Gemüse an einem Verkaufsstand
ORF.at/Zita Klimek
Lebensmittel

Mehr Bio muss kein Luxus sein

Biologischen Lebensmitteln eilt nach wie vor ein bisschen der Ruf von Luxus voraus – nicht ganz zu Recht. Sie sind oft tatsächlich aus mehreren Gründen teurer als konventionell produzierte, laut einer aktuellen Studie ist ein „Umstieg“ aber möglich, ohne dafür viel mehr Geld auszugeben.

Die Natur- und Umweltschutzorganisation World Wildlife Fund for Nature (WWF) hat sich der Frage „Bio, gesund und leistbar – geht das?“ gewidmet und dafür unterschiedliche Warenkörbe verglichen. Das Fazit: Der Anteil biologischer Lebensmittel am wöchentlichen Einkauf lasse sich deutlich erhöhen, ohne dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Umgekehrt lasse sich die Produktion von klimaschädlichen Treibhausgasen dadurch deutlich reduzieren.

Für die Studie im Auftrag des WFF hat das Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) den Wocheneinkauf (65 Produkte) für eine vierköpfige Familie, zwei Erwachsene und zwei Kinder, berechnet und nach verschiedenen Einkaufsvarianten verglichen. Nach der Basisrechnung kostet der Durchschnittseinkauf pro Woche, bestehend aus einem Drittel Billig- und zwei Drittel Markenprodukten, 119 Euro.

Gesundheit zwischen „Ist“ und „Soll“

Neben diesem Durchschnittswarenkorb berechnete das Institut zusätzlich Ist- und Soll-Varianten für konventionelle und biologische Produkte. Eine Ist-Vergleichsvariante der billigsten Produkte, etwa vom Diskonter, beläuft sich laut der Rechnung auf 89 Euro. Neben dem Preis ist in der Modellrechnung allerdings auch die qualitative Zusammensetzung des Warenkorbs (bzw. der Aspekt Gesundheit mit dem Konsum von weniger Fleisch und mehr Obst und Gemüse) ein wesentlicher Faktor.

Brötchen mit Aufstrich und Radieschen
ORF.at/Dominique Hammer
Bedingung für mehr Qualität um dasselbe Geld: bewusstes Einkaufen

Der Umstieg auf eine solche gesündere Variante des Durchschnittswarenkorbs mache es möglich, den Großteils davon (69,5 Prozent) in Bioqualität zu kaufen, ohne dafür mehr bezahlen zu müssen, so der WWF. Selbst in der kostengünstigsten Variante sei immer noch knapp ein Drittel Bio möglich.

Der Umstieg von einem durchschnittlichen Wocheneinkauf aus Markenprodukten (119 Euro) auf eine gesündere Variante nur aus biologischen Lebensmitteln kostet laut der Modellrechnung um zwölf Euro (oder etwa zehn Prozent) mehr (131 Euro), wobei der Soll-Warenkorb nach Empfehlungen der Österreichischen bzw. der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE bzw. DGE) gepackt worden sei, so der WWF in einer Presseaussendung zu der Studie.

CO2-Fußabdruck wird deutlich kleiner

Ein weiteres zentrales Fazit: Der gesündere Einkauf sei nicht der teurere, wie man vielleicht annehmen könnte. Sogar in der billigsten Kategorie koste die Soll- um 20 Euro pro Woche weniger als die Ist-Variante. Entgegen den Empfehlungen des Gesundheitsministeriums kaufen Österreicher im Schnitt dreimal so viel Fleisch wie empfohlen, zu viele Fertigprodukte und zu viele Softdrinks – das sei nicht nur ungesund, sondern auch relativ teuer.

Ein weiterer Effekt des Umstiegs von konventionell auf gesünder und mehr Bio sei der, dass die vierköpfige Modellfamilie mit dem wöchentlichen Durchschnittseinkauf etwa 38 Prozent der „ernährungsbedingten Treibhausgase“ einsparen könne, sich also der CO2-Fußabdruck deutlich verringere. Im Schnitt lägen die Treibhausgasemissionen für den konventionellen Warenkorb bei 58 Kilogramm pro Woche.

Wohin das ganze Geld geht

Bei der Biovariante liegt er bei 48 Kilogramm und damit um 17 Prozent niedriger. Ein Hauptgrund ist der, dass „primär“ Produktion und Konsum tierischer Produkte sehr viele Emissionen produzierten, wie es in der Einleitung zu der Studie heißt.

Zur Illustration der Größenverhältnisse von Wocheneinkauf und Haushaltsausgaben generell: Laut Daten der Statistik Austria von 2017 geben die Haushalte in Österreich im Durchschnitt 11,8 Prozent für Ernährung und alkoholfreie Getränke aus, gleich dahinter liegen mit 11,5 Prozent Freizeit, Hobby und Sport. Knapp sieben Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens lassen die Österreicherinnen und Österreicher im Cafe und Restaurant, 2,3 Prozent werden für Alkohol und Tabakwaren ausgegeben. Der größte Anteil, 26,1 Prozent, fließt in Wohnen und Energie.

Kostenverteilung früher und heute

Interessant auch, wie sich die Größenverhältnisse in den letzten Jahrzehnten verschoben haben. 1974 hätten die Ausgaben für Ernährung noch 26,5 Prozent des Haushaltseinkommens ausgemacht, schreibt der WWF. Aktuell seien es 11,8 Prozent, was einerseits an der Intensivierung der Landwirtschaft und folglich niedrigeren Preisen liege, andererseits werde auch beim Essen deutlich gespart.

Generell habe sich das Preisniveau bei vielen Produkten (wie Nudeln, Obst, Eiern) zwischen konventioneller und biologischer Herstellung bereits angenähert, bei einzelnen anderen Produkten sei der Unterschied aber noch sehr hoch. Bei Fleisch etwa sei der Preis für Bioqualität oft noch zwei-, dreimal so hoch wie der für konventionelle Produkte.

„Bioeinkauf ist kein Luxusthema “

„Im Kampf gegen Umweltzerstörung und Klimakrise bildet unsere Ernährung einen der größten Hebel. Der WWF-Warenkorbvergleich zeigt deutlich, dass nachhaltige und gesunde Ernährung auch leistbar sein kann. Bioeinkauf ist kein Luxusthema“, resümierte Helene Glatter-Götz, Expertin für nachhaltige Ernährung beim WWF Österreich, für die Studie. Wichtig sei der gezielte Ausbau der ökologischen Landwirtschaft auch, um die Ökosysteme zu bewahren und das Artensterben zu bekämpfen.

Kritik an Dumpingpreisen für Fleisch

Der WWF hatte zuletzt gegen Dumpingpreise bei Fleisch mobilgemacht und diese als „Teil eines fatalen Kreislaufs“ kritisiert. In einem Ratgeber unter dem Kampagnentitel „Unser Fleisch ist uns nicht wurscht“ reicht das Empfehlungsspektrum von „Greif zu“ für Biogemüse mit kurzen Transportwegen über „in Maßen“ etwa für Biorind aus Österreich bis zu „Finger weg“ etwa von Fleisch aus Massentierhaltung generell und das Steak aus Argentinien. Ziel ist es laut Ratgeber, „weniger und dafür umweltverträglicheres Fleisch zu essen“.