Wohnung während Renovierung
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Studien

Kaum rosige Aussicht auf günstiges Wohnen

Gleich zwei Studien sind am Mittwoch in Sachen Wohnen veröffentlicht worden. Und beide kommen zu demselben Schluss: Es gibt kaum mehr rosige Aussichten auf günstiges Wohnen. Während sich die Arbeiterkammer in einer Umfrage den Problemen junger Menschen in Wien bei der Wohnungssuche heute angenommen hat, widmete sich das Gallup-Institut den Sorgen, ob günstiges Wohnen in der Zukunft möglich ist.

Rund 90 Prozent der Österreicher sind mit ihrer eigenen derzeitigen Wohnsituation zufrieden, wie aus der repräsentativen Gallup-Umfrage hervorgeht. Allerdings wachse die Sorge, ob leistbares Wohnen auch für die nächste Generation möglich sein werde. Zum Wohnungswesen in Österreich insgesamt äußern sich immerhin fast 40 Prozent kritisch und urteilen mit mäßig bis nicht zufriedenstellend.

„Bei den Herausforderungen für die Zukunft geht es um die Sicherstellung von kostengünstigem Wohnraum und von leistbaren Wohnungen“, fasste Studienleiterin Gabriele Reithner vom Gallup-Institut am Mittwoch in einer Pressekonferenz die Umfrageergebnisse zusammen. „Als deutliches Manko wird die Finanzierbarkeit von Wohnraum angesehen.“ Für die Erhebung wurden im Dezember 1.000 Österreicher repräsentativ befragt.

„Der Druck ist enorm hoch“

Ein entsprechend gutes Zeugnis stellten die Befragten dem gemeinnützigen Wohnbau aus – „70 Prozent sind der Ansicht, dass die Bedeutung in Zukunft noch zunehmen wird“, so Reithner. Bei einer zuletzt 2015 durchgeführten ähnlichen Studie sei dieses Ausmaß „noch deutlich darunter gelegen“.

„Es ist gar nicht leicht, eine günstige Wohnung zu finden“, so der Obmann des Österreichischen Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), Karl Wurm. „Für alle jene, die suchen, ist der Druck enorm hoch“, stellte auch der stellvertretende GBV-Obmann Alfred Graf fest. Seit der Finanzkrise seien die Regularien der Kreditinstitute so hoch geworden, „dass es den Jungen auch oft gar nicht mehr möglich ist, Eigentum zu schaffen“.

Der dynamischen Preisentwicklung nach oben auf dem freien Markt muss laut Gemeinnützigen Einhalt geboten werden. Sonst drohten Entwicklungen wie in Deutschland. „Wenn sie nach Deutschland schauen, da tickt die Diskussion über leistbares Wohnen ganz anders, da wird zum Beispiel politisch diskutiert, Bestände von Vonovia (Deutschlands größtem Wohnungskonzern, Anm.) zu enteignen“, so der GBV-Obmann. Da sei es besser, „rechtzeitig die Hausaufgaben zu machen und auf die Kosten zu schauen“. „Es ist schon die Miete, die manchen zu hoch erscheint und tatsächlich zu hoch ist“, so Wurm.

AK-Studie: Die Probleme der Jungen

Die Arbeiterkammer beklagt die Mietsituation auf dem privaten Wohnungsmarkt in Wien – eben auch vor allem für junge Menschen. Teure Mieten, viele Befristungen, hohe Maklergebühren: Gestützt wird diese Kritik durch Ergebnisse einer Umfrage. Die AK hat rund 500 Wienerinnen und Wiener bis 35 Jahre befragen lassen.

Demnach war es für 60 Prozent der Teilnehmenden schwierig, eine passende Wohnung zu finden. 84 Prozent der Befragten nannten hohe Mietpreise als Grund für die Probleme bei der Wohnungssuche. 36 Prozent führten außerdem die schlechte Qualität der Objekte an, 34 Prozent ärgerten sich über die aus ihrer Sicht zu teuren Maklerprovisionen, fasste Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik in der AK Wien, Teilresultate der Studie des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) zusammen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Es beginnt bei der Bauordnung

Bei den gemeinnützigen Bauträgern ist man sich ebenfalls des Problems der Leistbarkeit sehr bewusst. Die gemeinnützigen Bauträger bräuchten dringend günstigere Grundstücke, um auch weiterhin leistbaren Wohnraum schaffen zu können. „Die Wiener Bauordnung ist so ein Beispiel – in Tirol und Salzburg werden ähnliche Dinge diskutiert“, so Wurm. „Es ist notwendig, das zu machen, um eine sanfte Strukturierung des Wohnungsmarktes zu erreichen“, sagte er zur APA.

Einfach nur mehr zu bauen, sei zu wenig. Als ordnungspolitischer Eingriff wichtig sei auch die Lenkung der Wohnbauförderung, „dass mit der Gießkanne aufgehört wird – das passiert jetzt eh“. Weiters sollten Wohnungen nicht für Onlinekurzzeitvermietungen wie etwa über Airbnb verwendet werden dürfen. Das treibt die Mietpreise ebenfalls nach oben, so Wurm weiter.

Warnung vor SPÖ-Forderung

Vorsicht sei allerdings beim von der SPÖ lancierten Ruf nach einer Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Wohnen geboten: „In diesem Fall muss man sehr aufpassen, und das Ganze muss von Brüssel abgesegnet werden – eventuell ‚kauf‘ ich mir den Wegfall des Vorsteuerabzugs“, warnte Wurm.

Die gemeinnützigen Bauträger hätten derzeit einen Vorsteuerabzug, die Mehrwertsteuer bezieht sich auf die monatliche Miete. Werde diese gestrichen, „dann sind wir plötzlich um 20 Prozent teurer bei den Baukosten, und das ist nicht, was wir im Wohnbau brauchen“, bekräftigte Graf.

Rund 605.000 gemeinnützige Wohnungen

Österreichweit stehen derzeit den Angaben zufolge rund 605.000 gemeinnützige Mietwohnungen zur Verfügung, etwa 180.000 davon entfallen auf Wien. Hinzu kommen bundesweit rund 280.000 Gemeindewohnungen (208.000 davon in Wien). Die Bestandsmieten bei den Gemeinnützigen liegen aktuell bei sechs bis 6,50 Euro pro Quadratmeter und Monat (inklusive Betriebskosten). Im Gemeindebau waren 2017 im bundesweiten Schnitt 6,40 Euro zu bezahlen, auf dem freien Markt 8,30 Euro.

Die Gemeinnützigen tätigen jährlich Neubau- und Sanierungsinvestitionen in Höhe von rund drei Milliarden Euro – etwa 900 Millionen Euro davon fließen in die Sanierung. Jedes Jahr werde „ein Jahrgang durchsaniert“, das seien jeweils 10.000 bis 15.000 Wohnungen.

Mangelnde Transparenz bei Vergabe kritisiert

Als großes Plus werden in der Umfrage den Gemeinnützigen die unbefristeten Mietverträge attestiert. Auf dem freien Wohnungsmarkt gibt es das immer seltener. Auf Kritik stößt hingegen die mangelnde Transparenz bei der Vergabe der günstigen Wohnungen. Dabei sind ganz allgemein der Wohnungsbedarf und die sozialen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

„Jede Gemeinnützige hat diese Vorgaben, aber es ist subjektiv“, so Wurm. „Wenn du einen Versorgungsfall wie etwa eine plötzlich alleinstehende Frau mit Kindern hast und jemanden, der schon lange auf der Liste steht, – wem gibst du die Wohnung?“ Auf die Sinnhaftigkeit der Einführung einer Einkommensgrenze für den Erhalt einer billigen Bleibe hin gefragt meinte er, das sei „jetzt im WGG
(Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, Anm.) eigentlich impliziert“, also gewissermaßen erledigt.