EU-Parlament in Brüssel
Reuters/Yves Herman
Interner Bericht

Brüssel als Tummelplatz für Agenten

In Brüssel müssen sich Geheimdienstmitarbeiter unterschiedlicher Länder beinahe auf die Füße treten. Laut einem EU-Bericht rechnet man mit Hunderten allein chinesischen und russischen Agenten in der Stadt – von anderen Ländern ist dabei noch gar nicht die Rede.

Anziehungspunkte für sie sind EU und NATO, hieß es dazu am Samstag. Folge sei, dass die „europäische Hauptstadt“ Brüssel offenbar „voll von Spionen“ sei, schrieb etwa die deutsche „Welt“. Die Geheimdienste setzten nicht nur auf moderne Technik, sondern auch Personal an Ort und Stelle.

Laut der deutschen Tageszeitung gab der interne Sicherheitsdienst des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) eine Warnung an Diplomaten und Militärs etwa vor Spionage durch russische und chinesische Nachrichtendienste aus.

Russland, China, USA

Die „Welt“ berief sich in ihrem Bericht auf Informationen von Diplomatinnen und Diplomaten in Brüssel, die eine entsprechende Unterweisung vom EAD erhalten hätten. Laut der Behörde hielten sich „rund 250 chinesische und 200 russische Spione in der europäischen Hauptstadt“ auf. Diplomaten wurden nach dem Bericht auch vor bestimmten Lokalen im EU-Viertel gewarnt. Früher seien russische Agenten am stärksten in Brüssel vertreten gewesen, schrieb die „Welt“, ohne aber Zahlen zu nennen.

Die Geheimdienstmitarbeiter seien heute vor allem in den Botschaften und Handelsvertretungen ihrer Heimatländer beschäftigt, hieß es weiter. Über die geschätzte Zahl weiterer Agenten aus außereuropäischen Ländern, etwa aus den USA, gab es keine Angaben. Jedenfalls seien „insbesondere“ auch Agenten aus den Vereinigten Staaten und etwa auch Marokko in Brüssel aktiv, schrieb die „Welt“.

Wanzen in Übersetzerkabinen

Eine Erklärung, weshalb gerade das nordafrikanische Königreich so stark geheimdienstlich vertreten sein soll, blieb die deutsche Zeitung schuldig, erinnerte dafür aber an einen tatsächlichen Spionagefall aus dem Jahr 2003. Damals wurden im Ratsgebäude während eines Gipfels Abhöreinrichtungen in den Übersetzerkabinen installiert. Der Verdacht sei damals auf Israel bzw. die USA gefallen, „Beweise dafür gab es aber nicht“.

Heute gelte es als „offenes Geheimnis“, dass Attaches, die Diplomaten von Drittstaaten bei Empfängen in Botschaften begleiten, „häufig Undercover-Agenten sind“. Gerade China weite aktuell seine Geheimdienstaktivitäten offenbar immer stärker in Europa aus.

NSA-Skandal schlug hohe Wellen

Hohe Wellen hatte vor einigen Jahren die Spionagetätigkeit des US-Auslandsgeheimdiensts National Security Agency (NSA) geschlagen. Aufgeflogen war diese durch die Enthüllungen des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden 2013. Sie gaben einen Einblick in die weltweite Spionagetätigkeit vor allem der USA und führten gleichzeitig zu diplomatischen Verstimmungen mit den Verbündeten in Europa.

Links: