Auseinandersetzung zwischen venezolanischen Oppositionsanhängern und der Nationalpolizei auf einer Grenzbrücke
APA/AFP/Schneyder Mendoza
Gewalt in Venezuela

USA sehen „Zeit zum Handeln“ gekommen

Die umstrittenen Hilfslieferungen für Venezuela aus Kolumbien und Brasilien sind an den Grenzübergängen in tödlichem Chaos stecken geblieben. Die USA kündigten angesichts der Gewalt „Maßnahmen“ gegen Staatschef Nicolas Maduro an – es sei „Zeit zum Handeln“.

Die von Venezuelas selbst ernanntem Übergangspräsident Juan Guaido mit Unterstützung von Kolumbien, Brasilien, Chile und den USA für Venezuela bereitgestellte humanitäre Hilfe wurde am Samstag an verschiedenen Grenzpunkten von Sicherheitskräften Maduros gestoppt. Sowohl an der Grenze zu Kolumbien sowie an der zu Brasilien kam es zu schweren Zwischenfällen mit mindestens drei Toten und rund 300 Verletzten.

US-Außenminister Mike Pompeo kündigte an, sein Land werde „Maßnahmen“ zur Unterstützung der Demokratie in Venezuela ergreifen. Nun sei die „Zeit zum Handeln“ gekommen, um dem „verzweifelten venezolanischen Volk“ zu helfen, schrieb Pompeo auf Twitter. „Was für ein kranker Tyrann stoppt Nahrung für hungrige Menschen?“, schrieb er weiter.

State Department: „Morgen ist ein neuer Tag“

Die USA forderten freien Zugang für humanitäre Hilfe für Venezuela und kritisierten das Verhalten Maduros, der „kriminelle Banden“ an die Grenzen schicke, um die Konvois mit Hilfsgütern zu stoppen. „Morgen ist ein neuer Tag“, heißt es in einer am späten Samstagabend veröffentlichten Mitteilung des State Department. Das sei eine Gelegenheit für die Streitkräfte Venezuelas, „das Richtige zu tun“. Guaido kündigte an, er werde am Montag mit US-Vizepräsident Mike Pence und den lateinamerikanischen Außenministern der Lima-Gruppe in Bogota zusammenkommen, um nächste Schritte zu besprechen.

Leid in Venezuela verschärft sich

Präsident Maduro hat sein Land hermetisch gegen jede humanitäre Hilfe für die hungernde Bevölkerung abgeriegelt. (Videoquelle: APTN)

Auch EU alarmiert

Auch die EU hat Maduro dazu aufgerufen, Hilfslieferungen ins Land zu lassen. „Die Weigerung des Regimes, die humanitäre Notlage anzuerkennen, führt zu einer Eskalation der Spannungen“, sagte Außenbeauftragte Federica Mogherini.Die Berichte über Unruhen, zunehmende Gewalt und eine wachsende Anzahl von Opfern sei besorgniserregend. „Wir fordern die Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden nachdrücklich dazu auf, Zurückhaltung zu zeigen, den Gebrauch von Gewalt zu vermeiden und den Eintritt von Hilfe zuzulassen“, sagte Mogherini weiter. Zugleich rief die EU erneut zu freien und transparenten Wahlen in Venezuela auf.

In den venezolanischen Grenzstädten San Antonio del Tachira und Urena gingen zuvor Sicherheitskräfte mit Tränengas und Gummigeschossen gegen Maduro-Gegner vor. Auf der Santander-Brücke in Urena wurden zwei Lastwagen von Maduros Truppen angezündet. In Videos war zu sehen, wie Dutzende Menschen inmitten einer großen Rauchwolke aus den Lastwagen Säcke und Kartons mit Medikamenten und Lebensmitteln herausholten. Die kolumbianische Regierung ordnete angesichts der gewaltsamen Blockade die Rückkehr der Lastwagen an.

Ein venezolanischer Oppositionsanhänger steht auf einer Grenzbrücke Nationalpolizislten mit Schutzschilden gegenüber
APA/AFP/Luis Robayo
Sowohl an der Grenze zu Kolumbien als auch an der zu Brasilien kam es zu schweren Zwischenfällen mit Toten und Verletzten

Beziehung zu Kolumbien gekappt

Wegen der Unterstützung Kolumbiens für die Hilfstransporte brach Maduro die diplomatischen Beziehungen zu dem Nachbarstaat ab. Bei einer Kundgebung in Caracas sagte er, die „faschistische Regierung von Kolumbien“ müsse all ihre diplomatischen Vertreter binnen 24 Stunden aus Venezuela abziehen. Kolumbiens Außenminister Carlos Holmes Trujillo kritisierte die Ankündigung Maduros und bekräftigte, seine Regierung erkenne Guaido als Präsidenten Venezuelas an. Zum Schutz der kolumbianischen Diplomaten habe er jedoch deren Rückreise nach Kolumbien angeordnet.

Auch an der Grenze zwischen Venezuela und Brasilien kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Foro Penal wurden dabei mindestens zwei Menschen getötet, darunter ein 14-Jähriger. Zwei Lastwagen, die von Brasilien aus Hilfsgüter über die Grenze bringen wollten, mussten nach stundenlanger Blockade durch venezolanische Sicherheitskräfte umkehren.

Maduro: „Staatsstreich ist gescheitert“

Maduro bezeichnete seinen Gegenspieler Guaido als „Clown, Hampelmann und Marionette des US-Imperialismus“ und erklärte sich zum Sieger in dem Tauziehen um die Hilfsgüter. „Der Staatsstreich (der Opposition) ist gescheitert“, sagte er. Nach Ansicht Maduros hatte die Hilfsgüteraktion das Ziel, eine militärische Intervention und den Sturz der Regierung einzuleiten.

Der venezolanische Präsident Nicolas Maduro
APA/AFP/Yuri Cortez
Die USA sehen in Maduro einen „kranken Tyrannen“

Ein von Puerto Rico aus in See gestochenes Schiff mit Hilfslieferungen wurde von der venezolanischen Marine bedroht, wie der Gouverneur des US-Außengebiets, Ricardo Rossello, erklärte. Die Marine habe gedroht, das Feuer auf das Hilfsschiff zu eröffnen und dieses damit zur Umkehr gezwungen.

Absetzbewegungen beim Militär

Rund 60 venezolanische Sicherheitskräfte setzten sich am Samstag nach Kolumbien ab. Sie seien aus den venezolanischen Bezirken Norte de Santander und Arauca in den Nachbarstaat geflohen, teilte die kolumbianische Einwanderungsbehörde mit. Bisher konnte Maduro weitgehend auf die Unterstützung des Militärs zählen.

In dem südamerikanischen Land herrscht trotz seines Ölreichtums eine Wirtschaftskrise mit akuten Versorgungsengpässen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen haben seit 2015 insgesamt rund 2,7 Millionen Menschen Venezuela verlassen.