Möbel aus dem Amazon-Sortiment
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Amazon vs. Ikea

Tauziehen um den Onlinemöbelmarkt

Der Möbelmarkt ist eines der letzten großen Wachstumssegmente im Onlinehandel und dementsprechend hart umkämpft. Während Amazon versucht, das Tauziehen mit zwei neuen Eigenmarken für sich zu gewinnen, beabsichtigt auch Ikea, stärker ins Onlinegeschäft einzusteigen. Verheerende Folgen könnte das vor allem für kleine Player haben.

Pax, Billy und Malm haben seit Montag Konkurrenz von Moselle, Adour und Aveyron bekommen. Abgesehen von den Namen scheinen sich die Produkte von Amazons neuer Möbelserie jedoch kaum zu unterscheiden. Denn sowohl beim Design als auch beim Preis hat sich Amazon ganz offensichtlich am schwedischen Marktführer orientiert.

„Die Marke Movian bietet eine flexible und praktische Kollektion moderner, skandinavisch inspirierter Möbel“, heißt es in einer Aussendung. Zudem gibt es die Premiummarke Alkove, die „anspruchsvollere“ Stücke wie handgefertigte Ledersofas bietet. Das Sortiment soll zu „gegebener Zeit“ um Produkte aus den Bereichen Beleuchtung, Inneneinrichtung und Wohntextilien erweitert werden, so Amazon.

Onlinegeschäft im Möbelhandel zieht an

Zwar konnten Kunden und Kundinnen bereits zuvor Schränke, Tische und Betten beim weltweit führenden Onlinehändler kaufen, jedoch gab es für Europa bisher keine Eigenmarken – im Gegensatz zu den USA, wo bereits seit 2017 die Amazon-Möbelmarken Rivet und Stone & Beam existieren. Damit scheint Amazon einen Trend früh erkannt zu haben, birgt der Onlinemöbelvertrieb laut Experten und Expertinnen doch großes Wachstumspotenzial.

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Das handgefertigte Ledersofa der Premiummarke Alkove soll laut Amazon Kunden ansprechen, die „erstklassiges Design“ schätzen

Denn auch wenn Möbelumsätze im Onlinesegment mit 17 Prozent noch vergleichsweise gering sind, sieht etwa das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) positive Aussichten für die Zukunft. „Der Wunsch der Verbraucher, ein Produkt anzufassen und auszuprobieren, sowie der erschwerte Möbelumtausch beim Onlinekauf bremsen derzeit noch den Absatz von Möbeln im Internet“, sagte Patrick Ziechmann, Partner und Experte für den Bereich Handel und Konsumgüter bei PwC in Deutschland.

Das werde sich jedoch mittelfristig ändern: Bis 2020 erwarten die PwC-Experten einen Anstieg des Onlineumsatzes im Möbelhandel um 13 Prozent pro Jahr. Ziechmann rät den Möbelhäusern daher zu Multichannel-Konzepten, die auf stationäre Ausstellungsräume in Verbindung mit Onlinevertriebswegen und technologischen Neuerungen sowie unkomplizierte Umtauschprozesse für Onlinekäufe setzen.

Ikea reagiert auf Amazon-Möbelmarken

Den Trend scheint nun auch Ikea erkannt zu haben. Zwei Tage nach dem Launch der neuen Amazon-Möbelmarken kündigte der Chef der niederländischen Holdinggesellschaft Inter Ikea, Torbjörn Lööf, in einem Interview mit der „Financial Times“ („FT“, Mittwoch-Ausgabe) an, das Onlinegeschäft stärker fokussieren zu wollen.

So prüft der Möbelhändler etwa den Verkauf von Produkten bei anderen Onlinehändlern. Nachdem die Planungen länger als erwartet gedauert hätten, stehe der erste Testverkauf nun bevor – laut Lööf handle es sich bei den Onlineplattformen jedoch nicht um Amazon, möglicherweise aber um die chinesische Handels- und Kommunikationsplattform Alibaba.

Ikea im Wandel

Das schwedische Möbelunternehmen steckt mitten in einem umfassenden Konzernumbau. Ikea testet Leasingkonzepte für Möbel, außerdem sind kleinere Filialen in Innenstädten geplant – unter anderem auf dem Wiener Westbahnhof.

Branchenweite Onlineplattform möglich

Zudem könne man sich den Aufbau einer branchenweiten Onlineplattform gut vorstellen. Ikea befinde sich aber noch nicht in Gesprächen mit Konkurrenten, sagte Lööf. „Man bestimmt gerne sein eigenes Schicksal, wenn man also die Größe und die Möglichkeit hat, dann passt das“, sagte Lööf.

Dabei hob er den Onlinemodehändler Zalando als positives Beispiel für eine solche Plattform hervor. Zalando etablierte sich zu Europas größtem Onlinemodehändler, indem das Unternehmen Kleidung verschiedener Marken verkauft, ohne jedoch Inhaber dieser zu sein. In den nächsten fünf bis zehn Jahren könnte sich eine ähnliche Plattform für den Möbelmarkt entwickeln, so Lööf. Zudem will Ikea auch die eigene Website verbessern. Im Bereich Online und neue Ladenformate sollen 11.500 neue Jobs geschaffen werden.

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In der rechten Ecke des Pressebilds zu Movian steht ein Schaukelstuhl, der an das Ikea-Modell Grönadal erinnert

Konkurrenz für kleinere Player

Wie sich der Einstieg Amazons in den Onlinemöbelmarkt auf Ikea auswirkt, wird sich zeigen. Auf Anfrage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ") gab man sich seitens Ikea aber gelassen: „Wir freuen uns, wenn der skandinavische Wohnstil weitere Verbreitung findet“, hieß es da lediglich. Nicht ganz so gelassen dürften dagegen kleinere Player reagieren. So brach etwa der Aktienkurs des Berliner Start-ups und Onlinemöbelhändlers Home24 nach der Ankündigung von Amazons Markteintritts um sieben Prozent ein.

Dennoch zeigt sich der Unternehmenschef Marc Appelhoff optimistisch: „Wir wollen 2019 wichtige Meilensteine erreichen, um die Position von Home24 als erste Anlaufstelle in Kontinentaleuropa und Brasilien weiter auszubauen.“ Bis Ende des Jahres will man erstmals Gewinn schreiben. Eine Ankündigung, die den Aktienkurs am Mittwoch wieder kräftig stiegen ließ. Das Rennen um die Marktmacht im Onlinemöbelhandel dürfte spannend bleiben.