Biomassekraftwerk
ORF.at/Roland Winkler
Ökostromnovelle

Neuer Anlauf für Einigung mit SPÖ

In die festgefahrenen Verhandlungen über eine Verlängerung der Subventionen für 47 Biomasseanlagen mit einem Volumen von 140 Mio. Euro kommt nun Bewegung. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) trifft am späten Dienstagnachmittag die Vorsitzende der SPÖ-Bundesratsfraktion, Inge Posch-Gruska. Damit soll es doch noch die Zweidrittelmehrheit und somit am Donnerstag im Bundesrat grünes Licht geben.

Am Dienstagvormittag hatten Vertreter von ÖVP, FPÖ und NEOS gemeinsam noch einmal ihre Standpunkte für eine Verlängerung der Förderung präsentiert. Wer gegen die Biomassesubvention sei, fördere den Atomstrom, so die Klubobleute von ÖVP und FPÖ, August Wöginger und Walter Rosenkranz, sowie NEOS-Energiesprecher Josef Schellhorn vor Journalisten. Der Vorwurf, dass die Kriterien für die Fördervergabe nicht transparent seien, stimme nicht.

Es sei auch falsch, dass rund die Hälfte der derzeitigen Anlagen den geforderten Wirkungsgrad von 60 Prozent nicht erfülle. Vielmehr hätten über 90 Prozent der Anlagen die geforderte Leistung. Außerdem gehe es nur um eine Überbrückungsmaßnahme für die nächsten drei Jahre.

Landwirtschaftskammer: Tarife künftig niedriger

Der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried begrüßte den Gesprächstermin Köstingers mit Posch-Gruska. Er betonte aber auch, dass die vorliegende Verordnung für die allermeisten Biomasseanlagen das Ende bedeuten würde. Das liege nicht zuletzt an den viel zu niedrigen Tarifen im Verordnungsentwurf.

Dass die Tarife unter den bisherigen Auszahlungen liegen werden, bestätigte am Dienstag die Landwirtschaftskammer. Sie betonte erneut die Bedeutung der Anlagen. Sie seien ein wirksamer Weg, um aus fossilen Treibstoffen auszugsteigen. Laut Leichtfried stammt aber nur gut ein Prozent der heimischen Stromleistung aus Biomasseanlagen.

Im Jahr 2017 wurde die feste Biomasse mit knapp 200 Mio. Euro gefördert, bei der Windenergie waren es fast 380 Mio. Euro. Insgesamt belief sich die Ökostromförderung im Vorjahr auf über 800 Mio. Euro. Die Kosten tragen die Stromkunden, bei einem durchschnittlichen Haushalt lagen sie 2017 bei rund 100 Euro im Jahr und dürften voriges Jahr auf rund 90 Euro gesunken sein, schätzte die E-Control im Herbst.

Bundesrat könnte Gesetz zu Fall bringen

Bei der im Jänner im Nationalrat mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit (ÖVP, FPÖ und NEOS) beschlossenen Gesetzesnovelle geht es um eine Übergangsregelung zum Ökostromgesetz. Diese sieht vor, dass mit 140 Millionen Euro 47 Biomasseanlagen für die nächsten drei Jahre gefördert werden. Ihre Förderungen wären zwischen Anfang 2017 und Ende 2019 ausgelaufen. Mit der Übergangsregelung soll ihr Fortbestand bis zu einer grundsätzlichen Neufassung der Ökostromförderung gesichert werden. Insgesamt werden derzeit 134 Biomassekraftwerke gefördert.

Bundesrat: SPÖ könnte Ökostromgesetz kippen

Am Donnerstag könnte der Bundesrat zum ersten Mal ein Gesetz zu Fall bringen. Wenn die SPÖ im Bundesrat auf ihrem Veto beim Ökostromgesetz beharrt, wäre es das Aus für ein Gesetz.

