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„Unfaire Geschäftspraktiken“

BWB nimmt Ermittlungen gegen Amazon auf

Unfaire Geschäftspraktiken wie Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung und Verdacht auf Verstöße gegen österreichisches sowie europäisches Kartellrecht – Amazon ist ins Visier der österreichischen Behörden geraten und muss sich nun einem Ermittlungsverfahren stellen.

Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat auf die bereits im vergangenen Dezember eingereichte Beschwerde des Handelsverbandes gegen Amazon reagiert und ein Ermittlungsverfahren gegen den Onlinehandelsriesen eröffnet. Das teilte die BWB am Donnerstag mit. Geprüft werde der Verdacht auf Verstöße gegen österreichisches und europäisches Kartellrecht.

Dabei soll untersucht werden, ob Amazon seine „marktbeherrschende Stellung gegenüber Händlern missbraucht, die auf dem Amazon-Marktplatz aktiv sind und auf diesen angewiesen sind“, schreibt die BWB.

Zahlreiche Beschwerden heimischer Händler

Als Beschwerdeführer fungiert der Handelsverband, der vor allem die Doppelrolle Amazons als größter Händler und größter Marktplatz kritisiert. Das berge „Potenzial für Behinderungen anderer Händler auf der Plattform“, heißt es in einer Aussendung. Es bestehe unter anderem der Verdacht, dass der Onlinehandelsriese seine eigenen Angebote gegenüber denen anderer Händler bevorzuge. Darüber hinaus soll überprüft werden, unter welchen Bedingungen Amazon österreichischen Händlern überhaupt Zutritt zu seinem Marktplatz gewährt.

Kartellrecht

Unternehmer sind einerseits verpflichtet, die inhaltlichen und formellen Regeln zur Erhaltung funktionierenden Wettbewerbs zu beachten, können anderseits die Behörden aber auch auf Regelverstöße hinweisen.

Die BWB reagiert damit auf zahlreiche Beschwerden heimischer Händler, die vom Handelsverband im Dezember 2018 eingereicht wurden. In den Beschwerden war die Rede von unbegründeten und plötzlichen Sperren von Händlerkonten sowie von der Verpflichtung, die Einkaufspreise offenzulegen, schreibt die Behörde in ihrer Aussendung. Zudem habe Amazon falsche Lieferangaben hinzugefügt, und Produktrankings seien ohne Begründung verloren gegangen.

Eine Klage gegen Amazon werde für heimische Händler außerdem durch die bestehenden Gerichtsstandklauseln erschwert. Amazon hat seinen Gerichtsstand in Luxemburg. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch das Kartellgericht gilt die Unschuldsvermutung.Wie lange die Ermittlungen dauern, sei noch nicht abschätzbar.

Amazon zeigt sich kooperativ

Amazon will die anlaufenden Ermittlungen nicht kommentieren, zeigt sich jedoch kooperativ. „Wir werden jedoch vollumfänglich mit der BWB kooperieren und weiterhin daran arbeiten, kleine und mittlere Unternehmen in ihrem Wachstum zu unterstützen“, hieß es vonseiten des Konzerns auf APA-Anfrage.

„Amazon ist immer dann erfolgreich, wenn seine Verkäufer erfolgreich sind“, fügte ein Amazon-Sprecher am Donnerstag hinzu. „Die Verkäufe der Händler wachsen doppelt so schnell wie die von Amazon selbst in der EU.“ Zudem gebe Amazon jedes Jahr Milliarden aus, um den Verkäufern und Verkäuferinnen zu helfen, erfolgreich zu sein. Dabei würden die größten Investitionen in Fulfillment – also in die Einlagerung und Verteilung der Produkte – und das Vertriebsnetz fließen.

Löger ortet Ungleichgewicht

Im Rahmen der Ermittlungen sind laut BWB Gespräche mit Amazon geplant, haben bisher aber noch nicht stattgefunden. Zudem will die heimische Behörde in ihren Ermittlungen eng mit dem deutschen Kartellamt zusammenarbeiten, das Amazon bereits seit November 2018 im Visier hat.

