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ORF.at/Dominique Hammer
Halber Feiertag

Breite Kritik an Karfreitag-Kompromiss

Die von der Regierung am Dienstag präsentierte Lösung für den Karfreitag stößt auf Kritik von vielen Seiten. Künftig soll der Tag ein halber Feiertag sein, ab 14.00 Uhr haben alle frei. Noch ist aber nicht klar, wie etwa der Handel damit umgeht. Neben Kirchen, Gewerkschaft, Arbeiterkammer und Opposition ist auch die Wirtschaft nicht glücklich – obwohl die Auswirkungen gering ausfallen dürften.

Zwar zeigten sich Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) glücklich darüber, dass der Karfreitag kein ganzer Feiertag wird, trotzdem ortete man eine starke „Mehrbelastung für alle Branchen“, so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf. 200 bis 300 Mio. Euro werde das die Unternehmen kosten, dafür müssten sie „zumindest im selben Ausmaß entlastet werden“ bei den Lohnnebenkosten.

Doch die ursprünglichen Schätzungen des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), auf die sich die Wirtschaftskammer berief, dürften so nicht eintreffen, hieß es am Dienstagnachmittag vom WIFO. So werde sich der negative Wertschöpfungseffekt „nur im zweistelligen Millionenbereich“, also unter 100 Mio. Euro, bewegen, sagte ein WIFO-Experte gegenüber der APA.

Die Produktionsausfälle werden marginal sein, es handle sich hauptsächlich um Umverteilungseffekte durch Überstundenzuschläge. Vergangene Woche war man beim WIFO noch von einem negativen Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 400 bis 600 Mio. Euro ausgegangen – allerdings unter der Annahme, dass der Karfreitag zu einem vollen, zusätzlichen Feiertag wird.

Karfreitag wird halber Feiertag

ÖVP und FPÖ haben einen Kompromiss gefunden: Der Karfreitag wird ein halber Feiertag, ab 14.00 Uhr haben alle frei.

Lösung für Gewerkschaft „lächerlich“

Die Arbeitnehmervertretern reagierten unterdessen empört. Der Leitende Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz, sagte: „Ein Feiertag ab 14.00 Uhr an einem Freitag, wo ohnehin sehr viele Arbeitnehmerinnen schon zu Mittag Dienstschluss haben, ist lächerlich.“ Erneut sehe man, „von wem sich die Regierungsparteien ihre Gesetze diktieren lassen: von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung“.

FSG-Chef Rainer Wimmer sprach von einem „Regierungspfusch“ und dem nächsten „Kniefall vor der Industrie“. Mit dem halben Feiertag werde das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) besonders „billig“ für die Arbeitgeber umgangen.

Folgen für Einzelhandel unklar

Besonders schlecht steigen dabei die Handelsangestellten – die rund 20 Prozent der Arbeitnehmer ausmachen – aus, „weil sich nichts daran ändern wird, dass der Karfreitag einer der arbeitsintensivsten Tage bleibt und niemand den halben Tag freibekommt“, hielt GPA-djp-Chefin Barbara Teiber Dienstag in einer Aussendung fest.

Der Halbfeiertagskompromiss für den Karfreitag wirft etwa für den österreichischen Handelskonzern Spar Fragen auf. Nicht geklärt ist aus Sicht des Unternehmens, ob auch das Öffnungszeitengesetz angepasst wird. „Also ob wir zwar ab 14.00 Uhr offen halten dürfen, aber Zuschläge bezahlen müssen, oder ob das nicht mehr möglich sein wird“, sagte eine Sprecherin. Dazu fehlten noch Detailinformationen. Im Lebensmitteleinzelhandel sei der Karfreitag der zweitstärkste Tag nach dem 23. Dezember.

Hofer überlegt Lösung analog zu 8. Dezember

Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) überlegt für den Handel am Karfreitag eine Regelung analog zu jener für Mariä Empfängnis. „Auch da finden wir eine Lösung, wahrscheinlich wie beim 8. Dezember“, sagte er am Abend in der ZIB2. Handelsangestellte können an diesem Tag von 10.00 bis 18.00 Uhr arbeiten und bekommen dies zusätzlich bezahlt, können es aber auch ablehnen.

Infrastrukturminister Hofer (FPÖ) über Karfreitag-Kompromiss

„Bei allen Varianten, die wir uns angesehen haben, gibt es keine perfekte“, so Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) über die präsentierte Lösung.

