Bundespräsident Thomas Klestil und US-Präsident Bill Clinton 1995 im Weißen Haus
APA/AFP/Richard Ellis
Chronologie

Beziehungen nicht immer problemfrei

Der am Donnerstag beginnende Besuch des US-Außenminister Mike Pompeo in Wien ist ein neuerlicher Ausdruck der zuletzt deutlich intensivierten diplomatischen Beziehung zwischen den USA und Österreich. Während er Deutschland bei jeder Gelegenheit kritisiert, sucht US-Präsident Donald Trump seit seinem Amtsantritt die Allianz mit kleineren mitteleuropäischen Staaten – darunter Österreich. Aber das Verhältnis zu Washington war nicht immer friktionsfrei.

Ein Kanzlerbesuch in Washington wäre fast ins Wasser gefallen. Im Mai 1987 war Franz Vranitzky immensem Druck ausgesetzt, sein Treffen mit US-Präsident Ronald Reagan im Weißen Haus abzusagen. Kurz zuvor hatten die USA nämlich ein Einreiseverbot gegen den damaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim verhängt.

Doch auch abseits der „Watchlist“-Affäre waren die Beziehungen nicht immer problemfrei. Im Zuge der Affäre um die Kriegsvergangenheit Waldheims hatte das US-Justizministerium Waldheim Ende April 1987 auf die „Watchlist“ gesetzt, eine Liste von Personen, die nicht in die USA einreisen dürfen. Vranitzky reagierte empört und übte scharfe Kritik an der Entscheidung, die die bilateralen Beziehungen „überschattet“.

Gleichwohl hatte wohl kein Kanzler vor und nach ihm so große Medienaufmerksamkeit bei einem USA-Besuch. Vranitzkys damalige außenpolitische Beraterin Eva Nowotny sprach gegenüber der APA von einem „enormen politischen Stellenwert für Gespräche mit einem österreichischen Regierungschef“.

„Nicht als Bittsteller“

Vranitzky räumte nach dem Treffen mit Reagan öffentlich ein, dass er „gegen den Ratschlag verschiedener Seiten“ an der Visite festgehalten habe. Es sei besser, Probleme zu besprechen, als in Isolation zu gehen, führte der SPÖ-Kanzler in Richtung der ÖVP aus. Vor seiner Abreise aus Wien hatte er versichert, dass er „als gleichberechtigter Partner und nicht als Bittsteller“ in die USA fahre.

Freilich war die „Watchlist“-Entscheidung auch in den USA nicht unumstritten. Die Entscheidung sei „ein Schlag ins Gesicht“ Österreichs gewesen, empört sich heute noch die frühere US-Botschafterin in Wien, Helene van Damm (1983–86). Sie bedauere, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr Missionschefin in Österreich gewesen sei, sagte sie der APA. Mit einem kräftigen Ja beantwortete sie dabei die Frage, ob sie das Einreiseverbot für Waldheim verhindert hätte.

Staatsbesuch für Klestil

Die Waldheim-Affäre sollte das bilaterale Verhältnis zwischen Wien und Washington mehrere Jahre lang belasten. Vranitzky versuchte auch Reagans Nachfolger George H. W. Bush bei einem Treffen im Jahr 1990 von einer Aufhebung des Einreiseverbots zu überzeugen. Nach dem Ende von Waldheims Amtszeit im Jahr 1992 verlor das Thema an politischer Brisanz, Waldheims Nachfolger Thomas Klestil – ein ehemaliger Tennispartner der republikanischen Präsidenten Reagan und Bush senior – wurde im Jahr 1995 sogar mit einem Staatsbesuch in den USA „geadelt“.

Im Jahr 2001 unternahm Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) einen weiteren Versuch, Waldheim von der „Watchlist“ wegzubekommen, scheiterte aber neuerlich. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine weitere Delle in den bilateralen Beziehungen überwunden. Der Regierungseintritt der FPÖ im Februar 2000 war nämlich auch von der US-Regierung kritisiert worden. Die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright zeigte Verständnis für die „Sanktionen“ der EU-14 gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung und betonte: „In Europa ist kein Platz für eine Politik des Hasses. Wir haben den Virus in der Vergangenheit verbreiten lassen. Wir werden nicht zulassen, dass er unsere Zukunft infiziert.“

Im April 2000 drückte das US-Repräsentantenhaus in einer Resolution sein „tiefes Bedauern“ über die Beteiligung der FPÖ an der österreichischen Regierung aus. Albright hatte jedoch darauf hingewiesen, dass die Regierung „mittels einer demokratischen Wahl“ zustande gekommen sei und „an ihren Taten gemessen“ werden solle.

Einigung in Streit über NS-Entschädigungen

Belastend wirkte sich insbesondere der Umgang Österreichs mit seiner NS-Vergangenheit aus. Ganz bewusst machte die ÖVP-FPÖ-Regierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel daher in dieser Frage konkrete Schritte. So wurden im Oktober 2000 im Beisein von US-Vizefinanzminister Stuart Eizenstat internationale Verträge zur Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter unterzeichnet. Fünf Jahre später gab Schüssel wohl nicht zufällig im Anschluss an einen Termin im Oval Office „mit großer Freude“ bekannt, dass bei den NS-Entschädigungen Rechtsfrieden erzielt worden sei.

Während Schüssel und der damalige US-Präsident George W. Bush bezüglich der Vergangenheitsbewältigung Harmonie demonstrierten, ging der Kanzler als antretender EU-Ratspräsident außenpolitisch klar auf Distanz zu seinem Gastgeber. Vor dem Hintergrund der umstrittenen CIA-Gefangenenflüge über Europa pochte Bush auf die Achtung der Menschenrechte.

Wie sich die damalige österreichische Botschafterin in Washington, Nowotny, erinnert, habe Bush mit folgenden Worten repliziert: „Herr Kanzler, wir lassen uns nicht gerne die Hände binden.“ Der Kanzler formulierte es damals folgendermaßen: „Es war ein sehr offenes Gespräch, mit gegenseitigem Eingehen auf Argumente.“

Solidarität und Spannungen

Nachdem sich Österreich nach den Terroranschlägen des 11. September solidarisch mit den USA gezeigt hatte, führte die aggressive US-Politik im Kampf gegen den Terror bald zu Friktionen. Neben dem Irak-Krieg und der Internierung von mutmaßlichen Terroristen in Guantanamo unter Bush sorgten unter dessen Nachfolger Barack Obama die Enthüllungen über US-Spionageaktivitäten für Spannungen.

Im Jahr 2013 mussten die USA zugeben, dass auch Daten österreichischer Internetnutzer abgesaugt wurden. Zwei Jahre später erstattete die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Anzeige gegen unbekannt nach Berichten über NSA-Spionage in Österreich.

Reagan mit Lippizaner bedacht

Differenzen allgemeiner außenpolitischer Natur gab es unter Bundeskanzler Bruno Kreisky, dessen pointierte Nahost-Politik für die US-Präsidenten eine „nuisance“ (Ärgernis) war, wie Nowotny berichtete. US-Präsident Ronald Reagan ignorierte bei einem Besuch Anfang 1983 Kreiskys Ausführungen.

Milde stimmte den Pferdenarren wohl, dass er wenige Monate zuvor von einer österreichischen Delegation einen Lipizzaner als Leihgabe bekommen hatte. Der im November 1982 geschenkte Gaul Maestoso Bianca – anders als Waldheims Pferd historisch unbelastet – schmückte damals die Titelseiten vieler US-amerikanischer Tageszeitungen.