Pflegerin in einem Pflegewohnhaus
ORF.at/Christian Öser
Pflege- und Gesundheitspersonal

Mit Streikdrohung in vierte KV-Runde

Unter einer Streikdrohung der Gewerkschaft sind die Verhandlungen für die rund 100.000 Beschäftigten im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich am Donnerstag in die vierte Runde gegangen. In den letzten Tagen haben bereits Betriebsversammlungen stattgefunden, um die Beschäftigten zu informieren. Am Wochenende hat der ÖGB die Streikfreigabe erteilt.

Vor Beginn der Gespräche versicherten beide Seiten, dass man einen Abschluss wolle, die Gewerkschaft bekräftigte aber, dass es im Falle eines Scheiterns Streiks geben werde. GPA-Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer kündigte an, dass schon in der nächsten Woche erste Streikmaßnahmen in Teilbereichen und Betriebsteilen stattfinden würden, wenn keine Einigung erzielt werden sollte. In der Woche darauf würden dann weitere Maßnahmen folgen. Bei einem Protestmarsch vergangene Woche gingen laut Gewerkschaft rund 3.000 Menschen auf die Straße.

Walter Marschitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeber, und Erich Fenninger, Vorsitzender der Sozialwirtschaft und Geschäftsführer der Volkshilfe, wollten diese Streikdrohung vor Beginn der Gespräche nicht dramatisieren. Marschitz sprach von einer „gewissen Routine“, Fenninger von „Rhetorik“, die man einzuschätzen wisse. Beide Seiten stellen sich auf sehr lange Gespräche ein, nachdem schon die letzte Runde 18 Stunden gedauert hat. Sowohl Bödenauer als auch Marschitz meinten, es könnte auch „morgen“ werden.

Die Arbeitgebervertreter Walter Marschitz und Erich Fenninger
APA/Herbert Neubauer
Arbeitgebervertreter Erich Fenninger und Walter Marschitz zu Beginn der Verhandlungen

Vorstellungen klaffen weit auseinander

Bei den KV-Verhandlungen geht es vor allem um Pflegekräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Behindertenhilfe und im Gesundheitswesen, die etwa in Organisationen wie der SPÖ-nahen Volkshilfe, dem ÖVP-nahen Hilfswerk und der Lebenshilfe beschäftigt sind. Zu den größten Arbeitgebern zählen auch die Senecura-Gruppe mit 81 Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen in Österreich oder in Wien das Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser. Nicht in die Sozialwirtschaft eingebunden sind die Caritas, die Diakonie und das Rote Kreuz, die jeweils eigene Kollektivvertragsverhandlungen führen.

Für die Sozialwirtschaft sind die Gewerkschaften GPA-djp und vida mit einer Forderung von sechs Prozent in die Verhandlungen gegangen. Die Arbeitgeber haben ihr Angebot von ursprünglich 2,02 Prozent zunächst auf 2,37 und in der letzten Runde vorige Woche nach 18 Stunden auf 2,5 Prozent aufgebessert. Der Gewerkschaft reicht das bei Weitem nicht, GPA-Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer pochte auch am Donnerstag zumindest auf einen Dreier vor dem Komma und noch etwas dahinter. Vorbild seien die Metaller mit ihrem Abschluss von 3,5 Prozent, so Bödenauer weiter. Es müsse aber auch mehr Freizeit für die Beschäftigten geben, es komme jedenfalls auf das Gesamtpaket an.

Arbeitszeitverkürzung und sechste Urlaubswoche

Die Gewerkschaft fordert auch eine umfassende Arbeitszeitverkürzung. So verlangen die Arbeitnehmervertreter eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich und die sechste Urlaubswoche für alle. Bödenauer begründete das mit der hohen Belastung der Beschäftigten im Pflegebereich, die daher mehr Erholungszeit bräuchten, um bis zur Pension arbeiten zu können. Außerdem würden jetzt schon 85 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit arbeiten.

Marschitz sagte, dass er einen Abschluss erwarte. Er glaube, dass die bestehenden Differenzen überwunden werden können, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber. Er hatte bereits zuvor argumentiert, dass sich die Wünsche der Gewerkschaften insgesamt auf über 25 Prozent Mehrkosten summieren würden. „Das wäre in keiner Branche auch nur annähernd leistbar.“ Zudem sei die Sozialwirtschaft bei der Arbeitszeit mit der 38-Stunden-Woche ohnehin schon Vorreiter. Die dritte Verhandlungsrunde war in der Nacht zum 31. Jänner nach 18 Stunden ergebnislos unterbrochen worden.