Verdörrtes Maisfeld
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Studie

Rechtsruck in Europa gefährdet Klimaziele

Nach der Europawahl im Mai könnten laut Eurobarometer rechte und euroskeptische Parteien über 20 Prozent der EU-Abgeordneten stellen. Ein Rechtsruck, der laut einer neuen Studie vor allem fatale Auswirkungen auf die Erreichung der Klimaziele haben könnte.

Zwei Drittel der Abgeordneten rechter Parteien, darunter auch jene der FPÖ, stimmen im EU-Parlament regelmäßig gegen klima- und energiepolitische Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens. Und: Sieben von 21 rechtspopulistischen Parteien leugnen der Untersuchung zufolge die Klimakrise, ihre von Menschen hervorgerufenen Ursachen und die negativen Folgen.

Im Europäischen Parlament komme die Hälfte aller Gegenstimmen bei Resolutionen zu Klima und Energie aus dem rechtspopulistischen Parteienspektrum. Insbesondere die deutsche AfD, die französische Rassemblement National, die italienische Lega, die britische UKIP und die niederländische PVV sowie auch die FPÖ stimmten konsequent gegen klimapolitische Politikvorlagen.

Rechte Parteien in Europa mehrheitlich gegen Klimaschutz

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am Dienstag in Berlin präsentiert wird. Die Untersuchung des Berliner Denkfabrik adelphi analysiert die 21 stärksten rechtspopulistischen Parteien Europas, deren Wahlprogramme und Statements sowie deren Abstimmungsverhalten.

Vizekanzler Heinz Christian Strache of (FPÖ), Marine Le Pen (FN) und Matteo Salvini (Lega Nord)
APA/AFP/Giuseppe Cacace
Heinz-Christian Strache, Marine Le Pen und Matteo Salvini 2016 beim Kongress der Fraktion Europa der Nationen und Freiheit (ENF)

Die Autoren der Studie, Alexander Carius und Stella Schaller, haben mit Blick auf den Klimaschutz drei Kategorien rechter Parteien ausgemacht. Erstens „Leugner und Skeptiker“ wie die AfD, die FPÖ, die britische UKIP und vier weitere Parteien, die wissenschaftliche Erkenntnisse über den Einfluss menschlichen Handelns auf das Klima bestreiten oder zumindest in Zweifel ziehen.

Große Unterschiede beim Thema Erneuerbare Energien

Die zweite Kategorie sind „Vorsichtige“ wie die Schweizerische Volkspartei (SVP), Rassemblement National von Marine Le Pen und neun weitere Parteien. Sie haben laut Studie entweder keine klare Positionierung in der Klimafrage oder messen dieser deutlich weniger Bedeutung bei als anderen Politikfeldern.

Was jeder und jede tun kann

Es gibt viele kleine Schritte, die jeder und jede auf einem möglichen Weg aus der Klimakrise gehen kann. Neben dem Verzicht auf Flugreisen und dem Umstieg auf erneuerbare Energien spielt auch der Fleischkonsum eine große Rolle – mehr dazu in Kleine Schritte gegen die Klimakrise.

Eine Ausnahme bilden die Dritten, nämlich „Zustimmende“ wie die FIDESZ-Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban, die Partei „Die Finnen“ und die lettische NA. Diese drei Rechtsparteien „erkennen die Gefahr, die der Klimawandel für die Welt und für ihre eigene Länder darstellt“, heißt es in der Studie.

Große Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien gibt es beim Thema erneuerbare Energien. Le Pen und die FPÖ unterstützen demnach einen Ausbau dieser Form von Energiegewinnung, um die Abhängigkeit ihres Landes von Energieimporten zu verringern. Die AfD ist dagegen Sprachrohr für Bürger und lokale Initiativen, die neue Windparks verhindern wollen. Sie beklagt die „Verspargelung der deutschen Kulturlandschaft“.

