Innenminister Herbert Kickl
APA/Roland Schlager
Sicherungshaft

Kickl plant weitere Asylverschärfungen

Die Debatte über den Umgang mit potenziell gefährlichen Asylwerberinnen und Asylwerbern hat sich am Montag verschärft: Bei einer Pressekonferenz kündigte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) weitere Pläne im Asyl- und Fremdenwesen an. Vorgesehen ist neben einer nächtlichen Anwesenheitspflicht auch die Sicherungshaft für bestimmte Asylwerber – basierend auf einer „Gefährdungsprognose“.

Bei dem Auftritt am Montag nannte Kickl gleich eine Reihe an Vorhaben. Mit Anfang März sollen die Erstaufnahmezentren für Asylwerber „Ausreisezentren“ heißen. Diese werden mit einer nächtlichen Anwesenheitspflicht von 22.00 bis 6.00 Uhr vorgesehen. Dieser soll „freiwillig“ zugestimmt werden. „Wer das nicht will, für den werden wir einen Ort finden, wo wenig Anreiz besteht, sich dort herumzutreiben“, so Kickl.

Um die Verfahren nach Wunsch Kickls zu beschleunigen, sollten in den „Ausreisezentren“ des Bundes möglichst schnell Reiseroute und Fluchtgründe geprüft werden, zudem solle es sofort eine Rückkehrberatung geben. Ginge es nach dem Innenminister, könnte auch die Zweitinstanz im Asylverfahren räumlich angebunden werden, um die Verfahren weiter zu beschleunigen. Denn diese sei dafür verantwortlich, dass das ganze Prozedere noch immer zu lange dauere. Auch solle in den Zentren eine „Gefährdungsprognose“ erstellt werden.

Sicherungshaft nur für Asylwerber

Zudem kündigte der Minister an, dass die bereits kolportierten Pläne für eine Sicherungshaft umgesetzt werden sollen, allerdings nur für gefährliche Asylwerber und nicht – wie vom designierten burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) vorgeschlagen – auch für als gefährlich geltende Österreicherinnen und Österreicher. Laut Kickl enthalten EU-Regeln die Möglichkeit einer Sicherungshaft bereits, man müsse diese nur etablieren.

Dieser Einschätzung pflichtete am Montag auch der Europarechtler Walter Obwexer von der Universität Innsbruck bei: Eine Sicherungshaft für Asylwerber sei europarechtlich zulässig. Die EU-Aufnahmerichtlinie würde eine derartige Maßnahme ermöglichen, es müsste aber nach der Inhaftierung rasch eine Prüfung durch einen Richter erfolgen, sagte er. Die EU-Aufnahmerichtlinie für Asylwerber und Antragsteller auf subsidiären Schutz sehe etwa vor, „dass die Mitgliedsstaaten eine Inhaftierung vornehmen dürfen, wenn diese Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen“, sagte Obwexer.

Kickl will weitere Verschärfungen

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will neben einer Sicherungshaft noch weitere Verschärfungen für Asylwerber.

Für einen solchen Eingriff in die persönliche Freiheit wäre eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig, also die Unterstützung von Teilen der Opposition. SPÖ und NEOS sollten aus dem „Schmollwinkel“ kommen, um eine Verfassungsbestimmung zu ermöglichen, so Kickl.

Kickl will gar keine Asylanträge mehr

Freilich gelte es gewisse Voraussetzungen zu erfüllen, so Kickl. Es müssten Verhältnismäßigkeit, eine Revisionsmöglichkeit und Einzelfallentscheidungen möglich sein. Die Behörde sollte zunächst entscheiden. Als Beispiel für einen Fall, wo eine Sicherungshaft zulässig sein solle, nannte Sektionschef Peter Webinger einen Asylwerber, der vor einer IS-Flagge entsprechende Drohungen ausstößt. Wie lange eine Sicherungshaft möglich wäre, wurde am Montag offengelassen.

