse man versuchen, europäische Anbieter zum Zug kommen zu lassen. „Wir sollten wieder (…) der Kontinent der Unternehmensgründungen werden“, forderte Kurz. Europa sei im globalen Vergleich in einer beneidenswerten Lage. Europa sei „der lebenswerteste Platz der Welt“.

Gespräche mit zahlreichen Konzernchefs

Kurz trifft in Davos die Chefs der Internetkonzerne, die von den österreichischen Digitalsteuerplänen betroffen wären. Die österreichische Regierung will den IT-Riesen nach dem vorläufigen Scheitern einer europäischen Lösung die Steuer nun im Alleingang auferlegen.

So traf Kurz am Vormittag etwa mit Tim Cook, dem Chef von Apple, und später mit Jack Ma, Gründer der chinesischen Internethandelsplattform Alibaba, zusammen. Am Mittwoch traf Kurz auch mit dem chinesischen Vizepräsidenten Wang Qishan zusammen. Weiters sollte es noch Treffen mit den Vorstandsvorsitzenden der Banken Goldman Sachs, JP Morgan und des Private-Equity-Fonds Carlyle Group geben. Treffen sind auch mit dem Chef des Softwareherstellers SAP, Bill McDermott, sowie der Facebook-Topmanagerin Sheryl Sandberg und dem früheren britischen Vizepremier Nick Clegg geplant.

Weiters will Kurz ein Gespräch mit Dara Khosroshahi von Uber führen. Außerdem sollte es noch Treffen mit Vasant Narasimhan, Chef des Schweizer Pharmakonzerns Novartis, und Ulrich Spiesshofer von ABB geben.