BK Sebastian Kurz
AP/Geert Vanden Wijngaert
Kurz in USA

Spannung vor Treffen mit Trump

Der Countdown für das Treffen von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus läuft. Auch wenn das Zeitbudget für die Begegnung knapp ist, werden das Treffen und das Ergebnis in Österreich mit Spannung erwartet.

Vor dem Zusammentreffen skizzierte Kurz aus seiner Sicht die Eckpunkte und Themen. Es sei eine gute Möglichkeit, sich mit dem US-Präsidenten auszutauschen, so Kurz im Ö1-Morgenjournal. „Der Kontakt in die USA ist immer etwas eingeschränkter“, so Kurz. Österreich habe traditionell sehr gute Kontakte nach Russland. Er habe letztes Jahr allein den russischen Präsidenten Wladimir Putin viermal treffen dürfen, so Kurz, den turbulentes Wetter begleitet. Nach strahlendem Sonnenschein beim Eintreffen schneite es am Tag des Besuchs. Zum Abschluss werden dann bis zu 13 Grad Celsius erwartet.

Man brauche den US-Kontakt, denn man sei im Herzen Europas gelegen und brauche daher einen guten Kontakt nicht nur nach Osten, sondern auch nach Westen, „insbesondere, weil die USA nach Deutschland Österreichs zweitwichtigster Handelspartner sind“, sagte Kurz. Das Verhältnis zwischen den USA und der Europäischen Union und auch zwischen den USA und Österreich „war definitiv schon einmal ein anderes“, so Kurz weiter. Es gebe sehr viele Themen, „wo wir unterschiedlicher Meinung sind“ – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Weiße Haus in Washington
AP/Evan Vucci
Das Weiße Haus im Schneetreiben am Mittwoch

„Gefährliche Dynamik“

Kurz nannte besonders den Freihandel. Hier gebe es nicht nur unterschiedliche Ansichten, sondern es sei eine „gefährliche Dynamik vorhanden – in Richtung Protektionismus“. Gerade für ein exportorientiertes Land wie Österreich sei das eine Bedrohung. Jede Einschränkung bedeute eine Gefährdung von Arbeitsplätzen in Österreich, so Kurz weiter.

Doch auch andere Themen würden angesprochen werden. Trump habe den Kampf gegen den Klimawandel abgesagt. Das sei höchst problematisch. Österreich sei auch traditionell im Kampf für Abrüstung engagiert, das werde auch ein Thema sein, das er ansprechen werde, so Kurz im Ö1-Morgenjournal weiter. Nachdem das Verhältnis EU – USA angespannt sei, sei es wichtig, die unterschiedlichen Positionen auszutauschen und gleichzeitig zu versuchen, so etwas wie eine Gesprächsbasis zu haben. Auch die Pipeline „Nord Stream“ und die Rücknahme von IS-Kämpfern könnten angesprochen werden, wie Kurz bereits zuvor gesagt hatte.

„Weg des Miteinander finden“

„Die USA sind die Supermacht schlechthin. Wir brauchen ordentliche transatlantische Kontakte auch für unsere Sicherheit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus“, so Kurz im Morgenjournal weiter. Man müsse in den Fragen von Klimaschutz bis Handelspolitik irgendeinen Weg des Miteinander finden, sagte Kurz. Er gehe davon aus, dass das Gespräch mit Trump ein ganz besonderes und vielleicht spezielles werde, so Kurz. Inhaltlich sei man gut vorbereitet. „Was das Persönliche betrifft oder den Ablauf des Gesprächs, sagen mir Freunde, die ihn schon getroffen haben: Da kann man sich schwer darauf vorbereiten“, so der Bundeskanzler.

Kurz trifft Trump

ORF-Korrespondent David Kriegleder gibt eine Übersicht, wie das Treffen zwischen Bundeskanzler Kurz und US-Präsident Trump ablaufen soll.

Kein Staatsbesuch

Es ist der erste Besuch eines österreichischen Kanzlers bei einem US-Präsidenten seit 13 Jahren. Neben möglichen inhaltlichen Punkten stellt sich auch die Frage, wie Trump und Kurz miteinander „können“. Eine Pressekonferenz, um das – wie etwa beim Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel – live beobachten zu können, ist allerdings nicht vorgesehen. Bei einem für beide Politiker zentralen Thema, der Flüchtlings- und Migrationspolitik, gibt es jedenfalls viele Gemeinsamkeiten.

Der Besuch sei „überfällig“, räumte US-Botschafter Trevor Traina im Vorfeld der Visite ein. Auch Kurz monierte in der „Presse am Sonntag“, die USA hätten Österreich „in der Vergangenheit eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt“. Unter Trumps Vorgänger Barack Obama gab es keine persönlichen Treffen auf höchster Ebene, für Irritationen sorgten immer wieder Enthüllungen über US-Spionageaktivitäten in Österreich. Trotz Kritik an Trumps Außenpolitik kam es unter der ÖVP-FPÖ-Regierung zu einer Intensivierung der Kontakte mit mehreren Ministerbesuchen in den USA.