Ermittlungen gegen Amazon

Österreich ermittelt nun gegen den US-Onlinehändler Amazon. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat ein Verfahren eingeleitet, wegen des Verdachts auf Verstöße gegen das Kartellrecht.

Positive Reaktionen zu der BWB-Entscheidung gab es heute bereits von Wirtschaftsministerin und Digitalministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Auch Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) stellte sich hinter die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde. Er ortet in dem Verdacht der BWB, dass Amazon österreichische Händler gegenüber seinen eigenen Angeboten benachteilige, einen weiteren Hinweis auf ein Ungleichgewicht zwischen traditioneller und digitaler Wirtschaft.

ÖVP: Onlinehandel „kein rechtsfreier Raum“

„Denn während die traditionelle Wirtschaft durchschnittlich mit 23 Prozent besteuert wird, kommt die digitale Wirtschaft mit durchschnittlich 9 Prozent davon“, so Löger laut einer Aussendung. „Mit dem ‚Digitalen Besteuerungspaket‘ fordern wir daher mehr Fairness ein und sorgen dafür, dass künftig auch digitale Großkonzerne mehr in den Steuertopf einzahlen.“

In die gleiche Kerbe schlägt Theodor Thanner, Generaldirektor der BWB: „Die digitale Welt ist kein rechtsfreier Raum. Auch global agierende Unternehmen müssen sich an die österreichischen Gesetze halten“, kommentierte er die Entscheidung. Dem pflichtet auch Schramböck bei: „Der Onlinehandel darf kein rechtsfreier Raum sein, und auch die großen internationalen Konzerne müssen sich an unsere Regeln halten.“

Bundeswettbewerbsbehörde

Die BWB ist eine mit Aufgriffs-, Ermittlungs- und Antragskompetenzen ausgestattete Bundesbehörde und ist organisatorisch beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft angesiedelt.

Das Wirtschaftsministerium setze sich für faire Rahmenbedingungen im Umgang mit internationalen Onlinehändlern ein und habe bereits Maßnahmen diesbezüglich gesetzt, wie „etwa die Umsatzsteuerpflicht für Pakete aus Drittstaaten ab dem ersten Cent und auch die geplante Digitalkonzernsteuer auf Onlinewerbung“, so Schramböck. Zudem denke das Ministerium Nachschärfungen beim Preisauszeichnungsgesetz an.

„Richtungsweisende“ Entscheidung

Der Handelsverband sieht das anders: „Seit mittlerweile drei Jahren zeigen wir auf, wo hier die Probleme liegen. Die Politik hat den Markt seither trotz aller Bemühungen nicht sinnvoll regulieren können“, kritisierte Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, am Donnerstag laut Aussendung.

Über die Entscheidung der BWB ist man aber bei der Interessenvertretung ebenfalls erfreut. „Wir freuen uns als Beschwerdeführer sehr über diese grundsätzliche und richtungsweisende Entscheidung und werden uns weiterhin mit aller Kraft für FairCommerce im Online-Handel einsetzen“, so Will.

WK Handel für Dialog statt Konfrontation

Die Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßte zwar die Ermittlungen gegen Amazon, sieht den Marktplatz des Onlinehändlers aber auch als Chance für kleine Unternehmen, sich einem breiten Publikum zu öffnen. „Man kann es mit der Keule machen oder auch in Dialogform“, sagte Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel, im APA-Gespräch.

Statt auf Konfrontation setze die WKÖ auf Dialog und habe Kontakt zu Amazon aufgenommen. Im Falle von unfairen Handelspraktiken stehe man als Mediator zur Verfügung. Die Vorgehensweise des Handelsverbands möchte Thalbauer „weder kritisieren noch in den Himmel heben“. Das sei ein Weg, diesem Problem entgegenzutreten.

„Man kann Amazon als hervorragendes Marketinginstrument nutzen“, sagte Thalbauer. Firmen müssten aber dennoch parallel ihre eigene Onlinestrategie aufbauen. Im April startet die Handelssparte der WKÖ ein Coaching-Programm für Unternehmen, die ihre Onlinepräsenz aus- und aufbauen wollen. Dort sollen die Firmen auch auf Gefahren hingewiesen werden, die es im Zusammenhang mit Marktplätzen wie Amazon, eBay, Willhaben und Co. gibt.