Eine Angeklagte im Rahmen des Prozesses gegen die Mitglieder des „Staatenbund Österreich“
APA/Erwin Scheriau
„Staatsverweigerer“

Hauptangeklagte des Hochverrats schuldig

Mit zum Teil hohen Haftstrafen hat am Freitag der Prozess gegen 14 „Staatsverweigerer“ geendet. Die selbsternannte „Präsidentin“, die die Republik nicht anerkennt und Bundesheeroffiziere zum Putsch aufforderte, wurde wegen Hochverrats zu 14 Jahren Haft, ein Ex-Gendarm zu zehn Jahren verurteilt. Er wurde der versuchten Bestimmung zum Hochverrat schuldig gesprochen.

Die übrigen Mitglieder des „Staatenbundes Österreich“ bekamen Strafen in der Höhe von neun Monaten bis drei Jahren. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Richterin sprach von einem „deutlichen Signal, dass staatsfeindliche Taten nicht toleriert werden“. Die Taten hätten sich „massiv gegen Einrichtungen der Republik Österreich“ gerichtet, führte die Richterin aus. Die Angeklagten hätten versucht, „die Republik in ihren Grundfesten zu erschüttern“.

Einige Angeklagte hatten sich im Lauf des Verfahrens einsichtig gezeigt, der harte Kern um die „Präsidentin“ hielt an den eigenwilligen Vorstellungen fest. Die Chefin des Vereins, die „Präsidentin der Steiermark“, ist auch das Oberhaupt des „Staatenbundes“. Sie erhielt ihre „Ausbildung“ bei den deutschen „Reichsbürgern“ und setzte deren Ideen teilweise in Österreich um – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Angeklagte im Rahmen des Prozesses gegen die Mitglieder des „Staatenbund Österreich“
APA/Erwin Scheriau
Die Angeklagten beim Prozessauftakt

Vor Gericht erzählte die Oststeirerin, wie der neue „Staat“ von „Menschen aus Fleisch und Blut“ gegründet worden sei. Sie als Regierungschefin verstaatliche Bundesheer, Polizei und Gericht sowie Banken und zahlreiche Behörden, die ihrer Meinung nach in Wirklichkeit nur Firmen seien. Sie schrieb zu Hause Haftbefehle gegen Regierungsmitglieder, die das Bundesheer exekutieren sollte – was letztlich nur zu ihrer eigenen Verhaftung führte.

Erste Verurteilung wegen Hochverrats

Es ist das erste Mal in der Geschichte der Zweiten Republik, dass jemand wegen des Delikts „Hochverrat“ verurteilt wurde. Im auswertbaren Zeitraum von 2002 bis 2018 erfolgten laut Angaben des Justizministeriums insgesamt 15 Anklagen wegen Hochverrats. Das Strafgesetzbuch beschreibt es folgendermaßen: „Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer zu ändern oder ein zur Republik Österreich gehörendes Gebiet abzutrennen, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen.“ Das gilt auch für den bloßen Versuch, den die „Staatsverweigerer“ mit der Gründung ihres „Staatenbundes“ unternommen hatten.

Angeklagte hatten letztes Wort

Am Mittwoch standen die Schlussplädoyers auf dem Programm, das letzte Wort hatten danach die Angeklagten. Der Staatsanwalt appellierte an die Geschworenen, sich nicht vom hohen Strafmaß abschrecken zu lassen. Während sich einige Angeklagte im Lauf des Verfahrens vom Staatenbund distanzierten, seien die Hauptangeklagte und andere Angeklagte bei ihren Überzeugungen geblieben, so der Ankläger. Der Verteidiger der „Präsidentin“ betonte dagegen in seinem Schlussplädoyer „Verschwörungstheorien“ und „dilettantische Vorgangsweise“. Es sei eher „grober Unfug“, aber kein Hochverrat – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Ex-Gendarm als „Beschützer“

Ihr Gehilfe und Hauptunterstützer war ein 71-jähriger Ex-Gendarm, der es als seine Aufgabe ansah, sie zu „beschützen“, und auf die Auflagen der Alliierten nach Ende des Zweiten Weltkrieges fixiert war. Dieses Thema hatte ihn zu den Versammlungen des „Staatenbundes“ geführt, weil das dort angeblich besprochen wurde.

Die selbsternannte „Präsidentin“ führte auch das „Landbuch“ ein, das nach ihrer Ideologie das Grundbuch ersetzen sollte. Ein Eintrag kostete 100 Euro und sollte vor Exekutionen durch den Staat Österreich schützen, weil nunmehr der „Staatenbund“ Eigentümer der Liegenschaften war. Dass dem nicht so war, mussten einige Anhänger der unermüdlich lächelnden Oststeirerin schmerzlich erfahren, als ihre Häuser plötzlich weg waren. Ähnlich lief es mit den „Staatenbund“-Kfz-Kennzeichen, die auch niemanden schützten, sondern nur zu Verwaltungsstrafen führten.

Einige Angeklagte desillusioniert

Im Laufe der Verhandlung, die am 15. Oktober begonnen hatte, ließ nicht nur das Zuschauerinteresse merklich nach. Außer im harten Kern des „Staatenbundes“ – vier Angeklagte befinden sich seit April 2017 in Untersuchungshaft – zeigten sich einige Beschuldigte schon nicht mehr so überzeugt von den Ideen.

Sie beharrten nicht mehr darauf, vor jeder Befragung ihr Sprüchlein „Ich bin X. aus der Familie Y., ein Mensch aus Fleisch und Blut“ aufzusagen, sondern gaben sich teilweise sehr kooperativ – und merklich desillusioniert. Ihnen war anzumerken, dass sie aus der Sache heraus und sich nicht jenen anschließen wollten, die an ihren Ideen festhielten.

Geschworene berieten 14 Stunden lang

Die Geschworenen, die mehr als 14 Stunden über die Fragen berieten, fällten differenzierte Entscheidungen. So fielen die Strafen für die „Präsidentin“ und ihren „Beschützer“ mit 14 bzw. zehn Jahren hart aus. Beide wurden der versuchten Bestimmung zum Hochverrat für schuldig befunden. Sechs weiteren Angeklagten war dieses Delikt auch vorgeworfen worden, sie wurden aber freigesprochen. Alle 14 Beschuldigten wurden aber wegen Bildung einer staatsfeindlichen Verbindung verurteilt.