„Wir haben (einen Besuch) organisiert, der in Zeiten wie diesen so nahe es geht an einen Staatsbesuch in den USA heranreicht“, sagte Botschafter Traina mit Blick auf das Dienstabend (Ortszeit) stattfindende Abendessen mit US-Außenminister Mike Pompeo. Gleich nach seinem Eintreffen in einem Hotel in der Innenstadt von Washington war das Essen mit Pompeo Kurz’ erster offizeller Programmpunkt.

Treffen mit Trump am Mittwoch als Höhepunkt

Höhepunkt der Visite ist das Treffen mit Trump, das am Mittwoch um 13.50 Uhr Ortszeit (19.50 Uhr MEZ) im Oval Office stattfinden soll. Nach dem für 20 Minuten angesetzten Vieraugengespräch soll der Kanzler in größerer Runde auch das „Kernteam“ Trumps treffen, darunter den Nationalen Sicherheitsberater John Bolton.

Kurz hatte bereits im Herbst mit Bolton telefoniert, um den Besuch vorzubereiten. „Ich glaube, dass es eine gute Chemie zwischen dem Präsidenten und dem Kanzler geben wird“, sagte Traina. Kurz repräsentiere „die Zukunft Europas als ein junger, verantwortungsvoller, nüchterner politischer Führer auf dem Kontinent, der wahrscheinlich eine lange Zukunft haben wird“.

Abendessen mit Ivanka Trump und Kushner

Am Mittwochabend will Traina den Kanzler auch zu einem privaten Abendessen mit der einflussreichen Präsidententochter Ivanka Trump und ihrem Ehemann Jared Kushner in deren Haus begleiten. Dabei solle detailliert über die österreichisch-amerikanischen Beziehungen gesprochen werden. Der US-Botschafter hat gute Kontakte zu dem Paar und dürfte diese genutzt haben, um das Treffen mit Trump zustande zu bringen.

Der Besuch wurde mehrere Monate vorbereitet. Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, fiel ein erster Termin dem Regierungsstillstand in den USA („Shutdown“) zum Opfer. Nachdem Trump am Freitag im Streit über den Mauerbau den nationalen Notstand ausgerufen hat, ist die innenpolitische Lage weiterhin äußerst gespannt. „Wir hoffen auf einen langweiligen Tag“, sagte Traina mit Blick auf die politischen Verpflichtungen Trumps am Tag des Kanzlerbesuchs.

Kurz, der für seine israelfreundliche Haltung auch in den USA viel Anerkennung bekommen hat, wird am Mittwoch auch den Präsidenten des American Jewish Committee, David Harris, treffen. Für Donnerstag sind Gespräche mit der Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, und Weltbank-Präsidentin Kristalina Georgiewa geplant.

In Vergangenheit auf Distanz

Nach Trumps Amtsantritt hatte sich Kurz wie zahlreiche europäische Politiker besorgt über die Politik Trumps geäußert. Die ersten Wochen gäben „definitiv Anlass zur Sorge“, sagte der damalige Außenminister im Februar 2017. So meinte er, dass er ein Aufkündigen des Iran-Atomabkommens „für extrem negativ erachten“ würde. Auch die Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens durch Trump im Juni 2017 hatte Kurz als „unverantwortlich“ kritisiert.

Von der Opposition gab es schon im Vorfeld der Visite Kritik an Kurz. SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder äußerte am Samstagabend „absolutes Unverständnis“ für das „Lob“ des Kanzlers für Trumps Außenpolitik. „Trump ist mit Sicherheit der schlechteste und für die Welt gefährlichste US-Präsident der jüngeren Geschichte“, so Schieder. „Kurz hat offensichtlich ausschließlich Interesse daran, seinen PR- und Selfie-Termin bei Trump reibungsfrei zu gestalten.“

Kurz: Keine Angst vor Vereinnahmung

Spekulationen, wonach der Empfang im Weißen Haus ultrarechten Beratern Trumps zu verdanken sei, trat Botschafter Traina vehement entgegen. Der Trump-Kenner David Cay Johnston hatte zuvor im APA-Gespräch gesagt, Trump habe „keine Ahnung“. „Trump trifft Kurz, weil Leute in seinem Stab Trump gesagt haben, dass er ihn treffen muss“, Johnston nannte etwa Trumps ultrarechten Berater Stephen Miller.

Diese Leute hätten eine „klare Agenda“ und würden gemeinsame Sache mit europäischen Rechtspopulisten machen, sagte Johnston. Der „Kronen Zeitung“ sagte Kurz, er habe „keine Befürchtung, wegen der Schließung der Balkan-Route als Vorbild für eine Mauer an der Grenze zu Mexiko vereinnahmt zu werden“.

Der frühere US-Sicherheitsberater Ben Rhodes erklärt sich hingegen den Empfang von Bundeskanzler Kurz bei Trump mit dessen Schwierigkeiten mit größeren EU-Staaten. „Trump versucht, was schon George W. Bush getan hat, als es mit Frankreich und Deutschland nicht gut lief: Er sucht Regierungschefs kleinerer Staaten, um zu zeigen, dass er noch Freunde in Europa hat.“