Roundup-Flaschen
APA/AFP/Josh Edelson
Krebs durch Glyphosat?

Brisanter Rechtsstreit könnte Bayer zusetzen

Die Bayer-Tochter Monsanto muss sich in den USA erneut wegen angeblicher Krebsrisiken ihres Unkrautvernichters Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat vor Gericht verantworten. Am Montag hat in San Francisco der Prozess des Klägers Edwin Hardeman gegen Monsanto begonnen.

Hardeman macht Roundup von Monsanto für seine Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs verantwortlich. Er wirft dem im vergangenen Jahr von der deutschen Bayer AG für 63 Milliarden Dollar (55,6 Mrd. Euro) übernommenen US-Saatgutriesen zudem vor, die Risiken des Produkts verschwiegen zu haben.

Für Bayer ist der Rechtsstreit brisant, denn es handelt sich um einen „Bellwether Case“ genannten Musterfall in einem Massenverfahren, der richtungsweisend für viele weitere Klagen ist. Insgesamt ist Bayer mit rund 1.300 US-Klägern konfrontiert, Hunderte Klagen sind bei Richter Vince Chhabria im nördlichen Bezirk von San Francisco gebündelt.

Wie wissenschaftlich sind die Studien?

Der Konzern weist die Anschuldigungen energisch zurück. Schon seit Monaten liegen die Anwaltsteams der Streitparteien bei der Prozessvorbereitung im Clinch. Vor allem geht es um die Frage, welche Studien als potenzielle Beweismittel zugelassen werden. Der Richter ließ einige der umstrittenen Dokumente als Beweismittel zu. Chhabria hatte Ende Jänner erklärt, die Kläger könnten bereits während der ersten Verfahrensphase Beweise für Monsantos angebliche Versuche einbringen, Studien über Glyphosat als Ghostwriter zu verfassen.

Zudem soll das Unternehmen versucht haben, auf die Ergebnisse von Wissenschaftlern und Aufsichtsbehörden Einfluss zu nehmen. Der Konzern hatte eigentlich darauf hoffen können, dass diese Unterlagen von den anstehenden Verfahren ausgeschlossen würden, nachdem Chhabria Anfang Jänner Beweise für ein unternehmerisches Fehlverhalten eingeschränkt hatte.

Schock bei Bayer nach erstem Urteil

Nachdem die Auswahl der Geschworenen bereits erfolgt ist, sollen die Streitparteien zum Prozessauftakt ihre Eröffnungsstatements abgeben. Danach steht ein Anhörungsmarathon auf dem Programm – für die nächsten vier, fünf Wochen sind dem Gericht zufolge an jedem Wochentag außer donnerstags rund sechsstündige Verhandlungen geplant.

Das erste Urteil in einem US-Rechtsstreit über Glyphosat hatte im August für großes Aufsehen gesorgt und klargemacht, wie riskant die rund 63 Milliarden Dollar teure Monsanto-Übernahme für Bayer ist. Eine Geschworenenjury hatte entschieden, dass das Unternehmen dem Krebspatienten Dewayne Johnson insgesamt 289 Millionen Dollar (255 Mio. Euro) zahlen müsse. Zwar senkte die zuständige Richterin die Summe später drastisch, und auch der geringere Schadenersatz sagt bisher wenig aus, da der Konzern Berufung eingelegt hat. Dass es aber überhaupt zu einem Schuldspruch kam, war ein Schock, der die Bayer-Aktie auf Talfahrt schickte und stark am Börsenwert zehrte.

WHO: Wahrscheinlich krebserregend

Glyphosat ist hochumstritten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte die Chemikalie 2015 als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ eingestuft. Die US-Umweltschutzbehörde hatte dagegen 2017 eine jahrzehntelange Bewertung der Risiken von Glyphosat abgeschlossen und erklärt, dass die Chemikalie für Menschen wahrscheinlich nicht krebserregend ist. Auch die Aufsichtsbehörden in der EU und Deutschland, der Heimat des Bayer-Konzerns, gelangten zu dem Schluss, dass keine Krebsgefahr von dem Herbizid ausgeht.

Die SPÖ forderte am Montag erneut ein Verbot von Glyphosat in Österreich und will das Thema am Mittwoch im Parlament behandeln. Unterdessen werden im Kärntner Landtag im zuständigen Ausschuss derzeit die Voraussetzungen für ein Glyphosatverbot für private Anwender erarbeitet – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Jetzt (ehemals Liste Pilz) sprach sich in einer Aussendung für eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit in Sachen Glyphosatverbot in Österreich aus.