Der künftige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
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Doskozil

Sicherungshaft nicht nur für Flüchtlinge

Der künftige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) greift den Vorschlag der ÖVP-FPÖ-Regierung für eine Sicherungshaft auf. In der ORF-„Pressestunde“ betonte er am Sonntag aber, diese solle nicht nur gegen Flüchtlinge, sondern auch gegen gefährliche Österreicher verhängt werden können.

Das sei schließlich ein Thema, das alle betreffe, eine Unterscheidung würde er überhaupt nicht verstehen. Grundlage ist für den SPÖ-Politiker, dass eine unmittelbare Gefahrensituation vorliegt, die von einem Psychologen auch so eingeschätzt wird. „Wenn der Preis des Freiheitsentzugs ist, dass unmittelbar ein Leben gerettet wird, da verstehe ich diese Diskussion überhaupt nicht.“

Gleichzeitig betonte Doskozil, dass natürlich Verfassung und Grundrechte eingehalten werden müssten. In welchen Fällen die Sicherungshaft genau zum Einsatz kommen sollte, ließ der burgenländische SPÖ-Chef offen, wies aber daraufhin, dass beispielsweise auch bei Wegweisungen ein Psychologe herangezogen werde.

Erwartet Einbindung der Opposition

Doskozil betonte, nicht Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), sondern ÖVP-Justizminister Josef Moser sei dafür inhaltlich zuständig, und auch dieser habe bereits darauf hingewiesen, dass diese Thematik besonders heikel sei. Angesichts der Sensibilität der Materie erwartet sich Doskozil, dass die Regierung die Opposition von Anfang in die Beratungen miteinbezieht.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Samstag im Ö1-Mittagsjournal angekündigt, dass Innenminister Kickl, Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Justizminister Moser einen Vorschlag ausarbeiten sollen – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Doskozil über Sicherungshaft

Der künftige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) will diese nicht nur gegen Flüchtlinge, sondern auch gegen gefährliche Österreicher verhängen lassen können.

Bundes-SPÖ will vorher Taskforce

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte am Freitag betont, zuerst müsse die Regierung mit einer Taskforce die Behördenvorgänge rund um den Mord am Sozialamtsleiter in Dornbirn klären. Diese solle Justizminister Moser leiten – die SPÖ vertraut diesbezüglich Kickl nicht. Binnen zwei Monaten solle dem Parlament ein Bericht vorgelegt werden. Geklärt werden soll laut SPÖ vor allem, ob der ausländische Täter auch nach geltender Rechtslage in Haft genommen hätte werden können. Die Fakten zu dem Fall müssten auf den Tisch, bevor über mögliche Einschränkungen von Freiheitsrechten diskutiert werde.

Ehrlichkeit bei Debatte über Rückkehrer gefordert

In der Diskussion um die Rücknahme gefangener IS-Kämpfer plädierte Doskozil in der „Pressestunde“ unterdessen für Ehrlichkeit. Natürlich wäre es für Österreich am angenehmsten, wenn diese Täter nicht zurückkämen. Aber real werde man wohl rechtlich nicht verhindern können, dass ein österreichischer Staatsbürger wieder einreist.

Debatte über Mindestlohn

Als klare Gegenposition sieht Doskozil seine Haltung in Sachen Mindestlohn.

Fordert Nachbesserungen bei Mindestsicherung

Bei der Mindestsicherung ist Doskozil der Meinung, dass das Regierungsmodell noch Nachbesserungen braucht – konkret, was die geringere Summe pro weiterem Kind in Mehrkindfamilien angeht. Für Doskozil seien hier Änderungen nötig, da jedes Kind gleich zu behandeln sei. Insgesamt handle es sich bei der Mindestsicherung um eine Neiddebatte, „die bis zu einem gewissen Grad eine Berechtigung hat“. Am besten könne man dem mit einem entsprechenden Mindestlohn entgegenwirken.

Gegen Links-Rechts-Schema

In ein rechtes Eck schieben lassen will sich der baldige Leiter einer rot-blauen Koalition nicht. Die ganze Diskussion in der Sozialdemokratie, was links oder rechts in der SPÖ sei, bediene nur die Medien und bringe Unruhe in die Partei. Seine Landesorganisation sieht er zwar „konsequent“ im Sicherheitsbereich, dafür sei man aber auch an der Umsetzung eines Mindestlohns im Land und werde unter ihm zum Biomusterland. Zudem stehe man in Opposition zum Wirtschaftsliberalismus der ÖVP.

Ohnehin hat Doskozil mit der Volkspartei nicht viel am Hut, regiert er doch im Burgenland mit den Freiheitlichen – und das sichtlich gerne: „An der Koalition im Burgenland ist derzeit nicht zu rütteln“, so Doskozil, der am Donnerstag auch offiziell zum Landeshauptmann bestimmt wird. Als Empfehlung an die Bundespartei sieht er das nicht. Dort gebe es auch andere Themenfelder und auch ein anderes „Gesamtspektrum“ als im Burgenland.

Performance der SPÖ in der Opposition

Doskozil räumte ein, dass die Oppositionsrolle für die SPÖ nicht einfach ist.

Stärkt Rendi-Wagner den Rücken

Rückendeckung des Landeschefs bekommt Bundesparteivorsitzende Rendi-Wagner. Man hätte diese nicht zur Vorsitzenden gemacht, wenn sie aus Sicht der Sozialdemokratie nicht die ideale Kandidatin wäre. Verantwortung würde überdies nicht nur die Parteichefin tragen: „Wir haben auch alle eine.“ Alle seien angehalten, Eigeninteressen hintanzustellen. Auch solle sich jeder hinterfragen, ob er der SPÖ nutze oder schade. Als Leitlinie dienten für ihn durchaus auch Wahlumfragen.

FPÖ erfreut, Jetzt empört

Der geschäftsführende FPÖ-Klubchef Johann Gudenus zeigt sich erfreut über Doskozils Aussagen zur Sicherungshaft. Freilich bezog sich Gudenus in seiner Aussendung nur auf Flüchtlinge, nicht aber auf Österreicher, die Doskozil von einer Sicherungshaft ebenfalls betroffen sehen will. Schon am Samstag hatte Kurz in einem Schreiben an mehrere Tageszeitungen die Forderung der SPÖ-Bundesspitze nach einer Taskforce zu dem Thema zurückgewiesen.

Jetzt ist dagegen empört über Doskozils Aussagen. Ihr ehemaliger Klubchef und jetziger Bürgerrechtevertreter Peter Kolba sieht es als „absolutes Alarmzeichen, wenn eine oppositionelle SPÖ – in völliger Vergessenheit ihrer Geschichte – sich für solche Forderungen hergibt“.