Familienministerin Juliane Bogner-Strauß
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Bogner-Strauß

„Rechtsstaat steht außer Frage“

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hat am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ klar Stellung zu den scharf kritisierten Aussagen von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bezogen. Für sie stehe das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit außer Frage, auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sei unantastbar. Im Fall der Indexierung der Familienbeihilfe hingegen gehe es ihr um Gerechtigkeit.

Bogner-Strauß hat die Indexierung der Familienbeihilfe einmal mehr verteidigt. Dass der ÖVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Othmar Karas, diese für rechtswidrig hält, lässt die Frauenministerin unbeeindruckt. „Es gibt auch andere Meinungen. Wer Recht hat, wird der Europäische Gerichtshof entscheiden.“

Sie argumentierte die Indexierung etwa damit, dass die EU-Kommission selbst im Zuge der damaligen Verhandlungen mit Großbritannien über den Verbleib in der EU einen Indexierungsmechanismus vorgeschlagen hat.

„Es geht um Fairness“

„Es geht um Fairness und darum, Kinder in Europa gleich zu behandeln“, sagte Bogner-Strauß. Zu 90 Prozent seien Kinder in Osteuropa betroffen, wo die Lebenserhaltungskosten niedriger als in Österreich sind. Aufgrund der „Wohnortfiktion“ seien Diplomatenkinder von der neuen Regelung jedoch ausgeschlossen.

Bogner-Strauß zur Indexierung der Familienbeihilfe

„Es geht um Fairness“, und viele Länder in der EU seien in diesem Konflikt mit der EU-Kommission auf der Seite Österreichs, sagte Bogner-Strauß in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag.

Während das Kind einer rumänischen Pflegekraft also nur noch etwa 60 Euro monatlich Familienbeihilfe bekommt, erhält ein Diplomatenkind weiterhin die österreichische Familienbeihilfe in der Höhe von 114 Euro.

Familienbeihilfe-Indexierung

Seit 1. Jänner wird die österreichische Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder entsprechend den dortigen Lebenshaltungskosten indexiert. Von der Kürzung betroffen sind etwa 125.000 Kinder – die meisten leben in Osteuropa.

Viele Länder in der EU seien in diesem Konflikt mit der EU-Kommission auf der Seite Österreichs, so die Familienministerin. Sie nannte unter anderem Deutschland, Irland und die Niederlande. Das Ministerium beruft sich in seiner Rechtsansicht zudem auf den Wiener Sozialrechtler Wolfgang Mazal, der in einem Rechtsgutachten der Indexierungsmaßnahme Europarechtskonformität attestiert hatte. Man gehe weiterhin davon aus, dass gewählte Lösung mit EU-Recht vereinbar sei.

Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit

Die derzeit heftig diskutierten Aussagen von Kickl, wonach des Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht, kommentierte Bogner-Strauß damit, dass für sie der „Rechtsstaat außer Streit steht“. „Ich stehe zur Gewaltenteilung, das brauchen wir nicht diskutieren.“ Sie bekannte sich auch zur Europäischen Menschenrechtskonvention als „fixer Bestandteil unserer Verfassung“. „Die Rechtsstaatlichkeit steht über allem“, so Bogner-Strauß.

In der Sache selbst bleibt sie auf Regierungslinie und verwies darauf, dass gerade bei Gewalt an Frauen Ausländer und Asylwerber unter den Tatverdächtigen überdurchschnittlich vertreten seien und hier Handlungsbedarf gegeben sei. Dennoch spielen ihrer Meinung nach ebenso grundlegende Machtverhältnisse eine Rolle. Patriarchale Strukturen gebe es auch in Österreich – einem Land, wo das gesellschaftliche Leben noch stark traditionell geprägt sei. „Hierzulande gehen durchschnittlich 1,5 Elternteile arbeiten, denn Frauen sind meist in Teilzeit“, so Bogner-Strauß.

Folglich verdienen Frauen nach wie vor zu wenig, um wirtschaftlich unabhängig zu sein. Bei der Frauenpolitik der vergangenen zehn Jahre habe es in diesem Bereich starke Versäumnisse gegeben – sie möchte nun Frauen ermutigen, ihre Chancen und Potenziale stärker wahrzunehmen: „Ich kämpfe für Frauen.“ Und: „Es gibt viel zu tun“, sagte Bogner-Strauß, die sich selbst als „liberalen Freigeist“ innerhalb der ÖVP und „pragmatische Feministin“ bezeichnete.

Diskussion um Aussagen von Herbert Kickl

Die derzeit heftig diskutierten Aussagen von Innenminister Kickl (FPÖ) kommentierte Bogner-Strauß damit, dass für sie der „Rechtsstaat außer Streit steht“.

Fördergeldkürzungen für feministische Projekte

Bogner-Strauss hob zudem die Bedeutsamkeit geschlechtergerechter Sprache hervor. Da Sprache immer auch Bewusstsein vermittle, begrüße sie das Binnen-I genauso wie die Erwähnung der Töchter in der Bundeshymne. Dennoch bekannte sich die Familienministerin dazu, feministischen Projekten das Fördergeld gekürzt zu haben. Das gesamte Frauenbudget sei nicht gekürzt worden, aber sie habe 200.000 Euro in Richtung Opferschutz umgeschichtet und dafür bei anderen Projekten gekürzt – schließlich wolle die Regierung „nicht weiter Schulden machen“.

Bogner-Strauß zu Gewalt gegen Frauen

Bei Gewalt gegen Frauen geht es unter anderem auch um patriarchale Machtverhältnisse – Bogner-Strauß möchte Frauen ermutigen, dass sie unabhängig und selbstbestimmt leben können.

Zur neu eingerichteten Frauenhelpline meinte Bogner-Strauss, dass die seit mehr als zehn Jahren existierende zehnstellige Nummer zwar vorerst erhalten bleibe, eine dreistellige jedoch einfacher zu merken sei und deshalb bleiben solle.

Bogner-Strauß gegen „starre Quoten“

Auch in der Frage Frauenquoten wollte sie sich nicht ganz festlegen. Sie gab einerseits zu, dass „die Quote wirkt“, sie sei aber „gegen starre Quoten“, sagte die Ministerin. In den meisten Vorständen sei eine Durchsetzung schwierig, weil es Zweiervorstände seien. Bei Aufsichtsräten in staatsnahen Unternehmen gebe es bereits Quoten. Sie könne sich bei größeren Vorständen in staatsnahen Unternehmen eine Quote in Richtung 25 Prozent vorstellen.

Zudem plädierte sie dafür, dass Einkommensberichte stärker genutzt und auch als Chance gesehen werden sollten. Auch Frauennetzwerken sprach sie eine wichtige Rolle zu, sie selbst etwa pflege eine gute Zusammenarbeit mit der Staatssekretärin Karoline Edstadler (ÖVP), FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein und FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl.