US-Präsident Donald Trump und Bundeskanzler Sebastian Kurz
AP/Manuel Balce Ceneta
Besuch im Weißen Haus

Trump sieht Kurz als Ansprechpartner in EU

US-Präsident Donald Trump sieht offenbar in Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seinen neuen Ansprechpartner in der EU. Beim ersten Staatsbesuch eines österreichischen Regierungschefs am Mittwoch im Weißen Haus seit mehr als 13 Jahren lobte er die „großartigen Beziehungen“ beider Länder. Auch die US-Presse war der Meinung, dass die Chemie zwischen Trump und Kurz stimmt.

Der US-Präsident wolle über Kurz mit der EU kommunizieren, betonte nach dem Treffen US-Botschafter Trevor Traina. Trump habe gegenüber Kurz seine Wünsche an Europa zum Ausdruck gebracht und hoffe, „dass der Kanzler eine Antwort organisieren kann“. Trump habe mit Kurz gesprochen, „als ob er mit Europa spräche“, sagte Traina, seit etwas mehr als einem Jahr Botschafter in Österreich. Er habe mit dem Bundeskanzler nicht nur Höflichkeiten ausgetauscht, sondern ein „wirkliches Gespräch“ geführt.

Trump sei aber auch „sehr offen“ gewesen, „was seine Frustration im Umgang mit der EU betrifft“, so der US-Botschafter mit Blick auf den aktuellen Handelsstreit. Er hoffe, dass Kurz „das Gespräch mit nach Europa nehmen“ werde. Der US-Präsident selbst sprach von „großartigen“ Beziehungen zwischen Wien und Washington und hatte vor dem Treffen im Weißen Haus auch die wirtschaftlichen Kontakte „ziemlich gut“ genannt. Die Handelspolitik war ein zentrales Thema bei Kurz’ Besuch in Washington.

In vielen Fragen „unterschiedlicher Meinung“

Kurz äußerte vor Journalisten Verständnis für die US-Anliegen, bekräftigte aber zugleich die österreichischen Positionen. „Ich glaube, dass grundsätzlich die US-Regierung ein Interesse an guten Beziehungen hat, aber in vielen Sachfragen sind wir unterschiedlicher Meinung“, bilanzierte der Kanzler. Bei Themen, die Trump wichtig erscheinen, sei dieser „unglaublich committed (engagiert, Anm.), direkt, klar“, so Kurz.

Trump sagte gegenüber dem Kanzler: „Ich muss Ihnen sagen, dass er ein sehr junges Staatsoberhaupt ist. Sie sind ein junger Mann, was ziemlich gut ist.“ Kurz fügte daraufhin mit erhobenem Zeigefinger hinzu: „Aber das Problem mit dem Alter wird von Tag zu Tag besser.“

Handelsstreit als dominantes Thema

Kurz hatte in seinem Eingangsstatement Trump dafür gedankt, dass er die österreichische Delegation im Weißen Haus empfange. „Österreich ist im Vergleich zu den USA ein kleines Land, aber ein schönes Land“, so Kurz zu Trump, „und, wie Sie wohl sagen würden, ein großartiges Land.“ Der Kanzler wies darauf hin, dass sich Österreich „im Herzen der Europäischen Union“ befinde und es bei dem Treffen nicht nur um bilaterale Beziehungen gehe, sondern auch um jene zwischen den USA und der EU.

Donald Trump und Sebastian Kurz
APA/Helmut Fohringer
Kurz’ Besuch bei Trump wurde mehrere Monate vorbereitet

Was den Handelsstreit mit der EU betrifft, bekräftigte Trump, dass die US-Regierung höhere Importzölle für europäische Autos prüfe. Die Entscheidung darüber hänge davon ab, ob ein Handelsabkommen mit der EU erzielt werde. Kurz hatte vor der Visite betont, Handelsfragen ins Zentrum des Treffens stellen zu wollen. Dazu hatte er sich vor seiner Abreise auch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker abgestimmt. Die beiden stellten sich nach ihrem Shakehands im Oval Office etwa sieben Minuten den Fragen der Presse.

Gespräch „sehr kontroversiell“

Im ZIB2-Interview im Anschluss bezeichnete Kurz das Gespräch mit Trump – besonders hinsichtlich der Handelsthematik – als „sehr kontroversiell“. Thema war laut Kurz auch das von den USA bekämpfte deutsch-russische Pipelineprojekt „Nord Stream 2“. Österreich, so Kurz, sei „für dieses Projekt, weil wir die Versorgungssicherheit brauchen“. Man sei zwar auch offen für US-Flüssiggas, der Preis in Russland sei derzeit aber noch besser und dadurch „attraktiver“.

