Start einer Boeing 747, 1970
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50 Jahre Jumbo

Das Ende des Höhenflugs der Boeing 747

Am 9. Februar 1969 ist die Boeing 747 zu ihrem Jungfernflug abgehoben – und revolutionierte die Luftfahrt. Lange war es nicht nur das größte, sondern auch das dominierende Passagierflugzeug der Welt. Doch 50 Jahre später scheint der Höhenflug des Jumbojets zu Ende zu sein.

Einen Grund zum Feiern scheint es für die „Königin der Lüfte“ zu ihrem Jubiläum in der Tat nicht zu geben. Weltweit ist die Nachfrage nach vierstrahligen Maschinen wie der 747 deutlich im Sinken begriffen. Alle bei Boeing bestellten Passagiermaschinen wurden bereits ausgefliefert, neue Auftrage sind kaum in Sicht, der Jumbojet ist laut Unternehmen nur noch als Frachter gefragt. Und auch hier sind lediglich noch 24 Bestellungen offen.

In Zeiten von Sparzwängen in der Luftfahrt ist Effizienz das oberste Mantra. Neben dem hohen Kerosinverbrauch gibt es noch einen zweiten entscheidenden Faktor, der die 747 für Airlines zunehmend weniger wirtschaftlich macht: Für die meisten Strecken sind die Maschinen einfach zu groß.

Aufnahmekapazität von bis zu 560 Passagieren

In einen Jumbojet passen – je nach georderter Innenausstattung der Fluglinie – zwischen 380 und 560 Passagiere. Ist das Flugzeug auf einer Strecke voll ausgelastet, ist der Flug für die Airlines äußerst rentabel. Auf nicht ausgebuchten Flügen müssen die Kosten für rund 240.000 Liter Kerosin – etwa 145.000 Euro – allerdings auf eine niedrigere Zahl von Passagieren aufgeteilt werden. Und das kann recht teuer werden.

Transport des Space Shuttle „Columbia“ mit einer Boeing 747, 1981
AP/NewsBase
Ein Jumbojet transportiert 2008 das Spaceshuttle „Endeavour“ auf seinem Rücken

Auf Fernstrecken – etwa zwischen Europa und den USA – finden sich nicht genug Passagiere, um das Großraumflugzeug regelmäßig auszulasten. Geschäftsreisende, die die Strecken häufiger nutzen, haben in Bezug auf Flugzeiten gerne mehrere Verbindungen pro Tag zur Auswahl. Deshalb ist es für Fluglinien sinnvoller, statt eines Jumbojets mehrere kleinere Maschinen pro Tag über den Atlantik fliegen zu lassen.

Von modernen Zweistrahlern abgelöst

Doch auch neue Technologien und Entwicklungen der Branche gingen an der 747 nicht spurlos vorüber. Flugzeugturbinen wurden sowohl leistungsfähiger als auch verlässlicher. Ab den späten 80er Jahren flogen bereits Maschinen mit nur zwei Turbinen über die Ozeane.

Boeing 787 Dreamliner in einer Werkshalle
APA/AFP/Saul Loeb
Moderne Zweistrahler wie Boeings 787 „Dreamliner“ liefen der klassischen 747 den Rang ab

Innerhalb eines Jahrzehnts liefen moderne Zweistrahler wie der Airbus A330 oder Boeings kleinere 777 oder 787 den vierstrahligen Jets auch auf Fernstrecken den Rang ab – zahlreiche Fluggesellschaften gaben den Jumbojet in den vergangenen Jahren daher auf. Heute wird das große spritschluckende Flugzeug praktisch nur noch in der Frachtversion ohne Fenster verkauft. Kleinere Zweistrahler sind es jedoch, die dem weltgrößten Flugzeughersteller weiterhin Rekordgewinne einfliegen.

Kabine einer Boeing 747, 1966
APA/AFP
Bis zu 560 Passagiere finden in dem Jet Platz – zu viele, um ökonomischen Anforderungen zu entsprechen

Goldenes Zeitalter der Luftfahrt

Dabei war es gerade Boeings Flaggschiff, das Flüge auf Fernstrecken erst für eine große Zahl an Menschen erschwinglich machte. Die 747 hatte doppelt so viele Sitzplätze wie das damals größte Flugzeug am Markt, die ebenfalls von Boeing gebaute 707. Das größte Passagierflugzeug blieb es auch jahrzehntelang – bis zum Erstflug des Airbus A380 im Jahr 2005. Obwohl anfangs nur wenige Flughäfen überhaupt in der Lage waren, derart große Passagiergruppen gleichzeitig abzufertigen, setzte sich der Großraumjet schnell durch.

Die 747 in der Flotte zu haben, war für renommierte Fluggesellschaften ein Muss. Mit 9.700 Kilometern hatte sie zudem eine deutlich größere Reichweite als jedes andere Flugzeug bis dahin und war somit bei ihrer Markteinführung – und weit darüber hinaus – auch aus ökonomischer Sicht bahnbrechend. Denn durch die gestiegene Effizienz für die Airlines sanken bald auch die Ticketpreise für die Passagiere.

