Der Russische Präsident Wladimir Putin
APA/AFP/Alexander Nemenov
Raketenstreit

Putin droht USA

Kreml-Chef Wladimir Putin hat die USA in seiner Rede an die Nation vor einem weiteren Konfrontationskurs gegenüber Russland und vor einem Rüstungswettlauf gewarnt. Sollte Washington weitere Raketen in Europa stationieren, „werden unsere Raketen die USA ins Visier nehmen“.

Washington solle sich gut genug die Schnelligkeit und die Reichweiten russischer Waffensysteme ansehen, ehe es über neue Rüstungsschritte entscheide, die Moskau als Bedrohung auffassen müsse. „Wir sind nicht an einer Konfrontation mit den USA interessiert“, sagte der russische Präsident am Mittwoch in Moskau vor Hunderten Politikern und Vertretern aus Wirtschaft, Kultur und Religion.

Russland werde mit seinen Raketen nicht nur mögliche Stationierungspunkte etwa in Polen und Rumänien ins Visier nehmen, sondern auch die Zentralen jener Länder, in denen die Entscheidungen getroffen würden. „Die Antwort unseres Landes wird immer wirksam und effektiv sein“, sagte er.

Der Russische Präsident Wladimir Putin
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Putin bei seiner Reden vor beiden Kammern des russischen Parlaments

Scharfe Kritik an USA

Putin kritisierte erneut den Ausstieg der USA aus dem INF-Abrüstungsvertrag, der den Besitz landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern untersagt. „Das spitzt die internationale Sicherheitslage stark zu und führt zu ernsten Bedrohungen für Russland“, sagte er. Dabei betonte der Kreml-Chef, dass sein Land gerüstet sei. Schon in diesem Frühjahr werde Russland das erste Atom-U-Boot mit dem unbemannten Waffensystem „Poseidon“ zu Wasser lassen. „Die Arbeit geht nach Plan“, sagte er.

Verspricht Russen bessere Lebensbedingungen

Es war Putins 15. Rede an die Nation, die sich zu einem kurzen Teil am Ende um die internationale Politik drehte. Schwerpunkte lagen in der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Unter dem Eindruck sinkender Zustimmungswerte versprach Putin der Bevölkerung eine baldige Verbesserung der Lebensbedingungen. „Wir können nicht warten, die Situation muss sich jetzt bessern“, sagte Putin vor dem Parlament. „Noch in diesem Jahr sollten die Verbesserungen zu spüren sein“, kündigte er vor beiden Häusern des Parlaments an.

Putin nannte eine Reihe von Maßnahmen, mit denen der Lebensstandard in Russland verbessert werden soll, und sprach dabei auch die sinkende Geburtenrate an. Unter anderem soll es Zuschüsse für Kinder und Steuersenkungen für große Familien geben. „Das Prinzip sollte sein: Je mehr Kinder, desto weniger Steuern“, sagte Putin. Mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung durchlebe Russland derzeit eine „schwierige Phase“.

„Die Einkommen der russischen Familien sollten natürlich steigen“, sagte Putin. Viele Russen sind verärgert über die wachsende Armut im Land. Eine von Putin vorangetriebene Pensionsreform, mit der das Antrittsalter angehoben wurde, ließ die Zustimmungsraten für den Präsidenten sinken. In einer Meinungsumfrage des unabhängigen Levada Center im Jänner lag die Zustimmung für Putin bei 64 Prozent, die niedrigste Rate in den vergangenen fünf Jahren.

NATO kritisiert Putin

Die NATO übte am Mittwoch scharfe Kritik an den US-kritischen Äußerungen Putins. „Erklärungen, in denen gedroht wird, Verbündete ins Visier zu nehmen, sind inakzeptabel“, sagte der stellvertretende Bündnissprecher Piers Cazalet. Die NATO sei ein defensives Bündnis, aber jederzeit bereit, jedes Mitglied gegen jegliche Gefahr zu verteidigen.

Der NATO-Sprecher sagte auch, dass es Russland sei, das den INF-Abrüstungsvertrag mit neuen Mittelstreckenraketen verletze. „Wir wollen keinen neuen Rüstungswettlauf“, sagte er. Die Alliierten hätten mehrfach an Russland appelliert, seine Mittelstreckenraketen zu zerstören. Russische Vorwürfe gegen das von den USA in Rumänien und Polen aufgebaute Raketenabwehrsystem seien ein offenkundiger Versuch, von der eigenen Verletzung des INF-Vertrages abzulenken.