Kanzler Kurz: „Sehr kontroversielles Gepräch“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach im ZIB2-Interview über seinen Besuch bei US-Präsident Donald Trump. Im Vordergrund stand die Handelsbeziehung der USA mit Österreich und der EU.

IS-Rückkehrer doch kein Thema

Anders als Trump, der sich generell höhere Militärausgaben von europäischen Staaten wünscht, verwies Kurz darauf, lieber in Bereiche wie Bildung, Forschung, Entwicklung und innere Sicherheit zu investieren. Österreich ist (als Nichtmitglied) weit vom NATO-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftskraft für Verteidigung auszugeben, entfernt.

Trump hatte die NATO-Staaten mit der Drohung, aus der Allianz auszusteigen, zu einer Erhöhung ihrer Ausgaben gebracht. „Nicht angesprochen“ wurde von Trump die Frage der Rücknahme von in Syrien festgehaltenen österreichischen IS-Kämpfern, so Kurz. Er bekräftigte die Position, dass Sicherheit vorgehe und es sich nur um „sehr, sehr wenige Fälle“ handle.

Andreas Pfeifer (ORF) über den Besuch von Kurz bei Trump

ORF-Außenpolitikchef Andreas Pfeifer erklärt, warum der Besuch von Kanzler Kurz so viel Aufmerksamkeit bekommen hat.

Der Kanzler war im Weißen Haus von einer starken US-Delegation empfangen worden. Nach dem etwa 20-minütigen Vieraugengespräch mit dem US-Präsidenten stießen Vizepräsident Mike Pence, Außenminister Mike Pompeo, Energieminister Rick Perry, Trumps Stabschef Mick Mulvaney, Sicherheitsberater John Bolton, Wirtschaftsberater Larry Kudlow und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hinzu. Insgesamt hielt sich der Kanzler wie geplant rund eine Stunde im Weißen Haus auf.

„Hardliner“ in der Migrationsfrage

Von der Opposition hatte es schon im Vorfeld der Visite Kritik an Kurz gegeben. SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder etwa äußerte „absolutes Unverständnis“ für das „Lob“ des Kanzlers für Trumps Außenpolitik. „Trump ist mit Sicherheit der schlechteste und für die Welt gefährlichste US-Präsident der jüngeren Geschichte“, so Schieder. „Kurz hat offensichtlich ausschließlich Interesse daran, seinen PR- und Selfie-Termin bei Trump reibungsfrei zu gestalten.“

Kurz bei Trump

Gleich zu Beginn des Treffens mit Kurz lobte US-Präsident Trump die „großartige Beziehung“ Österreichs und der USA

Medien porträtierten Kurz vor dem Treffen als „Hardliner“ in Migrationsfragen und jüngsten Regierungschef Europas. „Der Immigrationshardliner besucht das Weiße Haus“, schrieb der US-Fernsehsender ABC News auf seiner Website. Als Kritiker der deutschen Kanzlerin Angela Merkel wurde Kurz von der Nachrichtenagentur Bloomberg dargestellt. „Trump trifft den Millennial, der Merkel bei den Flüchtlingen herausgefordert hat“, lautete die Schlagzeile. Im Artikel wurde darauf hingewiesen, dass Trump und Kurz „etwas gemeinsam haben: Sie schulden ihre erfolgreichen Kampagnen zum Teil ihrer harten Migrationspolitik.“

Presse ortet „Seelenverwandtschaft“

Die „New York Times“ ortete eine „Seelenverwandtschaft“ zwischen Trump und Kurz. Seine Koalition mit der „extrem rechten“ FPÖ alarmiere die europäische Linke, habe ihn aber „äußerst attraktiv für Herrn Trump und seine Berater“ gemacht, schrieb die führende liberale US-Zeitung (Donnerstag-Ausgabe). „Am Mittwoch gewährte Trump Kurz ein Vieraugengespräch und ein Treffen in größerem Rahmen mit führenden Beratern – diese Art der Anerkennung bekommen Führer kleinerer Länder fast nie, ausgenommen der Premierminister Irlands rund um den St. Patrick’s Day“, heißt es in dem Artikel mit dem Titel „Trump kultiviert einen Seelenverwandten von einem Kontinent, den er sich oft zum Feind gemacht hat“.