Ab den 1970er Jahren wurde der sechs Stockwerke hohe Jet mit dem charakteristisch-bauchigen Oberdeck somit nicht nur zur Verkörperung des Goldenen Zeitalters der Luftfahrt, sondern auch zu einem Hauptfaktor dafür, dass ein Sommerurlaub in den USA nicht mehr den wohlhabendsten Europäern vorbehalten blieb.

Rollout der ersten Boeing 747, 1968
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Die „Königin der Lüfte“ mit dem charakteristisch-bauchigen Oberdeck machte Fliegen erstmals für die Masse erschwinglich

Einige der schwersten Flugzeugunfälle

Neben viel Glamour ist der Jumbo auch mit einigen der schwersten Flugzeugunfälle und Terrorakte gegen den Luftverkehr verbunden. Die ersten 59 Todesopfer waren im November 1974 in Nairobi zu beklagen, als die Lufthansa D-ABYB kurz nach dem Start wegen nicht ausgefahrener Auftriebhilfen abstürzte. 1977 stießen auf dem Flughafen von Teneriffa zwei Jumbos der KLM Airline und der Pan American World Airways (Pan Am) zusammen, was 583 Menschen das Leben kostete. Ebenfalls ein Jumbo der Pan Am war am 21. Dezember 1988 Ziel eines Terroranschlags über dem schottischen Lockerbie. Einer von Plastiksprengstoff verursachten Explosion fielen 270 Menschen zum Opfer.

Boeing 747 als „Air Force One“

Dennoch: Der Einsatz als US-Präsidentenmaschine „Air Force One“ oder als Huckepacktransporter für das Spaceshuttle machten die 747 endgültig zum dominierenden Passagierflugzeug mit dem höchsten Wiedererkennungswert. Und die Geschäfte florierten: Vom Baubeginn in den späten 1960er Jahren bis zur Überarbeitung der Baureihe im Jahr 2011 verkaufte Boeing insgesamt 1.418 Stück seines Jumbojets. Insgesamt hat Boeing in seiner Geschichte bis heute 1.548 747-Maschinen ausgeliefert. Das Unternehmen rechnet jedoch damit, dass in den kommenden zwei Jahrzehnten gerade noch 530 der ganz großen Jets wie der 747 oder dem doppelstöckigen Airbus A380 benötigt werden.

Boeing 747 als Air Force One
APA/AFP/Brendan Smialowski
US-Präsident Donald Trump hat bereits die nächste Präsidentenmaschine „Air Force One“ auf der Basis der 747 bestellt

Herausfordernde Konstruktion

Dem Gründungsmythos zufolge dauerte die Entwicklung des gigantischen Flugzeugs von ersten Entwurf bis zum Jungfernflug lediglich vier Jahre. Der damalige Chef der längst nicht mehr existierenden Pan Am, Juan Trippe, hatte den US-Konzern beauftragt, ein Langstreckenflugzeug zu bauen, das mehr als doppelt so groß sein sollte wie die bis dahin eingesetzte Boeing 707.

Boeing

1916 startete William Edward Boeing, Sohn deutscher Auswanderer, mit einem zur Flugzeugfabrik umgebauten Bootshaus am Lake Union bei Seattle. Heute ist es der weltgrößte Flugzeughersteller – ein Flug- und Raumfahrtimperium mit einem Börsenwert von 167 Mrd. Euro.

Der Erzählung nach soll Trippe zu dem Boeing-Chef William Allen gesagt haben: „If you build it, I buy it“ (Wenn Sie es bauen, dann kaufe ich es), und Allen antwortete: „If you buy it, I build it.“ Besonders herausfordernd war die Konstruktion der gigantischen Flügel mit einer Spannweite von fast 60 Metern. Auch die Triebwerke schienen anfangs zu schwach, um das Startgewicht von mehr als 330 Tonnen in die Luft zu heben.

Doch am 9. Februar 1969 war es dann so weit: Der viermotorige Düsenjet hob vom Werksgelände ab und kreiste eine gute Stunde über dem nordamerikanischen Seattle. Bereits zum Jahreswechsel 1969/1970 konnte die erste Maschine an die Pan Am ausgeliefert werden. Wann der letzte Passagierjet ausgeliefert wird, ist zwar noch ungewiss, laut Branchenkennern wird es sich voraussichtlich jedoch um ein Modell der Boeing 747-8 handeln. Im Gegensatz zu den boeingüblichen Werksfarben Blau-Türkis-Weiß ist dieses in Rot-Orange-Weiß gehalten. Ob das Design auf die erste je der Öffentlichkeit vorgestellte 747-Maschine anspielen sollen, bleibt offen.