Junge Frau mit Smartphone
Getty Images/Tom Werner
Streit EU – China – USA

So krempelt 5G das Internet um

Der neue Mobilfunkstandard 5G verspricht unter anderem hohe Geschwindigkeiten beim Surfen am Smartphone – doch hinter den Kulissen werden damit die Weichen für das gesamte Internet im kommenden Jahrzehnt gestellt. Gerade deshalb ist der benötigte Netzausbau so umstritten, vor allem Chinas Mobilfunkausstatter Huawei stand zuletzt in der Kritik. Der Ausbau ist damit auch eine Vertrauensfrage.

Rund um den 5G-Ausbau wird vor allem mit großen Zahlen geworben: 100-mal schneller könnte der neue Mobilfunkstandard im Vergleich zum bisherigen Standard LTE sein. Damit könnten etwa Filme in nur wenigen Sekunden auf Mobiltelefone heruntergeladen werden – im Hinblick auf die weiterhin steigende Bedeutung von Streamingdiensten eine logische Weiterentwicklung.

Doch im Gegensatz zu den Vorgängerstandards könnte 5G eher „Revolution als Evolution“ werden, wie etwa die „New York Times“ („NYT“) schreibt. Denn der Geschwindigkeitsanstieg ist nur eine Auswirkung des neuen Standards. Besonders die Industrie wartet auf die Einführung: Von Robotern, über Drohnen, bis hin zu selbstfahrenden Autos sind zahlreiche Technologien, die gerade boomen, von besserer Vernetzung abhängig.

Geringere Verzögerung entscheidend

Denn neben der reinen Geschwindigkeit soll 5G künftig eines der hartnäckigeren Probleme bei Mobilfunkverbindungen lösen – die Verzögerung. Bemerkbar ist das heute auf jedem Handy: Ruft man eine Seite mit dem Browser auf, dauert es eine Zeit, bis die Seite überhaupt anfängt zu laden – selbst wenn dann der Rest schnell auf dem Bildschirm erscheint.

Mit Verzögerungen von bis zu mehreren hundert Millisekunden ist das derzeitige Netz damit für zeitkritische Aufgaben ungeeignet. 5G senkt diese Zeiten – die Industrie erhofft sich dadurch Vorteile für Technologien wie vernetzte Fahrzeuge, die derzeit in den Startlöchern stehen. Das sagt auch Fredrik Jejdling aus der Führungsetage des Mobilfunkausstatters Ericsson in der „NYT“: „Wenn man über Themen wie chirurgische Eingriffe aus der Ferne oder vernetzte Autos spricht, will man große Verzögerungen möglichst verhindern.“

Dichteres Netz für höhere Geschwindigkeit nötig

Damit könnte 5G zum Grundpfeiler für zahlreiche andere Technologien werden und das Netz über die kommenden Jahre deutlich mitprägen. Ein Nachfolgestandard, also „6G“, wird nicht vor 2030 erwartet. Umso härter umkämpft ist dadurch die Auftragsvergabe für den Netzausbau – der noch dazu besonders umfangreich ausfällt.

Für Ballungsräume und ländliche Regionen ergeben sich unterschiedliche Situationen, da wie dort reicht die momentane Infrastruktur jedoch oft nicht aus. In der Stadt wird auf die neuen, höheren Frequenzbänder des Standards gesetzt, die die oft angepriesenen höheren Geschwindigkeiten ermöglichen. Durch die höheren Frequenzen ergeben sich aber kürzere Reichweiten. Das bedeutet letztlich, dass mehr Funktürme und andere Sendeanlagen benötigt werden.

Auf dem Land werden hingegen niedrigere Frequenzen verwendet, die größere Flächen abdecken können. Der Vorteil der höheren Geschwindigkeiten im Vergleich zu LTE fällt dadurch aber praktisch weg. Unabhängig von Stadt und Land spielt auch die Versorgung mit Glasfaser eine wesentliche Rolle: Diese muss gleichzeitig mit 5G ausgebaut werden – sind die Sendetürme nicht schnell genug angebunden, fallen die beworbenen Vorzüge von 5G weg.

