Frau mit Handy geht an einer HUAWEI-Werbung vorbei
AP/Andy Wong
USA vs. China

Heikler Streit über Huawei eskaliert

Der Polit- und Wirtschaftskrimi um den chinesischen Telekomgiganten Huawei wird zu einer immer größeren Belastung für die Beziehungen zwischen den USA und China. Es ist ein offener Machtkampf ausgebrochen, in den – über die Bande – auch Europa verwickelt ist. Und das mitten im Versuch, im Handelsstreit eine Einigung zu erzielen.

Mehrere Wochen, nachdem auf Ersuchen der USA Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou in Kanada festgenommen wurde, eskaliert das Tauziehen zwischen Washington und Peking. Die USA werfen dem weltgrößten Hersteller von Telekomhardware und mehreren Tochterunternehmen Verstöße gegen Iran-Sanktionen, Geldwäsche, Betrug, Verschwörung zur Behinderung der Justiz und Industriespionage vor. Das US-Justizministerium erhob daher am Montag Anklage gegen den zweitgrößten Handyhersteller der Welt. Auch wurde die Auslieferung der in Kanada festgehaltenen Finanzchefin und Tochter des Huawei-Gründers beantragt.

Das Außenministerium in Peking unterstellte den USA umgehend politische Motive. Ein Sprecher forderte die USA am Dienstag auf, die „unangemessene Unterdrückung chinesischer Firmen einschließlich Huawei einzustellen“. Im Fall der Finanzchefin wurde den USA ein „Missbrauch des bilateralen Auslieferungsabkommens“ vorgeworfen. Kanada sollte ernsthaft die chinesische Position berücksichtigen und die Managerin freilassen, sagte der Sprecher.

Huawei bestreitet alle Vorwürfe

Auch ein Huawei-Sprecher wies die Vorwürfe am Dienstag zurück: „Das Unternehmen bestreitet, dass es selber oder eine Tochterfirma oder ein Partner einen der in jeder der Anklagen behaupteten Verstöße von US-Gesetzen begangen hat, und weiß nichts von Rechtsverstößen durch Frau Meng.“ Der Konzern sei überzeugt, dass US-Gerichte am Ende zu dem gleichen Schluss kommen werden.

HUAWEI-Finanzchefin, Meng Wanzhou
AP/The Canadian Press/Darryl Dyck
Meng Wanzhou wurde Anfang Dezember in Kanada verhaftet

Worum es im Hintergrund geht

Im Hintergrund geht es tatsächlich um die technologische Vormacht in den nächsten Jahren in der Telekommunikation: Huawei hat nach Ansicht von Fachleuten in Sachen 5G, dem nächsten Standard für schnellen Datenfunk, weltweit die Nase vorne. Neben Huawei gelten mit Nokia und Ericsson zweit europäische, aber kein US-Unternehmen als Konkurrenten. 5G soll eine rasant höhere Datenübertragung im Vergleich zum derzeitigen 4G-Standard zulassen. Vor allem gilt die Technologie für das Internet der Dinge und das vernetzte Autofahren als entscheidend. Die USA fürchten, hier ins Hintertreffen zu geraten. Vor allem aber wollen sie aus Gründen der nationalen Sicherheit in diesem Bereich nicht von China abhängig werden.

China hat nach Ansicht von Diplomaten bereits offensichtliche Vergeltungsmaßnahmen ergriffen. So wurden zwei Kanadier festgenommen. Es handelt sich um den ehemaligen Diplomaten und heutigen Vertreter der unabhängigen Crisis Group, Michael Kovrig, und den Geschäftsmann und Korea-Experten Michael Spavor. Ihnen werden Aktivitäten vorgeworfen, die „die nationale Sicherheit gefährden“. Auch wurde die 15-jährige Haftstrafe gegen einen Kanadier wegen Drogenschmuggels in China kurzfristig in eine Todesstrafe umgewandelt.

Vorwürfe gegen Huawei

Da dem chinesischen Konzern Huawei Bankbetrug, Industriespionage und Geschäfte mit dem Iran vorgeworfen werden, erheben die USA Anklage gegen die Firma und zwei Tochterunternehmen.

Druck auf Europa

In den USA und auch in Europa ist Huawei zuletzt wegen Sicherheitsbedenken in Sachen Datennetzwerke schwer unter Druck geraten. Vom US-Netzwerkmarkt – etwa von der Ausrüstung von Mobilfunksendestationen – ist der Konzern praktisch ausgeschlossen.

US-Behörden drängen andere Staaten, ihrem Beispiel zu folgen. In Australien, Neuseeland, Großbritannien und Norwegen gibt es bereits ein Umdenken, oder Schritte werden geprüft. Umgekehrt warnte China Europa davor, dem US-Druck nachzugeben. Auch in Deutschland wird aber neu über den Einsatz von Huawei-Produkten beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes diskutiert, für das im Frühjahr erste Lizenzen vergeben werden.

Hofer will Huawei nicht ausschließen

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) sagte am Dienstag, dass derzeit in Österreich nicht daran gedacht werde, Huawei vom Bieterverfahren auszuschließen. Der Zuschlag bei einer Ausschreibung müsse unter ganz bestimmten Kriterien, etwa der inneren Sicherheit, erfolgen. Dabei gehe es ausschließlich um sachliche Kriterien. Bei der gesamten Diskussion über Huawei habe er „ein bisschen“ den Eindruck, dass „natürlich auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen“, sagte Hofer.

Im Zentrum der US-Vorwürfe steht die Tätigkeit der Huawei-Tochter Skycom im Iran. Insgesamt handelt es sich um 13 Anklagepunkte und fast zwei Dutzend einzelne Vorwürfe. Außer dem Unterlaufen von Sanktionen gegen den Iran, Geldwäsche, Betrug und anderen Delikten im Umfang von Hunderten Millionen Dollar soll sich Huawei auch Betriebsgeheimnisse von T-Mobile illegal angeeignet haben. Dabei ging es um einen Testroboter für Mobiltelefone.

Keine Auswirkungen auf Handelsstreit?

US-Handelsminister Wilbur Ross beteuerte, dass die Verfolgung dieser Straftaten in keinem Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen China und den USA über den Handelskonflikt stehe. Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Huawei-Causa die schwierigen Verhandlungen nicht beeinflusst. Selbst wenn beide Seiten einig sein sollten, die Themen nicht vermischen zu wollen, dürfte sich die Causa zumindest auf die Atmosphäre auswirken. Für Mittwoch und Donnerstag wird eine offizielle Delegation aus China für eine Reihe von Treffen in Washington erwartet.

Anfang Dezember hatten sich US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping zunächst auf eine 90-tägige „Friedenszeit“ bis zum 1. März geeinigt. Die Zeit für eine Einigung drängt. Längst bekommen beide Staaten auch die Folgen zu spüren. Zahlreiche Unternehmen auf beiden Seiten des Pazifiks sind von der Unsicherheit, steigenden Rohstoffpreisen und ausbleibenden Aufträgen betroffen.