Taliban wollen „islamische Verfassung“ in Afghanistan

Nach den Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban Ende Jänner in Katar haben sich Unterhändler der radikalislamischen Miliz heute in Moskau zu getrennten Friedensgesprächen mit bekannten afghanischen Politikern getroffen. An der vom afghanischen Fernsehen übertragenen zweitägigen Konferenz nahm auch Afghanistans Ex-Präsident Hamid Karsai teil. Dagegen waren Vertreter der aktuellen Regierung in Kabul – wie schon in Katar – nicht vertreten.

Der Chefunterhändler der Taliban, Scher Mohammed Abbas Staniksai, präsentierte eine lange Liste von Forderungen der Miliz. Zu ihnen zählte vor allem eine neue „islamische Verfassung“. Diese solle von Islamgelehrten ausgearbeitet werden und die bisherige, „vom Westen kopierte“ Verfassung ersetzen, sagte Staniksai.

„Offenes islamisches System“

Die Aufständischen, die Afghanistan während ihrer Herrschaft von 1996 bis 2001 einer brutalen Form der Scharia unterwarfen, gaben sich moderat. Sie wollten kein „Machtmonopol“ für sich, sondern ein „offenes islamisches System“, das niemanden ausschließe, sagte Staniksai.

Gleichzeitig versprach er, keinen ausländischen Extremisten mehr Unterschlupf zu gewähren, den Mohnanbau zu stoppen und Maßnahmen gegen die vielen zivilen Opfer des blutigen Konflikts einzuleiten. Hilfsorganisationen könnten „ohne Gefahren“ Gebiete unter Kontrolle der Miliz betreten, sagte Staniksai.

Keine Verhandlungen mit Ghani

Zu den Gesprächspartnern der Taliban zählten neben Karsai weitere erklärte ehemalige Erzfeinde der Miliz, die heute Rivalen von Präsident Aschraf Ghani sind. Auch zwei Frauen waren vertreten.

Verhandlungen mit Ghani lehnen die Taliban ab, da sie ihn und seine Regierung als Marionetten der USA ansehen. In Kabul wächst deshalb die Sorge, die USA könnten ihre Truppen aus Afghanistan abziehen, bevor ein langfristiger Frieden mit den Taliban erreicht ist.