Anwälte kritisieren geplante Strafverschärfung

Auf Kritik aus der Anwaltschaft stößt die von der Bundesregierung geplante Strafverschärfung bei Gewalt- und Sexualverbrechen, die am Mittwoch Thema im Ministerrat sein soll.

Die Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen appellierte heute an die Regierung, das von der Taskforce Strafrecht unter Leitung von Karoline Edtstadler (ÖVP), Staatssekretärin im Innenministerium, erarbeitete Maßnahmenpaket zu überdenken. Dieses sieht unter anderem die Anhebung von Mindeststrafen für Vergewaltigung auf zwei Jahre vor, reine Bewährungsstrafen soll es in diesem Bereich künftig nicht mehr geben.

„Verbrechensrate sinkt seit Jahrzehnten“

„Es ist empirisch belegt, dass die Verbrechensrate auch ohne Erhöhung von Strafen seit Jahrzehnten sinkt. Die Einführung von Mindeststrafen wird zum Ansteigen der Häftlingszahlen und damit zu einer Destabilisierung innerhalb und außerhalb der Gefängnismauern führen“, so Alexia Stuefer, Vizepräsidentin der Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen.

Gerade auch unter den weiblichen Opfern überwiege keineswegs die Forderung nach Erhöhung von Gefängnisstrafen. Notwendiger sei „eine verantwortungsvolle und vorausschauende Politik, keine, die zum Wegsperren von Männern, sondern zu Umdenken und Verhaltensänderung führt“, so Stuefer.

Rechtsanwaltsvertreter: Eher populistisch

Für Rupert Wolff, den Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags (ÖRAK), sind die Maßnahmen „eher populistisch“ und „mehr ein Zeichen hin zum Wähler als ein positiver Beitrag“.

Sinnvoller wäre es nach seinem Dafürhalten gewesen, länger zuzuwarten, bis 2020 die Folgen der jüngsten Novelle auf die Strafpraxis der Gerichte zu evaluieren und allenfalls dann zu reagieren. „Immer dann, wenn medienträchtige oder besonders grausame Straftaten passieren, erschallt der Ruf nach höheren Strafen“, so Wolff.

Kriminologe: Unsinnig

Das Regierungsvorhaben scheint den Ergebnissen einer Forschungsarbeit des Kriminologen und Sanktionen-Forschers Christian Grafl entgegenzustehen, der im Auftrag der Taskforce die Strafpraxis der Gerichte zwischen 2008 und 2017 analysiert hat. Auf einer medienöffentlichen Tagung der Richtervereinigung im vergangenen September nannte Grafl härtere Strafen für Gewalt- und Sexualstraftäter „aus empirischer und kriminologischer Sicht unsinnig“.

Strache weist Kritik zurück

Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wies heute die Kritik zurück. Es könne nicht sein, dass man sagt, Straftaten finden immer statt und da gibt es keine abschreckende Wirkung und wir müssten das quasi hinnehmen. Das könne er nicht nachvollziehen. „Wer sich an der Integrität anderer Menschen vergreift, der hat auch mit entsprechenden Konsequenzen zu rechnen.“