Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Ria P. im Ausschuss

Einblicke ins Aufnahmeverfahren beim BVT

Am Dienstag sind im U-Ausschuss zu den Vorgängen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) die politischen Netzwerke Thema gewesen. Ex-BVT-Mitarbeitern Ria-Ursula P. legte es bei ihrer zweiten Ladung erneut wortgewaltig an und trat der Behauptung entgegen, Nutznießerin der „schwarzen Seilschaften“ gewesen zu sein. Ihre hochbrisanten Aussagen gegenüber der „Kronen Zeitung“ wollte sie nicht kommentieren.

Gleich zu Beginn beschwerte sich P. über Medienberichte, sie habe der zweiten Ladung nicht Folge leisten wollen. Sie habe sich „mit einem Auslandstermin ordnungsgemäß“ entschuldigt. Sie „empfinde es als empörend“, dass berichtet wurde, sie würde die Ladung verweigern. Das sei rufschädigend. „Ich verlange daher, dass man sich dafür in aller Form entschuldigt“. Aufgrund zumindest sechs anonymer Anzeigen würden Ermittlungen gegen sie laufen, erklärte P.

Verfahrensrichter Eduard Strauss wollte gleich eingangs wissen, mit wem P. seit der letzten Befragung Kontakt hatte. Sie, P., habe nur mit Ex-Abteilungsleiter W. gesprochen und sich dabei beklagt, „wie man mit uns Zeugen hier im U-Ausschuss umgegangen ist“. Auch gebe es eine Anzeige aufgrund ihrer Bewerbung beim BVT, „als Täter und als Beitragstäter“. Beim Eintreten ins Ausschusslokal verdeckte sie ihr Gesicht mit einer Mappe, Bilder P.s durften generell nicht veröffentlicht werden.

„Sex-Attacken“ und „Mobbing“

Beim BVT habe sie als „operative Analytikerin“ gearbeitet, als Wirtschaftspsychologin könne sie sehr wohl Analysen erstellen, versuchte sie Zweifel von Verfahrensrichter Strauss auszuräumen. Dass sie Radio Niederösterreich hören und zusammen mit einer Sekretärin im Büro sitzen musste, wie beim letzten Termin beklagt, sei eine Beschreibung ihrer Jobsituation gewesen. Dem haben sie heute nichts hinzuzufügen, so P. auf Frage der ÖVP-Abgeordneten Tanja Graf.

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Amon beklagte, dass die Vertrauensperson der Zeugin die Antworten nicht vorsagen dürfe

Auf die „Kronen Zeitung“ sei sie im Vorfeld ihrer ersten Ladung aktiv zugegangen. Der Ausschuss hatte sich daran gestört, dass P. dem Blatt gegenüber Angaben gemacht hat, die sie vor dem Ausschuss nicht machen wollte – ÖVP-Mandatarin Graf fragte die Aussagen also ab: Im Speziellen ging es um angebliche „Sex-Attacken“ und Fotos aus einer WhatsApp-Gruppe. Erste wollte P. nicht bestätigen („die Medien schreiben immer irgendwas, wie sie formulieren, darauf habe ich keinen Einfluss“), die WhatsApp-Bilder habe sie bereits beim letzten Termin vorgelegt.

„Frechheit, dass ich mich dazu rechtfertigen muss“

Auch das Zitat „Sexuelle Belästigung war Alltag“ wollte Graf von der Zeugin erklärt bekommen und herausfinden, ob dieser Vorwurf von P. stamme oder eine Erfindung der „Kronen Zeitung“ sei: „Schau’n Sie, ich hab mir nicht aufgeschrieben, was ich dort genau gesagt hab und was der Redakteur, den Namen kann ich nicht nennen, daraus macht“, so P. Überhaupt sei es eine Frechheit, dass sie sich jetzt dafür rechtfertigen müsse, so P. mit lauter Stimme.

Auch zu den gegenüber der „Kronen Zeitung“ geäußerten Mobbingvorwürfen wollte P. keine Angaben mehr machen. „Ist Ihr schlimmster Mobbingvorwurf weiterhin, dass Sie Radio Niederösterreich hören mussten?“, wollte Graf wissen. „Das war kein Mobbingvorwurf“, so P., nur ein Beispiel für die missliche Lage im Büro. Gefragt nach strafrechtlich relevanten Vorwürfen, riet P. der Abgeordneten erneut mit lauterer Stimme, im Protokoll der letzten Befragung nachzulesen. Auch den Hinweis, dass sich dort nichts finde, wollte die Zeugin nicht gelten lassen.

