Das Gebäude der Statistik Austria in Wien
ORF.at/Michael Baldauf
Statistik Austria

Opposition fürchtet um Unabhängigkeit

Die Statistik Austria steht laut „Standard“ offenbar vor einem Totalumbau unter Federführung des Bundeskanzleramts. Vor allem die Pläne, die Außenkommunikation künftig vom Kanzleramt aus zu koordinieren, sorgen für scharfe Kritik vonseiten der Opposition. Die ÖVP wies die Vorwürfe zurück.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gab sich auf Nachfrage am Mittwoch zunächst bedeckt. „Das kann sein. Wir nehmen immer wieder Veränderungen vor, aber von meiner Seite ist nichts Konkretes geplant.“ Er habe nur Gerüchte vernommen, dass es in der Statistik intern Konflikte über Zuständigkeiten gebe, so der Kanzler. ÖVP-Pressesprecher Jochen Prüller sagte später gegenüber ORF.at: „Ja, die Statistik Austria soll unabhängig sein. Auch wandert die Kommunikation nicht ins Kanzleramt. Alle anderen Behauptungen sind Lügenpropaganda der SPÖ.“

Der „Standard“ berichtete am Dienstag über eine großangelegte Reformierung der Agentur. Eine Reformgruppe unter Leitung von Dieter Kandlhofer, Generalsekretär im Kanzleramt, solle „das Bundesstatistikgesetz überarbeiten und die Weichen für eine Neuorganisation der Statistik stellen“. Der Vertrag des SPÖ-nahen Direktors Konrad Pesendorfer soll nicht verlängert, die Analyseabteilung aufgelöst und die Pressestelle verkleinert werden, berichtete der „Standard“ (Mittwoch-Ausgabe).

Laut „Standard“ soll die Außenkommunikation der Statistik künftig vom Kanzleramt aus koordiniert werden. Die Regierung wolle im Zuge der Strategie früh an Informationen gelangen, um diese in der Öffentlichkeit selbst interpretieren und präsentieren zu können.

Wechsel an Spitze offenbar fix

Fix soll dem „Standard“-Bericht zufolge ein Wechsel in der Führungsetage sein. Der Vertrag Pesendorfers soll nach seinem Auslaufen im Jahr 2019 nicht verlängert werden. Pesendorfer war Mitarbeiter im Kabinett von Ex-Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und wurde von diesem 2010 an die Spitze der Agentur bestellt. Die Agentur wurde bereits 2000 aus der Bundesverwaltung ausgegliedert, die Aufsicht übernimmt seither jedoch das Bundeskanzleramt.

Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer
APA/Herbert Pfarrhofer
Der Vertrag von Pesendorfer soll nicht verlängert werden

Pesendorfer hatte in seiner Amtszeit die Außenkommunikation gestärkt und statistische Daten in einen gesellschaftspolitischen Kontext gestellt. Die Regierung sieht diese Vorgangsweise laut „Standard“ äußerst skeptisch. Sie wolle die Außenkommunikation der Einrichtung an sich ziehen.

Der jetzige Generaldirektor wehre sich gegen den Umbau, sei aber nicht Mitglied der Reformgruppe, heißt es. Die zweite Generaldirektorin der Statistik Austria, Gabriela Petrovic, die für kaufmännische Angelegenheiten des Hauses zuständig ist, sei hingegen schon in der Reformgruppe.

SPÖ und NEOS besorgt

Die kolportierten Umbaupläne der Statistik Austria sieht SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda als „massiven Einschnitt in die Unabhängigkeit dieser wichtigen Institution“: „Ich fordere ÖVP-Kanzler Kurz, der nichts davon wissen will, auf, diese Umbaupläne zu stoppen und von der Instrumentalisierung der Statistik Austria für seine Message-Control Abstand zu nehmen.“

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger zeigte sich aufgrund der Berichte über die Neuorganisation der Statistik Austria besorgt. Das Hauptproblem sei die Bindung an die Kommunikation des Kanzleramts: „Wenn nur noch das Bundeskanzleramt bestimmt, wann welche Zahlen, Daten, Fakten berichtet werden, dann ist der Weg in Richtung gelenkte Demokratie nicht mehr weit.“ Eine wirklich unabhängige Statistik Austria müsse dem Parlament zugeordnet werden, meinen NEOS und SPÖ unisono.

Auch Jetzt-Klubobmann Bruno Rossmann forderte die weitere Unabhängigkeit der Statistik Austria: „Eine derartige politische Kontrolle von Information rüttelt an den Grundfesten der Demokratie.“ Die durchgesickerten Pläne seien mehr als eine bloße Umfärbung: „Wissen ist Macht, und die soll sich offenbar noch stärker beim Bundeskanzler konzentrieren.“