Die von ÖVP und FPÖ vereinbarte Lösung für den Karfreitag als Feiertag ab 14.00 Uhr verteidigte Hofer. Man habe sich viele Varianten angesehen, es gebe aber keine perfekte Variante. „So eine Änderung kann immer nur ein Kompromiss sein“, sagte er: „Jetzt haben alle Österreicher diesen halben Tag frei. Das ist auch positiv zu bewerten.“ Er sei selber Protestant, und es gebe auch die Möglichkeit, einen Abendgottesdienst zu besuchen, meinte er zu Kritik aus der evangelischen Kirche.

Jetzt: Kompromiss ist „Augenauswischerei“

„Lächerlich“ ist die ÖVP-FPÖ-Lösung für SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe versprochen, dass „niemandem etwas weggenommen werden soll“. Aber das seien „offenbar alles nur schöne Worte, die arbeitenden Menschen sind mit der Regelung wieder mal die von ÖVP und FPÖ Verratenen“. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagte im ORF-„Report“: „Ein halber Karfreitag ist keine gute Lösung.“ Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen.

NEOS betonte, die Regierung habe sich für die „absurdeste Lösung“ entschieden. Jetzt sieht den 14.00-Uhr-Feiertag als „Augenauswischerei“. Jetzt-Sozialsprecherin Daniela Holzinger verlangte eine pauschale Entschädigung für die bisher zu Unrecht vorenthaltenen Feiertagszuschläge bei Arbeit am Karfreitag.

Kirchen reagieren enttäuscht

Für die Angehörigen der altkatholischen Kirche, der evangelischen Kirchen AB und HB und der evangelisch-methodistischen Kirche war der Karfreitag bisher ein ganzer Feiertag. Man wollte „am Status quo möglichst wenig verändern“, so der stellvertretende ÖVP-Klubobmann Peter Haubner und FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz in der Aussendung, in der sie ihre Einigung verkündeten.

Thomas Langpaul analysiert Kompromiss

Thomas Langpaul aus der ORF-Innenpolitik spricht über die Lösung für den Karfreitag: „Niemand kann sich so richtig als Gewinner fühlen.“

Dennoch reagierten die betroffenen Kirchen enttäuscht. „Uns wird ein halber Feiertag genommen“, verwies der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker darauf, dass für seine Kirche der Karfreitag ein besonders wichtiger Tag mit Gottesdiensten auch am Vormittag sei. Thomas Hennefeld von der evangelischen Kirche HB hofft unterdessen, dass es sich bei der Lösung nur um ein Provisorium handle. Auch bei der altkatholischen Kirche stößt die Lösung auf Kritik.

Die katholische Kirche zeigte Solidarität: Zwar werde jetzt der für alle Christen wichtige Karfreitag aufgewertet – aber auf Kosten der evangelischen Christen, die „etwas Wichtiges verlieren“, so der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka.

„EuGH-Urteil ist zu akzeptieren“

Schon der heurige Karfreitag am 19. April soll ein halber Feiertag für alle Arbeitnehmer werden. Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) verteidigte den Kompromiss schon knapp vor Bekanntgabe der Einigung: Österreich liege im Spitzenfeld bei Feiertagen, „deswegen sind Mehrbelastungen für die Wirtschaft schwer zu rechtfertigen“, sagte Blümel in Brüssel. Gleichzeitig wolle die Regierung auch Betroffenen möglichst nichts wegnehmen. „Das EuGH-Urteil ist zu akzeptieren“, so Haubner und Rosenkranz. Man habe nach einer Lösung gesucht, mit der die Karfreitag-Regelung „nahe an der bisherigen Regelung“ bleibt.

Voraussichtlich am 27. Februar im Nationalrat

Die Koalitionsparteien haben im Sozialausschuss Vorsorge getroffen, um die geplante Regelung für den Karfreitag voraussichtlich am 27. Februar auf die Tagesordnung des Nationalratsplenums zu bringen. Zu diesem Zweck wurde ein Antrag unter anderem zum Arbeitsruhegesetz angenommen, allerdings noch ohne die betreffenden Bestimmungen. Die Opposition kritisierte das.

Der angenommene Antrag der Koalition enthält vorerst nur Formulierungsänderungen, es wird etwa der Wortlaut „Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz“ durch „Bundesminister/in für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz“ in den Arbeitsruhebestimmungen ersetzt. Die genaue Regelung zum Karfreitag wollen die Koalitionsfraktionen dann offenbar per Abänderungsantrag einbringen, um das Gesetz noch rechtzeitig zur Osterwoche in Kraft treten lassen zu können.

Nötig ist eine Neuregelung wegen des Urteils des EuGH. Dieser hat vor vier Wochen befunden, dass es gleichheitswidrig ist, wenn der Karfreitag nur für Angehörige der altkatholischen Kirche, der evangelischen Kirchen AB und HB und der evangelisch-methodistischen Kirche als Feiertag (mit entsprechendem Zuschlag, wenn gearbeitet wird) gilt.