Renminbi-Banknoten
Getty Images/Thomas Ruecker
Yuan statt Euro

Londons Börse setzt auf China

Dem Finanzplatz London droht durch den Brexit eine deutliche Schwächung. Gerade der Euro wird in der „City“ an Bedeutung verlieren. Eine Strategie, die Position als globale Handelsdrehscheibe zu verteidigen, dürfte aber aufgehen: eine Kooperation mit China, das seinerseits globale Ambitionen hegt. Das zeigen aktuelle Zahlen.

London ist im Währungshandel die Nummer eins weltweit. Diese Position konnte die „City“ trotz des Brexit-Votums bisher verteidigen. Mit Sicherheit wird aber künftig im Fremdwährungshandel, vor allem im Bezug auf den Euro, einiges an Handelsvolumen auf das Festland wandern. Mehrere Handelshäuser kündigten bereits ihren teilweisen oder totalen Abzug aus London an. Doch für London tut sich mit der chinesischen Währung Yuan langfristig eine ernsthafte Alternative auf. Allerdings mit politisch heiklen Implikationen.

Die Bank of England veröffentlichte diese Woche die genauen Zahlen über den Fremdwährungshandel in London. Dabei handelt es sich um die aktuellsten verfügbaren Zahlen, nämlich jene von Oktober. Die Daten werden immer drei Monate später publiziert. Seit Jahren versucht London zum wichtigsten Yuan-Handelsplatz im Westen zu werden.

Yuan oder Renminbi?

Genau genommen ist Renminbi die offizielle Bezeichung für die Währung der Volksrepublik. In Yuan wird dagegen bezahlt. Oft werden die Begriffe aber synonym verwendet. Ähnlich ist es beim britischen Pfund Sterling, das im Alltag auch zum Pfund wird.

Londons Strategie „trägt Früchte“

Nun wurden erstmals mehr Renminbi gegenüber dem US-Dollar gehandelt als Euro zum Pfund. Konkret steht ein Handelsvolumen von 73 Milliarden US-Dollar (Yuan zu Dollar) einem Volumen im Wert von 66 Mrd. (Euro zu Pfund) gegenüber. Die konzertierten Bemühungen Londons, zu einem Hub für den Yuan-Handel zu werden, „tragen Früchte“, betonte Curtis Pfeiffer von Pragma Securities gegenüber der „Financial Times“.

Plus von 17 Prozent

Der Anstieg beim Yuan-Handel half, einen spürbaren Rückgang im Pfund-Handel, der Opfer des andauernden Feilschens rund um den EU-Ausstieg Großbritanniens ist, abzufedern. Der Yuan-Handel stieg dagegen um 17 Prozent und rückte im Ranking der meistgehandelten Währungstransaktionen auf Rang sieben vor. 2,8 Prozent des gesamten Handelsvolumens machten Yuan-Dollar-Transaktionen aus. Der Anteil der Euro-Pfund-Geschäfte sei bei 2,5 Prozent gelegen. Mit Abstand am wichtigsten ist weiter der Dollar-Euro-Handel mit 27,9 Prozent Anteil vor dem Dollar-Pfund-Handel mit 12,4 Prozent.

Renminbi-Banknoten
APA/AFP
100 Yuan sind derzeit etwa 13 Euro wert

Der Handel von Pfund zu Dollar ging im Oktober des Vorjahrs gegenüber dem April des Vorjahrs um acht Prozent zurück. Der Pfund-Handel gegenüber dem Euro sackte um sieben Prozent ab. Zum Vergleich: Auf dem weltweit zweitwichtigsten Währungshandelsplatz, in New York, blieb das Handelsvolumen in den beiden Vergleichsmonaten annähernd gleich.

Problem mit „special relationship“?

Londons Interesse, den eigenen Marktplatz mit dem Yuan-Handel zu diversifizieren, hat sich mit dem Brexit nochmals verstärkt. Das Werben um China begann allerdings bereits Jahre davor – dabei könnte das London politisch auch in die Zwickmühle bringen. Die britische Regierung will gerade nach dem EU-Austritt die traditionelle „special relationship“, die engen Beziehungen mit Washington, vertiefen.

US-Präsident Donald Trump ist bisher aber gerade in der Handelspolitik mit China über Kreuz. Auch die aktuelle Verhandlungsrunde in Washington dürfte da keine Lösung bringen. Im Gegenteil: Mit dem Streit um den chinesischen Telekomriesen Huawei und dessen internationale Geschäfte und Rolle beim 5G-Ausbau spitzt sich der Konflikt gerade zu. All das könnte London einmal in eine schwierige Lage bringen.

Aus chinesischer Sicht ist eine weitere Verbreitung des Yuan auf internationalen Finanzplätzen politisch wie wirtschaftlich von großer Bedeutung. Es unterstreicht einerseits die Bestrebungen Chinas, neben den USA und Russland auch politisch eine Weltmacht zu werden. Und der Yuan als internationale Währung erleichtert die wirtschaftliche Expansion und den Abschluss von Deals im Ausland.

Gemeinsame Front mit EU

Zur Seite springen könnte London dabei ausgerechnet die EU. Europa versucht seit Jahren, die chinesische Währung – auf Kosten des US-Dollars – als Reservewährung zu stärken. Es erleichtert den Handel mit dem zunehmend wichtigen Handelspartner China. Und das ist nebenbei einer von zahlreichen kleinen Schritten, um sich politisch etwas von den USA zu emanzipieren. Nicht zuletzt auf europäisches Drängen wurde der Yuan 2016 in jenen Korb aufgenommen, aus dem sich die Sonderziehungsrechte (SZR) des Internationalen Währungsfonds (IWF) berechnen.

Diese SZR sind eine Art Retortenwährung des IWF – wenn Staaten Notkredite beim Fonds beantragen, dann werden diese in den Büchern als SZR geführt. Neben dem Yuan sind im SZR-Korb anteilig der US-Dollar, der Euro, das britische Pfund und der japanische Yen vertreten. Ein SZR entspricht im Buchwert aktuell etwas mehr als 1,2 Euro.