Grenze zwischen Brasilien und Venezuela
AP/Eraldo Peres
Venezuela

Maduro lässt Grenze zu Brasilien schließen

Der Streit über Hilfslieferungen nach Venezuela droht weiter zu eskalieren. Am Donnerstag kündigte Staatschef Nicolas Maduro an, die Grenze zu Brasilien zu schließen. Erst am Mittwoch ließ Maduro die Häfen sperren. Mit der bestehenden Blockade an der Grenze zu Kolumbien wäre das Land damit fast zur Gänze abgeschottet.

„Ab heute bleibt die Grenze zu Brasilien geschlossen“, sagte der Staatschef am Donnerstag bei einer Sitzung mit ranghohen Militärs. Schon ab 20.00 Uhr (1.00 Uhr MEZ) werde die Grenze bis auf Weiteres vollständig geschlossen. Die Regierung will damit verhindern, dass von den USA bereitgestellte geforderte Hilfslieferungen ins Land gelangen.

Die Opposition, angeführt vom selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guadio, will die Hilfslieferungen dennoch ermöglichen. Maduro kritisierte das scharf. „Was die USA mit ihren Marionetten macht, ist eine interne Provokation“, so Maduro. „Sie wollten große nationale Aufregung erzeugen, aber sie haben es nicht geschafft.“

Nicolas Maduro
APA/AFP/Venezuelan Presidency/Marcelo Garcia
Maduro kündigte am Donnerstag die Schließung der Grenze zu Brasilien an

„Ich denke auch über die totale Schließung der Grenze nach Kolumbien nach“, erklärte Maduro darüber hinaus. „Ich möchte eine offene Grenze ohne Provokationen und Aggressionen, aber als Staatschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte bin ich dazu verpflichtet, die Ruhe und den Frieden sicherzustellen.“

Hamsterkäufe in letzter Minute

Venezolanerinnen und Venezolaner nutzten die wenigen Stunden vor der Grenzschließung für Hamsterkäufe in dem brasilianischen Grenzort Pacaraima, wie das Nachrichtenportal G1 berichtete. Die brasilianische Regierung äußerte sich zu Maduros Vorhaben zunächst nicht. „Wir laufen so schnell wie möglich gegen die Zeit an, um noch die Grenze überqueren zu können“, zitierte G1 einen 22-jährigen Mann.

„Ich glaube, die Venezolaner hatten kommen sehen, dass die Grenze geschlossen wird“, meinte ein brasilianischer Händler. Am Mittwoch hatten Einwohner der venezolanischen Stadt Santa Elena de Uairen Panzer beobachtet, die das Militär dort nur 15 Kilometer von der Grenze zu Brasilien entfernt bewegte, wie G1 weiter schreibt. Dies habe sich in Sozialen Netzwerken schnell verbreitet.

Guaido will mit Buskonvoi Hilfslieferungen holen

Guaido startete unterdessen mit einem Buskonvoi in Richtung der Grenze zu Kolumbien, um die Hilfslieferungen ins Land zu holen. Gemeinsam mit Oppositionsabgeordneten brach Guaido in der Hauptstadt Caracas Donnerstagfrüh auf, wie es von einem Sprecher hieß. „Wir müssen einen humanitären Korridor öffnen“, sagte Guaido vor Dutzenden Fernfahrern im Osten von Caracas. Sie sind seinen Angaben zufolge bereit, an den Grenzen des Landes Hilfslieferungen einzuladen. Als Zeichen der Unterstützung rief er für Samstag zu einer neuen Massenkundgebung auf. „Wir werden weiter auf die Straße gehen und Freiheit für ganz Venezuela fordern.“

In der kolumbianischen Grenzstadt Cucuta stehen tonnenweise Hilfsgüter für die notleidende Bevölkerung in Venezuela bereit. Auch in Brasilien sollten Sammelstellen für Lebensmittel und Medikamente eingerichtet werden.

Karte zeigt Venezuela und Nachbarländer
Grafik: APA/ORF.at

Die humanitäre Hilfe für Venezuela ist zum Spielball im Machtkampf zwischen Präsident Maduro und Guaido geworden. Der Oppositionsführer setzte der Regierung eine Frist bis Samstag, um die hauptsächlich von den USA zur Verfügung gestellten Medikamente und Lebensmittel ins Land zu lassen.

Maduro ließ Häfen und Luftverkehr sperren

Erst am Mittwoch verschärfte Maduro seinen Kurs. Er ordnete die Schließung zu den niederländischen Karibikinseln Curacao, Aruba und Bonaire an. Der Luft- und der Seeverkehr werde ab sofort gestoppt, sagte die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodriguez am Mittwoch. Bereits am Dienstag hatten Medien über die Schließung der Häfen berichtet, die Regierung hatte sich aber nicht geäußert. Auch von Curacao wurde erwartet, dass sie zu einer logistischen Drehscheibe für Hilfslieferungen werden könnte.

Auch die Streitkräfte wurden in „Alarmbereitschaft“ versetzt, um die „territoriale Integrität“ des Landes zu schützen, sagte Verteidigungsminister Vladimir Padrino Anfang der Woche. Er bekräftigte die „uneingeschränkte Loyalität“ der Militärführung gegenüber Maduro. Der Rückhalt der Armee gilt als entscheidender Machtfaktor für den Präsidenten. US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt die venezolanische Armee zur Abkehr von Maduro aufgerufen. Wer sich jetzt nicht auf die Seite des Oppositionsführers Guaido stelle, für den gebe es „keinen Ausweg“ mehr.

Großkonzerte bei Grenze geplant

In ihrem Kräftemessen planen beide Seiten Großkonzerte an der kolumbianischen Grenze. Auf Initiative des britischen Virgin-Chefs und Milliardärs Richard Branson soll am Freitag in Cucuta auf der kolumbianischen Seite das Benefizkonzert „Venezuela Aid Live“ stattfinden, bei dem Spenden für die venezolanische Bevölkerung gesammelt werden sollen.

Die venezolanische Regierung kündigte unterdessen ein Konzert unter dem Motto „Hände weg von Venezuela“ in nur rund 300 Metern Entfernung auf der Tienditas-Grenzbrücke an. Wer dort auftreten soll, wurde nicht mitgeteilt, das Konzert soll ebenfalls am Freitag starten und drei Tage dauern. „Was sie auf der anderen Seite der Grenze machen, ist ihr Problem – wir werden unser Staatsgebiet verteidigen“, sagte Diaro Vivas von der Regierungspartei.

Elf Diplomaten in USA übergelaufen

Etwa ein Fünftel der venezolanischen Diplomaten in den USA sagte sich unterdessen nach Angaben der Opposition von Staatschef Maduro los. Elf der 56 Vertreter des OPEC-Landes unterstützten inzwischen den selbst ernannten Präsidenten Guaido, sagte ein Oppositionsvertreter am Donnerstag in Washington.

Maduro weigert sich kategorisch, US-Hilfen ins Land zu lassen. Er wirft den USA vor, einen „Wirtschaftskrieg“ gegen sein Land zu führen, und sieht in den Hilfen einen Vorwand, eine US-geführte Militärintervention vorzubereiten. Für Mittwoch kündigte Maduro 300 weitere Tonnen Hilfsgüter aus Russland an.