Mikroskopische Aufnahme zeigt einen Virus
picturedesk.com/Science Photo Library
Europaregion

Masernfälle laut WHO verdreifacht

Mit Masern haben sich im vergangenen Jahr in der Europaregion der Weltgesundheitsorganisation (WHO) so viele Menschen angesteckt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die Zahl der Fälle stieg innerhalb eines Jahres auf das Dreifache, berichtete das WHO-Büro Europa in Kopenhagen.

Verglichen mit 2016 hätten sich sogar 15-mal so viele Menschen angesteckt. 2016 war ein Niedrigrekord bei den Ansteckungen verzeichnet worden. In den 53 Ländern der Region hätten sich 2018 fast 82.600 Menschen mit Masern angesteckt – 72 Kinder und Erwachsene seien daran gestorben, berichtet die WHO. Sie zählt zu der Region neben der EU auch Russland, die Türkei, Israel und die in Asien liegenden Länder Usbekistan und Aserbaidschan.

Mit Abstand am schwersten betroffen war die Ukraine mit über 53.000 Fällen. Mehr als 2.000 Fälle meldeten auch Serbien (5.076), Israel (2.919), Frankreich (2.913), Russland (2.256), Italien (2.517), Georgien (2.203) und Griechenland (2.193).

„Wir müssen mehr tun“

Zwar seien in der Region im vergangenen Jahr gleichzeitig auch so viele Menschen gegen Masern geimpft worden wie nie zuvor. Aber es reiche noch nicht, sagte die Direktorin des Regionalbüros, Zsuzsanna Jakab. „Wir müssen mehr tun und unsere Sache besser machen, um jede einzelne Person vor Krankheiten zu schützen, die leicht vermieden werden können.“ Das Virus kann das Gehirn befallen und ist deshalb lebensgefährlich. Die WHO will die Masern weltweit eliminieren.

Laut der auch von Österreich unterzeichneten und ratifizierten UNO-Konvention über die Rechte des Kindes (1989) haben Kinder Anspruch auf beste Gesundheitsversorgung. Das umfasst den Schutz vor Erkrankungen, die durch Impfung vermeidbar sind. Doch Impfmüdigkeit lässt trotz guten Zugangs zu Vakzinen in Österreich die Infektionsfälle nicht weniger werden.

8,8 Fälle pro Million Einwohner in Österreich

Zwar war die Situation in Österreich schon einmal schlechter, doch gab es im vergangenen Jahr 8,8 Fälle pro eine Million Einwohner, wie Zahlen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC/Stockholm) zeigen.

Laut den Aufzeichnungen von Dezember 2017 bis November 2018 hat es in Österreich 77 Masernfälle gegeben, 70 wurden per Laboruntersuchung bestätigt. Zwar befindet sich Österreich nicht unter jenen Ländern mit den meisten Fällen, doch es besteht Handlungsspielraum nach oben. „Wir sollten ja weniger als einen Masernfall pro eine Million Einwohner haben, aber davon sind wir weit entfernt“, so die Wiener Virologin Heidemarie Holzmann von der MedUni Wien.

Lücken bei jungen Erwachsenen

Masernerkrankungen sind durch konsequentes Impfen zu vermeiden. Eine Analyse der Durchimpfungsraten hinsichtlich Masern für das Jahr 2017 in Österreich ergab jedoch, dass es immer noch rund 48.000 zwei- bis fünfjährige Kinder gibt, denen die zweite Masernimpfung fehlt und 27.000 Kinder im Alter von sechs bis neun Jahren, weiters eine halbe Million 15- bis 30-Jährige, die nicht ausreichend gegen Masern geschützt sind. Dass es immer wieder zu Krankheitsausbrüchen kommt, ist daher nicht verwunderlich. Erforderlich wäre laut Gesundheitsministerium eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent mit zwei Dosen.

Vor allem die Lücken bei den jungen Erwachsenen sorge dafür, dass der Gemeinschaftsschutz der anderen nicht mehr gegeben sei, sagte Expertin Holzmann. „Sie gehen zum Zahnarzt, zum Gynäkologen, aber an Masern denken sie nicht mehr“, so die Virologin. Das stelle vor allem ein Risiko für Babys dar, die noch nicht geimpft werden dürfen. „Jedes fünfte Kind hat Komplikationen bei der Erkrankung“, sagte Holzmann. Die Masern schwächen das Immunsystem.

Fehlende Impfungen sollen nachgeholt werden

Impfpflicht herrscht in Österreich nicht. Den Eltern obliegt es, die Schutzimpfungen bei ihren Kindern vornehmen zu lassen. In Österreich gibt es laut Holzmann rund vier Prozent Impfgegner. Laut einer Studie des Karl Landsteiner Instituts für Pädiatrische Fortbildung und Forschung aus dem Jahr 2012 haben 57 Prozent der Österreicher Vorbehalte gegenüber Impfungen.

Der in Österreich vorhandene Impfstoff gegen Masern ist ein Kombinationsimpfstoff mit Mumps und Röteln (MMR-Impfung). Entsprechend dem Impfplan Österreich 2019 werden zwei MMR-Impfungen ab dem vollendeten 9. Lebensmonat empfohlen. Fehlende MMR-Impfungen können und sollen in jedem Alter nachgeholt werden.

Vollständiger Schutz kann nur angenommen werden, wenn schriftlich nachweisbar ist, dass zwei Impfungen gegen Masern vorliegen oder ein Schutz mittels einer Antikörperbestimmung (Blutabnahme) bestätigt ist. Weil es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, ist ein „Überimpfen“ nicht möglich.