Rechtspopulisten gut vernetzt

Die politischen Gegner und Gegnerinnen des Faktors Mensch bei der Klimaerwärmung sind laut einem Bericht des „Standard“ zudem gut vernetzt. Die Klimakrise sei das kommende Thema, das Rechtspopulisten und -extreme zusammenschweiße, so die Zeitung. Die Parteien vereinten sich, um Gesetze zum Klimaschutz zu kippen. Vor zehn Jahren hätten ungefähr zehn Prozent der EU-Abgeordneten gegen Gesetze zum Klimaschutz gestimmt, nach der EU-Wahl könnte sich der Anteil aufgrund der zu erwartenden Ergebnisse verdoppeln.

Zwischen Politik und privaten Initiativen gebe es außerdem einen regen Austausch, so die Zeitung. Keine der Organisationen sei aber im europäischen Lobbyingregister verzeichnet. Für Österreich erwähnt der „Standard“ das „der FPÖ und Klimaleugnern“ nahestehende Austrian Economics Center (AEC).

FPÖ gegen alle untersuchten klimapolitischen Anträge

Dass auch die FPÖ sich in dieses Bild einfüge, illustriert die Studie unter anderem mit Zitaten von Parteichef Heinz-Christian Strache, dass „der Klimawandel immer selbstverständlich stattgefunden hat“, Grönland bereits „einmal ein grünes Land mit Weinanbau“ gewesen sei und man die Erderwärmung ohnehin „angesichts zunehmender Sonneneruptionen und einer Erwärmung der Sonne nicht korrigieren“ könne. Seit ihrer Regierungsbeteiligung wird den Freiheitlichen allerdings zumindest eine „freundlichere Sprache“ zum Thema attestiert.

Was die heimische Umweltpolitik betrifft, wird der FPÖ zwar ihre Unterstützung für erneuerbare Energien und den Ausstieg aus fossilen Energieträgern aus Gründen der Energieautarkie angerechnet. Andererseits habe die Partei starke Verbindungen zur fossilen Energie-, Fahrzeug- und Stahlindustrie, ihre wirtschaftspolitischen Ziele widersprächen den umweltpolitischen deutlich.

Greenpeace: Klimaschutz wird torpediert

Außerdem schlage sich ihre innenpolitische Position nicht in entsprechendem Stimmverhalten im EU-Parlament nieder. Die FPÖ, resümiert die Untersuchung, „stimmte im EU-Parlament gegen alle klimapolitischen Anträge, die in dieser Studie untersucht wurden“.

Für Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer ist ohnehin „längst bekannt, dass der österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache wissenschaftliche Fakten rund um den Klimaschutz leugnet“. „Die Studie zeigt nun schwarz auf weiß, dass diese Haltung bei der FPÖ und ihren Schwesterparteien System hat: Im EU-Parlament haben sie konsequent gegen die wichtigsten klima- und energiepolitischen Entscheidungen gestimmt. Und auch auf nationaler Ebene wird der Klimaschutz torpediert, etwa indem der blaue Verkehrsminister Tempo 140 durchsetzen will.“

Trump als Gegner des Pariser Klimaabkommens

Doch auch über die Grenzen Europas hinweg lässt sich Widerstand gegen das Pariser Klimaabkommen finden. Donald Trump etwa ist ein erklärter Gegner des Abkommens. Im Juni 2017 hatte der US-Präsident den Austritt seines Landes angekündigt und damit bei Regierungen und Umweltschützern weltweit für Fassungslosigkeit gesorgt.

Thomas DiNapoli, Chef des Pensionsfonds der Stadt New York, nennt den Ansatz Trumps „fehlgeleitet“. „Weltweite Anstrengungen gegen die sehr reale Bedrohung der Klimakrise für die Wirtschaft und die Finanzmärkte gehen weiter“, so DiNapoli. „Wir bleiben dabei und unterstützen die Pariser Klimaziele.“ Der Übergang in eine Ökonomie mit niedrigem CO2-Ausstoß sei eine Möglichkeit für Investoren. Investoren, die den Wechsel aber ignorierten, täten das auf ihre eigene Gefahr, so DiNapoli.