Der libysche Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und Bundeskanzler Sebastian Kurz
APA/AFP/Joe Klamar
Treffen mit Premier

Kurz will „volle Unterstützung“ für Libyen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat der libyschen „Einheitsregierung“ und vor allem auch der Küstenwache des Landes „volle Unterstützung“ aus Österreich zugesichert. Anlass war ein Treffen mit Libyens Regierungschef Fajis al-Sarradsch. Der Premier des politisch gespaltenen Landes war am Montag zu einem Arbeitsbesuch nach Wien gereist.

Österreich habe „massives Interesse“ an Sicherheit und Stabilität in Libyen, so Kurz in einer anschließenden Pressekonferenz. Er lobte die libysche Küstenwache, die im Kampf gegen illegale Migration und das Schlepperwesen eine große Rolle spiele. Dieser verlaufe immer effektiver. Kurz versprach der Küstenwache Unterstützung auf zwischenstaatlicher und europäischer Ebene. Auf Nachfrage sagte er, dass Österreich etwa durch technische Ausrüstung oder Trainings helfen könne.

Die Küstenwache wird von der EU mit 300 Millionen Euro unterstützt. Diese Finanzierung ist allerdings umstritten. Jene Personen, die im Mittelmeer aufgegriffen werden, werden automatisch in die Internierungslager des Landes gebracht. Im vergangenen Jahr wurden so laut Kurz 20.000 Menschen „unmittelbar zurückgestellt“. Libyen ist eines der Haupttransitländer für Migranten und Flüchtlinge aus afrikanischen Staaten. Die Zustände in dortigen Lagern werden aber immer wieder als katastrophal kritisiert. NGOs berichten von Folter, Vergewaltigungen, Versklavungen und menschenunwürdigen Zuständen.

Sarradsch: Kritik an Lagern „unangebracht“

Im Gespräch mit der APA im Vorfeld nannte Sarradsch die Kritik an libyschen Lagern „unangebracht“. Vor allem dass einige EU-Staaten „selbst nicht einmal einen Migranten aufnehmen wollen“, gleichzeitig aber Libyen „ständig kritisieren“, sei „inakzeptabel“, so Sarradsch. Gleichzeitig gestand er ein, dass die Lage in den Camps „nicht ideal“ sei. Seine Regierung tue aber alles in ihrer Macht Stehende, um die Versorgung der Geflüchteten sicherzustellen. Zudem wolle man die Verantwortlichen für kriminelle Zustände in Lagern zur Rechenschaft ziehen.

Der libysche Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und Bundeskanzler Sebastian Kurz
APA/AFP/Joe Klamar
Die wirtschaftliche Entwicklung dürfte ein zweites großes Thema im Arbeitsgespräch gewesen sein

Zudem hatte Sarradsch gegenüber der APA gesagt, er sei sich bewusst, dass das Thema Migration für die EU Priorität habe und in einigen Ländern oft innenpolitisch missbraucht werde. Man müsse sich aber in Erinnerung rufen, dass das Thema ein „viel größeres“ sei – ein Sicherheitsthema, ein humanitäres, ein wirtschaftliches Thema, so Sarradsch. Libyen sei „eigentlich ein Opfer, wir sind nicht der Ursprung des Problems“. Das Problem müsse an seinen Wurzeln gepackt werden, die Herkunftsländer brauchten mehr Entwicklung.

Van der Bellen gegen „Zurückschicken“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der nach Kanzler Kurz ein Gespräch mit Sarradsch führte, sagte, dass Flüchtlinge nicht in libysche Lager „zurückgeschickt“ werden sollten. „Aber das ist meine persönliche Meinung“, betonte der Bundespräsident bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag. Die Situation in den Internierungslagern sei „alles andere als zufriedenstellend“, so Van der Bellen. Er sei sich darüber mit Sarradsch einig, dass die Lage „möglichst rasch verbessert“ werden müsse.

Der libysche Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
APA/Hans Punz
Bundespräsident Van der Bellen ist dagegen, Flüchtlinge in libysche Lager „zurückzuschicken“

Unternehmen sollen nach Libyen zurückkehren

Anlässlich seines Besuchs in Wien wünschte sich Sarraj eine „echte Kooperation“ mit Europa. Ihm zufolge habe sich das Arbeitsgespräch auch um Themen wie Energie, das Gesundheitswesen und die Landwirtschaft gedreht. Er erinnerte daran, wie wichtig die wirtschaftliche Entwicklung für die Stabilität seines Land sei.

Viele Firmen hatten sich nach den Unruhen infolge des Sturzes des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi aus dem Land zurückgezogen – so auch temporär die OMV. Diese Unternehmen sollten zurück nach Libyen kommen, forderte der Regierungschef. An dem Treffen mit dem libyschen Regierungschef nahmen unter anderen auch die OMV, Vamed, Rosenbauer und Rauch Fruchtsäfte teil.

Kontrolle nur über Bruchteil des Landes

Sarradschs „Regierung der nationalen Einheit“ wird von den Vereinten Nationen (UNO) unterstützt. Sie kontrolliert aber nur einen Bruchteil des Landes. Ihr gegenüber steht eine Gegenregierung des Generals Chalifa Haftar, die faktisch den Osten des Landes beherrscht. Zusätzlich kämpfen rivalisierende Milizen, Stämme und Dschihadisten um die Kontrolle von Gebieten und großen Ölvorkommen. Eine mit Hilfe der UNO verhandelte Waffenruhe erwies sich als brüchig. Zuletzt gab es bei tagelangen Gefechten in Tripolis wieder mindestens 30 Tote.