„Dann brechen wir dir alle Finger“

Auch die Aussage „Dann brechen wir dir alle Finger“, mit der die „Kronen Zeitung“ P. zitierte, wollte ebendiese auf Nachfrage nicht kommentieren – ebenso wollte P. nicht beantworten, wer die Drohung ausgesprochen hat. P. hielt auch geheim, wer in dieser Situation anwesend war – alles sei Gegenstand von Ermittlungen. Eine Strafanzeige habe sie nicht gemacht. „Ob ich jemand anzeigen will, bleibt mir überlassen“, so P. Graf hielt das anschließend für „unglaubwürdig“.

Zur „Kronen Zeitung“ sei sie zusammen mit ihrem Vater gegangen, gab P. auf mehrmalige Nachfrage von NEOS-Fraktionsvorsitzender Stephanie Krisper an. Das Gespräch mit dem Redakteur der „Kronen Zeitung“ habe einen Tag vor der ersten Befragung im U-Ausschuss im Herbst stattgefunden, so P.

„Motivationsschreiben sagt man, glaub ich, dazu“

Beworben habe sie sich beim BVT mit einem Lebenslauf und „mit einem, naja, Motivationsschreiben sagt man glaub ich dazu“, so Wirtschaftspsychologin P. Dass sie den Job nur aufgrund einer Intervention bekommen habe, wie auch BVT-Chef Peter Gridling meinte, ließ P. nicht gelten. „Schau‘n Sie, Sie tun ja grad so als wär ich Sektionsleiterin geworden. Als Sektionsleiterin brauchst du wen, aber Verwaltungspraktikanten gibt es hunderte.“

Ob es üblich sei als Praktikantin zu beginnen und dann Referentin zu werden, wisse sie nicht. „Wir (sie und eine Kollegin mit ähnlichem Werdegang, Anm.) sind natürlich sicherheitsüberprüft“, so P. Und sie gab weitere Einblicke in ihren Bewerbungsprozess: Der Name der Stelle, bei der sie sich beworben habe, „stehe im Internet“, so P. Nach einiger Zeit werde die Planstelle besetzt: „Ich muss mich da nicht bewerben“. Das Ziel eines Praktikanten sei es eben, übernommen zu werden, so P.

„Ich mach keine Karriere“

SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger sprach P. auf ein anonymes Schreiben an, wonach P.s Versetzung ins BVT „ein besonders krasses Beispiel für (…) korruptes Vorgehen“ sei. Sie sei nicht versetzt worden, sie habe sich beworben. Inwiefern die langjährige Du-Freundschaft zu Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hilfreich war – und ob es wahr sei, dass es im BVT gar keinen Bedarf für P. gab? Ob es Bedarf gab, „das müssen Sie meinen Vorgesetzten fragen“, sagte P., und zu ihren Beziehungen (ihr Vater war ÖVP-Landesrat in NÖ, Anm.) könne sie nichts sagen.

Sie sei eine eigenständige Person: „Ich finde das nicht in Ordnung, was sie hier betreiben“, fuhr P. die SPÖ-Abgeordnete an. „Für mich ist ein Lebenslauf nicht wichtig, ich mach keine Karriere.“ Sie habe auch nie gesagt, dass ein BVT-Job sich in ihrem Lebenslauf gut machen würde. „Das ist mir nicht wichtig“, so P. Von Mikl-Leitner habe sie vor der Bewerbung noch einen Tipp bekommen: „Mach bitte dieses Bewerbungsgespräch beim BVT gut, mach es besser als andere, weil auf dich wird sicher geschaut“, habe die Landeshauptfrau „gleich mehrere Male“ gesagt.

„Das muss wirklich ein Dummkopf sein“

FPÖ-Fraktionsführer Hans-Jörg Jenewein fragte P., was an Behauptungen, ihre Dienstprüfung sei „eine g’schobene Partie gewesen“, dran sei. Die Prüfungsfragen vorher zu bekommen, wäre technisch nicht möglich, so P. wütend. „Das ist eine bösartige Unterstellung“, so P. Zu behaupten, dass alle beteiligten (zwanzig) Lehrer korrupt sind, das sei „schon eine ziemliche Unterstellung“. Das könne nur jemand sagen, „der keine Ahnung hat, wie das abläuft, das muss wirklich ein Dummkopf sein.“

In der Asien-Abteilung des BVT sei sie „optimal aufgehoben“ gewesen, schließlich habe sie neun Jahre in Asien gelebt und „dort auf den Universitäten“ unterrichtet. Gefragt nach „Problemfeldern fürs BVT im asiatischen Raum“ antwortete sie: „Das sind fachspezifische Sachen, die darf ich nicht sagen.“ Klar sei, dass Abteilungsleiter W. mit ihren Analysen stets „äußerst zufrieden“ gewesen sei. „Ich hab ein sehr gutes Wissen und habe das immer sehr gut eingebracht“, versicherte P.