Angesichts der drohenden Blockade im Bundesrat sind ÖVP und FPÖ mit Unterstützung von NEOS weiter um eine Umstimmung der SPÖ bemüht. Sollte die SPÖ nicht auf Regierungslinie einschwenken, könnte erstmals ein im Nationalrat beschlossenes Gesetz durch die zweite Parlamentskammer zu Fall gebracht werden. Die SPÖ hat im Bundesrat nämlich genug Stimmen, um Gesetze, die in der Länderkammer eine Zweidrittelmehrheit brauchen, zu blockieren. Von den 21 roten Bundesräten darf aber keiner fehlen oder von der Parteilinie abweichen.

SPÖ-Jetzt-Brief an Bundesratsmandatare

Vor der Pressekonferenz von ÖVP, FPÖ und NEOS und dem Gesprächsangebot von Köstinger hatten SPÖ und Jetzt einen Brief an alle Bundesräte und -rätinnen geschrieben, der am Dienstag vor der Pressekonferenz der Regierung und NEOS veröffentlicht worden war. Sie rufen die Regierung an den Verhandlungstisch.

Im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbaugesetzes sollten die Regierungsparteien mit der SPÖ und Jetzt „eine tragfähige Lösung für die Biomasse erarbeiten“, um das Ziel von 100 Prozent erneuerbarer Stromerzeugung, bilanziell über ein ganzes Jahr, bis 2030 erreichen zu können. Zugleich wird in dem Schreiben, das der APA vorliegt, erneut betont, dass die Novelle abzulehnen sei.

„Eine Reihe von Fragen“

Für SPÖ und Jetzt würden sich bei der Novelle eine Reihe von Fragen stellen, heißt es weiter: welche Anlagen in den Genuss der Biomasse-Nachfolgetarife kommen, wie hoch die Tarife für die einzelnen Anlagenkategorien sind, wie hoch die Gesamthöhe des Fördervolumens ist und welche Anreize für besonders effiziente Anlagen gesetzt werden, so der Brief. Die Beantwortung dieser Fragen habe man immer eingefordert, ehe es zu einer Beschlussfassung im Parlament komme.

Ohne Zustimmung der SPÖ sei im Bundesrat kein Beschluss möglich – dennoch hätten bisher seit der Beschlussfassung im Nationalrat keine Gespräche mit der SPÖ-Fraktion stattgefunden. Die behauptete Rettung von 47 Biomasseanlagen durch den vorliegenden Gesetzesentwurf sei nicht gewährleistet, kritisieren SPÖ und Jetzt in dem Brief weiter – denn viele der Anlagen würden die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen gar nicht erfüllen.

Grüne kritisieren Klimastrategie – stimmen aber zu

Die Grünen, die zwei der 61 Bundesräte stellen, werden der Novelle hingegen zustimmen. Angesichts der laufenden Klimakrise sei die Klima- und Energiestrategie zwar noch weit von der hier erforderlichen radikalen Energiewende entfernt, wie der grüne Bundesrat David Stögmüller dazu mitteilte, ohne eine Novellierung würden aber 47 Ökostromanlagen vor dem Aus stehen, so Stögmüller. Aus diesem Grund „werden die Grünen der vorliegenden Ökostromnovelle mit einer Verlängerung der Förderungen im Bereich der Biomasse im Bundesrat zustimmen“.

Stromwirtschaft: „Biomasse ist planbar“

Für die Biomasseförderung ist auch die Stromwirtschaft. „Wenn wir die Ziele 2030 erreichen wollen, und das sind nur mehr knapp zehn Jahre, dann müssen wir alle verfügbaren Technologien einsetzen, das ist natürlich im ganz wesentlichen Maße Wasserkraft, das ist Windkraft, das ist auch die Photovoltaik, aber die Biomasse hat einen wesentlichen Vorteil, sie ist planbar“, sagte Leonhard Schitter von der Lobbyorganisation Oesterreichs Energie am Montag im Ö1-Mittagsjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Der Österreichische Biomasseverband kritisierte unter anderem die von der SPÖ georderte gesetzliche Festlegung der Ökostromtarife als „absolutes Novum“. Zudem habe die Regierung bereits eine nachträgliche Anpassung der Folgetarife per Verordnung zugesichert. „Ohne eine Ökostromgesetznovelle fallen die betroffenen Werke aber auf jeden Fall aus der Förderung“, wie der Biomasseverband dazu anmerkte.