Regierung will flächendeckendes 5G-Netz bis 2025

Die Pläne der Bundesregierung, Österreich bis 2025 flächendeckend mit 5G zu versorgen, sind damit hoch gesteckt. Zuletzt kritisierte der Chef des Telekomregulators RTR, Johannes Gungl, das Vorhaben: „Flächendeckung ist aufgrund der Topografie der Alpenrepublik weder sinnvoll noch finanzierbar“, heißt es in einer Aussendung kurz vor dem Jahreswechsel. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) wies die Kritik wenig später zurück: „Ich bin anderer Meinung, und diese (Gungls, Anm.) Aussage ist nicht geprägt von maximaler Sachkompetenz“, so Hofer.

Huawei-Gebäude
APA/AP/Andy Wong
Der chinesische Hersteller Huawei wird beim Aufbau von 5G wahrscheinlich eine gewichtige Rolle spielen

Angesichts des enormen Auftragsvolumens gibt es unmittelbar vor der Frequenzvergabe auch hitzige Debatten darüber, wer als Netzausstatter infrage kommt. Noch vor Frühlingsbeginn sollen hierzulande die ersten 5G-Frequenzen vergeben werden. Eine prominente Rolle könnte im Anschluss der chinesische Konzern Huawei spielen – der zuletzt stark unter Beschuss geriet, weil im Westen aufgrund der Staatsnähe des Unternehmens Einbußen bei der Sicherheit befürchtet werden.

Westen übt Kritik an Huawei

Die Kritik stammt ursprünglich aus den USA: Dort wird Huawei praktisch der Zugang zum Mobilfunknetz verwehrt, weil befürchtet wird, dass bewusst Schwachstellen in die Technologie eingebaut werden könnten. Diese Woche erhöhte Washington den Druck auf das Unternehmen weiter und erhob Anklage, die Vorwürfe gehen von Geldwäsche bis zu Industriespionage.

Die US-Kritik entfachte auch eine Debatte in Europa. Die EU-Kommission soll Insidern zufolge einen Ausschluss von chinesischen Firmen beim Aufbau von 5G prüfen. Das Ausloten der Möglichkeiten befinde sich noch im Anfangsstadium, und die Umsetzung könnte sich als kompliziert erweisen, hieß es diese Woche. Ein mögliches Vorgehen der Kommission wäre, ein Gesetz für Cybersicherheit von 2016 auf die neuen 5G-Netze auszuweiten und diese somit als kritische Infrastruktur einzustufen.

Auch die deutsche Regierung zögert wegen möglicher Sicherheitsrisiken, Huawei am Aufbau eines künftigen 5G-Mobilfunknetzes zu beteiligen. Die deutschen Netzbetreiber wollen eine Zusammenarbeit mit Huawei nicht generell ausschließen, prüfen aber laut Berichten einen Ausstieg aus Technik von Huawei. In Österreich hält man von solchen Maßnahmen bisher nichts: „Wir haben diese Bedenken nicht in diesem Ausmaß“, sagte Verkehrsminister Hofer am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Wien.

China sieht „schwerwiegende Folgen“

Huawei selbst weist die Vorwürfe zum Spionageverdacht zurück, und auch China reagiert scharf auf die Kritik. Erst am Montag sagte der chinesische EU-Botschafter Zhang Ming gegenüber der „Financial Times“, dass die Bedenken einiger europäischer Staaten „verleumdend“ und „diskriminierend“ seien. Die Ablehnung chinesischer Technologie bei europäischen Projekten werde „schwerwiegende Folgen“ für die globale Zusammenarbeit haben, warnte der Botschafter.

Sollten sich tatsächlich Staaten in Europa entscheiden, Huawei vom Ausbau der Infrastruktur auszuschließen, könnte das europäische Player auf den Plan rufen. Sowohl Nokia als auch Ericsson bieten ebenfalls 5G-Ausrüstung an. Unklar ist jedoch, ob die beiden Hersteller preislich mit Huawei mithalten können – angesichts der Größe solcher Projekte keine unwesentliche Frage.