In Brüssel sind am Donnerstag etwa erneut mehrere tausend Schüler und Schülerinnen dem Unterricht ferngeblieben, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zogen die Jugendlichen durch die Innenstadt der belgischen Hauptstadt, wie ein AFP-Reporter berichtete.
Der von der Bewegung Youth for Climate organisierte Protestmarsch fand den vierten Donnerstag in Folge statt. Vergangene Woche hatten rund 35.000 Menschen teilgenommen. Viele junge Belgier und Belgierinnen wollen jede Woche auf die Straße gehen, bis die Politik im Kampf gegen den Klimawandel mehr Ehrgeiz zeigt – zumindest aber wollen sie ihre Proteste bis zur EU-Wahl im Mai fortsetzen.
„Die Aktivisten haben absolut recht“
Die Streikenden, die oftmals noch nicht einmal wählen dürfen, werfen Politik und Wirtschaft vor, die Lösung eines zentralen Zukunftsproblems zu ihren Lasten zu verweigern. Ihre Forderung daher: Politiker und Politikerinnen sollen an den Pariser Klimazielen festhalten und endlich mit der Umsetzung der nötigen Schritte beginnen, um die globale Erwärmung noch auf 1,5 Grad begrenzen zu können.
Auf Plakaten waren Slogans wie „Wollt ihr einen blauen oder einen blutenden Planeten?“, „Dinosaurier dachten auch, dass sie noch Zeit hätten“ und „Es gibt keinen PLANeten B“ zu lesen. Begleitet wurden die jungen Demonstrierenden bei ihrem Protestmarsch u. a. auch von ihren Großeltern. Rückendeckung erhielten die Aktivisten und Aktivistinnen aber auch durch einen offenen Brief von 3.450 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern: „Als Wissenschaftler und auf der Basis von wissenschaftlichen Fakten sagen wir: ‚Die Aktivisten haben absolut recht.‘“
Demos für mehr Engagement gegen die globale Erwärmung
Wie in anderen europäischen Ländern demonstrieren in Belgien wöchentlich Schülerinnen und Schüler während der Unterrichtszeit für mehr Engagement gegen die globale Erwärmung. (Videoquelle: EBU)
Proteste auch in Australien
Doch nicht nur in Brüssel wird derzeit demonstriert, sondern auch in vielen anderen europäischen Städten. Laut einem Bericht des „Guardian“ haben sich die Schülerproteste mittlerweile sogar bis nach Australien ausgeweitet.
In Deutschland und in der Schweiz haben sich Schüler und Schülerinnen sowie Auszubildende und Studierende den Freitag als Protesttag ausgesucht – mobilisiert wird auch in den Sozialen Netzwerken unter dem Hashtag „#FridaysForFuture“ (Dt.: „Freitage für die Zukunft“).
25.000 Schüler demonstrierten in Deutschland
Obwohl die Klimakrise alle Staaten der Welt betrifft, hat jedes Land mit individuellen Klimaproblemen zu kämpfen. In Deutschland etwa fallen die Proteste mit derzeit laufenden Regierungsgesprächen zusammen, in denen es um den Kohle- und Atomausstieg sowie um die Förderung erneuerbarer Energiequellen geht.
So gingen vergangenen Freitag in mehr als 50 deutschen Städten rund 25.000 Junge auf die Straße. In Berlin trugen die Schüler auf ihrem Zug durch das Regierungsviertel selbst gemalte Plakate mit Botschaften wie „Mit Gejohle gegen Kohle“, „Habt doch Vernunft, wir wollen eine Zukunft“, „Der Preis ist zu heiß“ und „It’s our fucking future“ (Dt.: „Es ist unsere verdammte Zukunft“).
Strafe sei „Sache der Schulen“
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, stellte sich demonstrativ hinter die Schülerstreiks. „Es ist wichtig, dass sich Jugendliche in diesem Staat einbringen“, sagte er im Bayerischen Rundfunk. Er habe sich als Schulleiter gegen Ordnungsstrafen entschieden. Der ausgefallene Unterricht werde nachgeholt.
Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) äußerte sich kritischer. „Heute ist es der Klimaschutz, morgen die Angst vor dem Wolf, übermorgen der Weltfrieden – wir werden immer Anlässe finden, wo man sich politisch artikuliert“, sagte er im Mitteldeutschen Rundfunk. Ob Schüler bestraft würden, sei jedoch Sache der Schulen.
Inspiriert von Greta Thunberg
Die regelmäßigen Schülerproteste sind von der schwedischen Schülerin Greta Thunberg inspiriert. Thunberg setzt sich an vorderster Front für ein stärkeres Klimabewusstsein ein. Sie fordert, dass mehr gehandelt und weniger bloß über den Klimawandel geredet wird. Im Rahmen ihrer Protestaktion „Schulstreik fürs Klima“ demonstriert sie seit August jeden Freitag vor dem Parlament in Stockholm.
Die Aktivistin wirft der Politik vor, Profite über den Schutz des Klimas zu stellen. „Da sich unsere Führer wie Kinder verhalten, werden wir die Verantwortung übernehmen müssen, die sie schon lange übernehmen hätten müssen“, sagte Thunberg auf dem UNO-Klimagipfel in Katowice im Dezember vergangenen Jahres.
Vorbild für junge Menschen
„Wir müssen verstehen, was für ein Chaos die älteren Generationen angerichtet haben, das wir nun aufräumen und mit dem wir leben müssen“, so Thunberg in Katowice. Ihre emotionale Rede ging um die Welt, die Jugendliche dient vielen vor allem jungen Menschen als Vorbild.
„Politiker haben Macht – und Verantwortung“
Auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, zu dem sie mit dem Zug angereist war, hielt sie eine flammende Rede, in der sie erneut zum Klimaschutz aufrief. Ihre Altersgenossen müssten „wütend“ für ihre Zukunft kämpfen. Wenn Kinder laut würden, könnten sie „große Wirkung“ entfalten, sagte die 16-Jährige.
Gegenüber der BBC sagte sie: „Politiker haben sehr viel Macht, sie könnten wirklich etwas ändern, also denke ich, dass sie eine große Verantwortung haben. Sie müssen ihre wirtschaftlichen Ziele beiseitelegen, um die Lebensbedingungen der Menschheit in der Zukunft zu sichern.“
Erwartet wird Thunberg ebenso bei dem von Arnold Schwarzenegger ins Leben gerufenen Klimagipfel „R20 Austrian World Summit“ in Wien. Auf seine Einladung hin entgegnete sie: „Zähl auf mich. Hasta la vista, baby!“