Flüchtlingslager auf Manus
AP/AAP/Aziz Abdul
Australiens Asylcamps

Deal mit Sicherheitsfirma in schiefem Licht

Der Kurs Australiens in der Flüchtlingspolitik sorgt in regelmäßigen Abständen für Schlagzeilen. Derzeit ist es allerdings der Unternehmenssitz einer Sicherheitsfirma, die für den Betrieb von Camps zuständig ist. Dabei habe es sich bis vor Kurzem um eine Strandhütte gehandelt, hieß es am Montag – ungewöhnlich nicht nur, weil das Unternehmen jeden Monat Millionen aus Canberra überwiesen bekommt.

Kritik an dem Deal mit der „obskuren“ Firma, hieß es am Montag in australischen Medienberichten, lasse die Regierung in Canberra nicht gelten. Man habe es eilig gehabt, ein Unternehmen für den Betrieb der Auffangcamps im Pazifik zu finden. Das Unternehmen namens Paladin Holdings führt auf seiner Website mehrere Firmensitze und Subunternehmen an, darunter in Singapur, auf Timor (Indonesien) und in Papua-Neuguinea. Eine genaue Anschrift findet sich dort nicht.

Das Unternehmen mit – nach eigenen Angaben – australischen Eigentümern habe den besagten Unternehmenssitz in der Strandhütte auf der Känguru-Insel eingerichtet, offenbar gebe es dort aber niemanden, der ein Telefon abheben könnte, ätzte die „Australian Financial Review“. Die Zeitung berichtete zuletzt auch, dass das Unternehmen seine Eigentümerstruktur verändert und Informationen von seiner Website verschwinden habe lassen. Sie vermutet Verbindungen zur Politik.

Teure „Transitzentren“ auf Pazifikinseln

Nach australischen Medienberichten lässt sich Canberra den Vertrag mit der privaten Sicherheitsfirma rund 17 Mio. australische Dollar (fast elf Mio. Euro) pro Monat, insgesamt über eine längere Laufzeit mehr als 420 Mio. australische Dollar (etwa 265 Mio. Euro) kosten. So viel koste der Betrieb dreier „Transitzentren“ in Flüchtlingscamps auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Regenwaldinsel Manus im Pazifik.

Fragen, warum gerade Paladin den Auftrag erhalten hat, hatten laut australischen Medien nicht lange auf sich warten lassen. Schließlich habe das Unternehmen, das nach eigenen Angaben seine Dienste in „unsicheren und schwierigen Umfeldern“ im Asien-Pazifik-Raum anbietet, wenig Erfahrung, außerdem gebe es Kontakte zu einem – namentlich nicht genannten – „höheren“ Politiker in Papua-Neuguinea. Nachdem besagte Fragen aufgetaucht seien, habe Paladin seine Firmenadresse von der Insel vor der Südküste Australiens in die Hauptstadt Canberra verlegt, berichtete die „Australian Financial Review“.

Eile und möglichst wenig „Lärm“

Das australische Innenministerium begründete den Zuschlag für die Firma mit seinerzeitiger Eile. 2017 hatte der oberste Gerichtshof des Inselstaates befunden, die australischen Camps auf Papua-Neuguinea seien nicht verfassungskonform.

Flüchtlingscamp auf Manus
APA/AFP/Refugee Action Coalition
Die Camps gleichen teils notdürftigen Unterkünften

Es drohte die Schließung, Paladin sei als Bieter im Vorteil gewesen, da das Unternehmen bereits für Papua-Neuguinea tätig gewesen sei. Außerdem habe es gegolten, unnötigen „Lärm“ bezüglich der Lager zu vermeiden. Innenstaatssekretär Mike Pezzullo wurde mit den Worten zitiert, man habe es mit einer „dringlichen Situation“ zu tun gehabt.

Lieber nicht anstreifen

Einige Unternehmen wollten in dem Geschäft auch nicht mehr bieten, hieß es weiters. Grund sei scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen auch an ihnen, nachdem es immer wieder Berichte über Elend und Missbrauch in den Camps gebe. Generalstaatsanwalt Christian Porter habe die Verträge mit Paladin noch am Wochenende verteidigt, will sich aber die angeblichen Verbindungen zur Politik ansehen.

Flüchtlingscamp auf Manus
APA/AFP/Refugee Action Coalition
Provisorisches Hygieneangebot in Containern

Innenminister Peter Dutton, maßgeblich verantwortlich für den rigiden Kurs gegen die Bootsflüchtlinge, will an der ganzen Causa offenbar gar nicht anstreifen. Er habe mit dem Auswahlverfahren nichts zu tun gehabt, wurde er zitiert. Dieses sei auf Beamtenebene abgewickelt worden. Papua-Neuguinea wolle ebenfalls nichts mit Vergabe des Auftrags zu tun haben.

„Null Toleranz“-Politik

Beamte aus seinem Ministerium sollen nun bei Parlamentsanhörungen befragt werden. Senator Murray Watt von der oppositionellen Labor-Partei forderte die Regierung auf, die Frage zu beantworten, „warum eine Firma, von der noch nie jemand gehört hat, Verträge über 400 Millionen Dollar aus Steuergeldern erhält“.

Australien wird wegen seiner harten „Null Toleranz“-Politik zur Abschreckung von Flüchtlingen seit Jahren kritisiert. Das Land bringt alle Flüchtlinge, die per Boot nach Australien kommen wollen und dabei aufgegriffen werden, in Lager auf der Insel Manus (Papua-Neuguinea), im Pazifikstaat Nauru und auf der Weihnachtsinsel südlich von Java. UNO und Menschenrechtsorganisationen haben die dortigen Lebensbedingungen mehrfach scharf kritisiert. Im Mai findet in Australien eine Parlamentswahl statt. Die Flüchtlingspolitik ist ein zentrales Wahlkampfthema.