Ziel der erneuten Verschärfung des Asylrechts sei, dass künftig in Österreich praktisch keine Asylanträge mehr gestellt werden könnten. Das Land sei von sicheren Drittstaaten umgeben, sagte Kickl. Hoffnung setzte Kickl dabei auf den Ausbau von „Fast-Track-Verfahren“ für Personen, deren Chance auf Asyl sehr niedrig ist.

SPÖ will erst Taskforce

Bereits am Wochenende hatten die Regierungsspitzen ihr Vorhaben einer Sicherungshaft vorgestellt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte am Samstag im Ö1-Mittagsjournal, Kickl, Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Moser sollten diesbezüglich einen Vorschlag ausarbeiten. NEOS und SPÖ hatten aber rechtliche Bedenken angemeldet. Die SPÖ bestand darauf, dass eine Taskforce zum Thema Sicherungshaft eingerichtet wird.

„Für mich stellt sich diese Frage auf der politischen Ebene noch nicht“, sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Montag im Ö1-Mittagsjournal und verwies auf die sich im Laufen befindende Aufarbeitung der Messerattacke in Vorarlberg – Audio dazu in oe1.ORF.at.

„Solange ich diese Ergebnisse nicht habe, stehe ich für Diskussionen nicht zur Verfügung“, so Rendi-Wagner, die grundsätzlich Eingriffe in die Grundrechte der Bürger ablehnte. Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig wollte sich am Montag nicht festlegen, ob die Sicherungshaft eingeführt werden soll oder nicht. Die Sache gehöre ausführlich diskutiert – und zwar aus Opfersicht, so Ludwig. Nur für Asylwerber soll sie gegebenenfalls aber nicht gelten, stimmte er mit Doskozil überein.

Zwischen Ja, Nein und Jein

Kärntens Landeshauptmann und stellvertretender SPÖ-Bundeschef Peter Kaiser bezeichnete die Aussagen seines Parteifreundes Doskozil zur Sicherungshaft am Montag vor Journalisten als „Einzelmeinung“. Nach seiner Position zur Sicherungshaft gefragt, wollte sich Kaiser nicht explizit festlegen, er forderte lieber eine Analyse der geltenden Gesetzeslage und eine Einbeziehung der SPÖ.

Anders als der burgenländische SPÖ-Chef Doskozil äußerte sich am Montag die oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer. Sie lehnte die Idee der Sicherungshaft für Asylwerber ebenso ab wie für Österreicher. Das hieße, „jemanden als Räuber zu verurteilen, bevor er einen Raub begangen hat“, und falle „eher in die Kategorie indiskutabel“, so Gerstorfer. Es gebe ausreichend andere „gute rechtliche Möglichkeiten“, die man ausschöpfen könne. Der Bundesregierung gehe es nicht um die Sicherheit der Bevölkerung, sondern „einzig darum, Asylwerber in Bausch und Bogen zu kriminalisieren“. Dabei nehme man auch in Kauf, „dass der Rechtsstaat ausgehöhlt wird“.

Der designierte Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer sah das anders: „Man kann über das reden. Aber vor dem Hintergrund der Wahrung aller Grund- und Menschenrechte“, sagte Dornauer. Menschen „einfach wegzusperren“, gehe „selbstredend“ nicht, so Dornauer.

NEOS verwundert

NEOS reagierte am Montag verwundert auf Kickls Forderungen: „Wir sprechen seit Tagen über einen höchst dubiosen und oberflächlichen Vorschlag eines untergetauchten Innenministers. Dann meldet er sich endlich einmal zu Wort und liefert keinerlei neue Fakten oder gar ein Konzept“, so Parteichefin Beate Meinl-Reisinger via Aussendung. Ein Einsperren aufgrund einer Gefährdungsprognose sei auf jeden Fall rechtlich unhaltbar, eine generelle Präventivhaft könne es mit NEOS nicht geben.