„Ich lasse mich nicht beleidigen“

Gegen Ende wurde es sogar ruppig: Ausschussvorsitzende Bures sah durch „Mimik und Gestik der Zeugin die Würde des Hauses verletzt“ und musste diese ermahnen. „Konzentrieren Sie sich darauf, die Fragen zu beantworten. Damit sind Sie eh beschäftigt“, so Bures zu der am Schluss schon etwas entnervt wirkenden Auskunftsperson. Gleich darauf wurde P. auch von der ÖVP-Abgeordneten Graf zurechtgewiesen, nachdem sie in Richtung der ÖVP-Fraktion abwertende Handbewegungen gemacht haben soll.

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Ausschussvorsitzende Doris Bures (SPÖ) und die Abgeordneten mussten während der Befragung P.s starke Nerven beweisen

„Sie erstellen hier klinische Diagnosen, obwohl Sie Wirtschaftspsychologin sind, Sie sprechen mit der ‚Krone‘, bevor Sie im BVT-Ausschuss aussagen, Sie bleiben dabei, dass jemand anderes etwas gesagt hat, obwohl diese Person dem widerspricht. Ich würde sagen, Sie lassen das Wort Psychologie aus Ihrem Wortschatz“, sagte Graf. P. reagierte darauf wütend: „Das lasse ich mir nicht gefallen. Das lasse ich mir von ihr nicht sagen. Ich lasse mich nicht beleidigen.“

„Nichtsahnende, die BVT überschwemmen“

Nach dem schrillen Auftritt P.s stand Sandra R., seit Beginn des BVT für ebendieses tätig, Rede und Antwort. Für Aufsehen sorgte sie mit der Aussage, wonach 95 Prozent des Konvoluts – also die gesammelten Anschuldigungen gegen das BVT – „gelogen“ seien, der Rest könnte wahr sein. Über die Passagen, in denen sie erwähnt wird, habe sie sich ziemlich „aufgeregt“. „Nichts davon entspricht der Wahrheit“, sie habe sich rechtliche Schritte vorbehalten.

Gleich ging es um Ex-BVT-Spionagechef Bernhard P., den sie als „netten Kerl“ beschrieb, ihn jedoch nicht als die beste Wahl für die Leitung dieses sensiblen Referats sah. Generell seien in den vergangenen Jahren immer mehr Personen ins BVT gekommen, deren Eignung nicht der Tätigkeit entspreche. In einem Mail schreib sie von „Nichtsahnenden, die das BVT überschwemmen“.

„Durch Beziehung zu ÖVP“ unantastbar

Auch wurde die Frage erörtert, was P. so unantastbar gemacht habe: „Seine Beziehung zur ÖVP.“ Er sei vor dem BVT Parlamentarier gewesen, es sei bekannt gewesen, dass er viele im Kabinett kenne. P. habe Weisungen nicht immer ernst genommen, und am nächsten Tag sei das wieder vom Tisch gewesen. Da habe man gemunkelt, dass P. über Kontakte in die ÖVP Dinge „gerichtet“ habe.

„Martin W. und Zöhrer (Wolfgang, ehemaliger Vizechef des BVT, Anm.)“ hätten diesen Eindruck geweckt oder verstärkt, R. betonte aber, dass es sich um Gerüchte handle und nicht um ihre eigenen Wahrnehmungen. Zur umstritten Postenbesetzung von Oliver L. sagte die Zeugin, am Ende habe sich herausgestellt, dass es 2:1 für den Wunschkandidaten von P. stand – und R. habe den Eindruck gehabt, dass dieses Mehrheitsverhältnis auf Intervention beruhe. Am Ende wurde die Stelle dann gar nicht besetzt.

Sie habe daraufhin ein Beschwerdemail verfasst, das habe auch Auswirkungen gehabt. Sie sei zu Zöhrer zitiert worden, und der habe ihr gesagt, dass es keinen Platz mehr im BVT für sie gebe. Der einzige Fehler, den sie gemacht habe, sei, dass „ich das Mail auch an den Kabinettschef geschickt habe". Generell habe sie in vielen Jahren „manches Mal schon den Eindruck gewonnen, dass Besetzungen von Planstellen nicht wie üblich erfolgten“, sagte R.

Verdacht der politischen Intervention zugunsten P.s

Bei P. habe sie den Verdacht, dass es eine politische Intervention im Hintergrund gab. Es habe keine Interessentensuche gegeben, andere – vermutlich besser qualifizierte Personen – seien nicht berücksichtigt worden. Es sei „unüblich gewesen“, so R., die zu P. aber grundsätzlich ein freundliches Verhältnis habe.