Tunesier nach Anzeige gegen Vergewaltiger selbst verurteilt

Ein homosexueller Mann ist in Tunesien zu sechs Monaten Haft verurteilt worden, nachdem er sich bei der Polizei als Opfer einer Vergewaltigung gemeldet hatte. Der 26-Jährige war nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Shams gestern zur Polizei gegangen, um Anzeige zu erstatten.

Er hatte sich im Internet mit einem anderen Mann zum Sex verabredet, sei dann aber am verabredeten Treffpunkt von zwei Männern ausgeraubt und vergewaltigt worden.

Nach dem Besuch auf dem Polizeirevier ordnete der Staatsanwalt allerdings einen Analtest an, um den 26-Jährigen selbst wegen Homosexualität strafrechtlich verfolgen zu können. Gleichgeschlechtliche Handlungen sind in Tunesien illegal, die Verurteilungen sind in den vergangenen Jahren gestiegen. 2018 wurden 127 Haftstrafen deswegen ausgesprochen.

NGO: „Eklatante Verletzung der Menschenrechte“

Das Gericht sah in der Stadt Sfax sah es nun als erwiesen an, dass keine Vergewaltigung vorlag, sondern ein Streit im Anschluss an die sexuelle Begegnung. Die beiden anderen Männer verurteilte das Gericht zu jeweils sechs Monaten wegen Homosexualität, 15 Tage wegen Gewaltanwendung und eineinhalb Monaten wegen Diebstahls.

Die Organisation Damj zur Verteidigung sexueller Minderheiten nannte das Urteil eine „eklatante Verletzung der Menschenrechte und der moralischen Würde“. Sie forderte das „sofortige Ende“ aller juristischen Verfolgungen auf Grundlage des Artikels 230 im tunesischen Strafrecht, der Sex unter Männern kriminalisiert. Außerdem müssten die „erniedrigenden“ Analuntersuchungen umgehend eingestellt werden.