Der spanische Premier-Minister Pedro Sanchez
APA/AFP/Pierre-Philippe Marcou
Regierung gescheitert

Spanischer Premier ruft Neuwahl aus

In Spanien wird Ende April ein neues Parlament gewählt. „Ich habe die Auflösung des Parlaments und die Einberufung der Parlamentswahl für den 28. April vorgeschlagen“, erklärte der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez nach einer Sondersitzung des Kabinetts am Freitag in Madrid.

Am selben Tag stehen in Spanien Kommunal- und Regionalwahlen an. „Spanien hat keine Minute zu verlieren, Spanien muss vorwärtskommen“, so der sozialistische Politiker weiter. „Vor der Entscheidung, nichts zu tun und ohne Etat weiterzumachen einerseits,und die Spanier zur Stimmabgabe aufzufordern andererseits, wähle ich das Zweite.“ Die nächste reguläre Parlamentswahl wäre eigentlich erst im Juni 2020 fällig gewesen.

Der Wahlkampf soll zwar erst in den Osterferien beginnen, doch Sanchez pries bereits nach der Verkündung der Neuwahl die Vorzüge seiner Regierung. In nur acht Monaten habe seine Regierung alles versucht, um Spanien voranzubringen – wirtschaftlich und vor allem sozial, erklärte Sanchez. Man wollte eine sozial verträglichere Arbeitsmarktreform einführen, die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen verbessern, die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männer abschaffen.

„Das sozialste Budget seit Jahrzehnten“

Man plante die Pensionen zu verbessern, die Euthanasie zu erleichtern, Projekte gegen die immer noch hohe Jugendarbeitslosigkeit anzustoßen. Sanchez wollte mehr Gelder in Wissenschaft, in Klimaschutz und in die Rückführung junger Spanier investieren, die während der Krise ins Ausland abgewandert sind. Das neue Budget sollte diese Gesetzesinitiativen unterstützen. „Es wäre das sozialste Budget seit Jahrzehnten geworden“, so Sanchez.

Hintergrund für die Neuwahl ist das Scheitern des Haushaltsentwurfs der Regierung für 2019 im Parlament. Sanchez und seine Partei PSOE verfügen über keine eigene Mehrheit, sondern nur über rund ein Viertel der Sitze. Der Regierungschef, der seit Juni 2018 im Amt ist, stützte sich bisher auf die linkspopulistische Partei Podemos sowie auf zwei separatistische Parteien aus Katalonien. Diese beiden verweigerten ihre Zustimmung zum Budgetentwurf.

Prozessauftakt in Spanien
Reuters/J.J. Guillen
Zwölf führenden Vertretern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung wird seit Dienstag in Madrid der Prozess gemacht

Der PSOE gelang Ende Mai 2018 das Kunststück, erstmals in der demokratischen Geschichte des Landes eine Regierung per Misstrauensantrag zu stürzen, womit PSOE-Chef Sanchez automatisch zum Nachfolger des konservativen Premiers Mariano Rajoy wurde. Allerdings verfügte die PSOE nach ihrer Schlappe bei der Parlamentswahl im Jahr 2016 nur über 84 der insgesamt 350 Sitze im spanischen Parlament. Die Regierung des 46-jährigen Sanchez stand somit von Anfang an auf wackligen Beinen.

„Geisel“ der Katalanen

Hintergrund der verweigerten Unterstützung der katalanischen Parteien ist der am Dienstag vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid begonnene Prozess gegen zwölf führende Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung. Der auf drei Monate angesetzte Prozess spaltet das Land. Umstritten ist unter anderem der Vorwurf der gewaltsamen „Rebellion“, aufgrund dessen den Angeklagten Haftstrafen von bis zu 25 Jahren drohen.

Neuwahlen in Spanien

Spanien wählt sein Parlament am 28. April neu. Hintergrund sind Budgetstreitigkeiten. Premier Sanchez zog daraufhin mit seiner Minderheitsregierung die Notbremse.

Vertreter der katalanischen Separatistenparteien forderten unter anderem, dass sich der Regierungschef gegen harte Urteile ausspricht und zudem einer Debatte über das Selbstbestimmungsrecht der Katalanen zustimmt. Wegen Forderungen wie diesen bezeichnete etwa die konservative Tageszeitung „El Mundo“ den spanischen Premier als „Geisel“ der Katalanen.

Proteste in Spanien
AP/Andrea Comas
Zehntausende folgten am Sonntag dem Ruf der Opposition und forderten auf Madrids Straßen eine vorgezogene Neuwahl

„Sanchez hat uns belogen“

Sanchez wurde bereits zuvor von einer immer lauter werdenden Neuwahlforderung der Opposition bedrängt. Erst am Sonntag waren Zehntausende dem Aufruf der konservativen Volkspartei (PP), der liberalen Ciudadanos und der rechtspopulistischen Vox, in Madrid für eine Neuwahl auf die Straße zu gehen, gefolgt. Der Hauptvorwurf: Die Regierung sei den Separatisten gegenüber zu nachgiebig. Sanchez sei ein „Verräter“, der die Einheit des Landes aufs Spiel setze, sagen die politischen Gegner.

Jüngsten Umfragen zufolge könnte Sanchez’ PSOE bei einer vorgezogenen Parlamentswahl zwar stärkste Partei werden, für PP und Ciudadanos gibt es mit Vox aber einen möglichen neuen Bündnispartner und somit eine größere Chance auf eine Regierungsmehrheit. Ein Vorbild für dieses Bündnis gibt es bereits in Andalusien, wo PP und Ciudadanos mit Hilfe der Vox-Stimmen erst vor wenigen Wochen die Regierung bildeten.