Mönchsittich
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Papageienplage

Grüne Invasion in Spaniens Metropolen

Sie sind grellgrün gefiedert, laut und zunehmend eine Plage in spanischen Metropolen: wilde Papageien, die – eigentlich in ganz anderen Weltgegenden beheimatet – sich dort unkontrolliert vermehren. Die Forderungen, der grünen Invasion Einhalt zu gebieten, werden lauter.

Zum einen geht es um Mönchssittiche, die ursprünglich aus Argentinien und den angrenzenden Staaten stammen, zum anderen um Halsbandsittiche, die in Pakistan und Indien heimisch sind. Die Vögel sind Nachkommen von entflogenen oder ausgesetzten Käfigtieren und erobern rasant den städtischen Raum. Hier finden die Exoten reichlich Nahrung, Schutz vor Kälte und geeignete Nistplätze. Auch sind sie kaum natürlichen Feinden ausgesetzt.

So avancierte Madrid, wie die „Süddeutsche Zeitung“ in einem aktuellen Artikel schreibt, zur „spanischen Hochburg des Mönchssittichs“, der übrigens als einzige Papageienart ein Nest baut. 2006 wurden im Stadtgebiet knapp 300 Nester gesichtet, und die Zahl der wild lebenden Papageien auf 1.400 geschätzt. Zehn Jahre später waren es schon 1.500 Nester und mehr als 5.000 Vögel.

Gegner klagen über Lärm und Kot

Neben dem Mönchssittich macht sich auch der deutlich größere und ebenfalls grüne Halsbandsittich in Spanien breit. Seine Hochburg ist laut „Süddeutscher Zeitung“ Barcelona, wo die Winter nicht ganz so rau sind wie in Madrid. Als Höhlenbrüter hat er sich den Gegebenheiten der Stadt hervorragend angepasst. In vielen Vierteln der Stadt haben Halsbandsittiche ganze Kolonien gebildet.

Mönchsittiche
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Die Papageien haben sich dem Klima angepasst und schaffen es meist gut durch den Winter

Wegen ihres lauten Gezwitschers werden die Sittiche von vielen als Ärgernis empfunden. Außerdem hinterlassen die Tiere haufenweise Kot. Gegner argumentieren, dass sie heimische Vögel und Fledermäuse, die ihre Nester ebenfalls in Baum- oder Mauerlöchern bauen und den Sittichen körperlich unterlegen sind, verdrängen, und fordern, ihre Vermehrung einzudämmen.

Vogelfreunde verteidigen Exoten

Für die Verteidiger der Sittiche wiederum sind sie willkommene Exoten aus wärmeren Gefilden, die geschützt werden müssen. Dass die Population heimischer Vogelarten zurückgeht, führen sie darauf zurück, dass die Städte dicht bebaut sind und es dort kaum noch Grünflächen gibt. Verantwortlich für den Rückgang sei also der Mensch – und nicht der gefiederte Konkurrent.

Mönchsittiche
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Wildlebende Mönchssittiche bevölkern viele Parkanlagen in Madrid

Ornithologen räumen zwar ein, dass die Papageien Singvögel bei der Nahrungssuche verdrängen. Auch sei nicht auszuschließen, dass Papageien Keime übertragen, die ihnen selbst nichts anhaben können, andere Vogelarten aber töten. Doch sei die Anzahl der Exoten zu klein, um ökologische Auswirkungen auf das Wachstum der einheimischen Vogelpopulationen zu haben. „Dass Sittiche anderen Arten schaden, ist einfach falsch“, sagt etwa der Papageienspezialist Roelant Jonke.

„Sie werden hier bleiben“

Außerdem lasse sich die Uhr ohnehin nicht mehr zurückdrehen. Man müsse die Halsbandsittiche einfach akzeptieren, so der Biologe: „Sie sind hier, und sie werden hier bleiben.“ Die Zahl der wilden Papageien in Europa steigt rasch, in den vergangenen 30 Jahren sei ihr Anteil stärker gewachsen als der aller anderen Vogelarten, wie Forscher feststellen. Auch in Belgien, den Niederlanden, Deutschland und Großbritannien hat sich der Halsbandsittich inzwischen ausgebreitet.

Halsbandsittich
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So schön Halsbandsittiche sind, in Indien gelten sie als Schädlinge

Im Wissenschaftsmagazin „Biological Invasions“ wurde er unter den hundert invasivsten Arten in Europa gelistet. Die Europäische Union nahm den Vogel dagegen bisher nicht auf ihre Liste invasiver Arten, deren Bestand in allen Mitgliedsländern kontrolliert werden muss. Als invasiv werden Arten bezeichnet, die sich rasch und unkontrolliert ausbreiten und negative ökologische, soziale, gesundheitliche oder wirtschaftliche Auswirkungen haben.

Landwirtschaft fürchtet Schäden

Halsbandsittiche gelten im heimatlichen Indien oder auch in Israel als Landwirtschaftsschädlinge. Wegen des milderen Klimas breiten sie sich dort auch außerhalb städtischer Gebiete aus und haben es besonders auf Sonnenblumen- und Maisfelder abgesehen. Auch auf Obstplantagen fühlen sich die Halsbandsittiche wohl. Beim Forschungsnetzwerk ParrotNet heißt es: „Die klimabedingte Ausbreitung der Sittich-Populationen in Europa wird zunehmenden Druck auf die Wirtschaft ausüben.“ Aus einigen spanischen Regionen gebe es bereits Berichte über Ernteschäden. Noch würden sich diese aber in Grenzen halten.