Pepper Woods
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Echtes Englisch

Peppa Wutz zeigt’s den Amerikanern

Die Veränderung von Jugendsprache sorgt regelmäßig für Gesprächsstoff. Während sich Eltern in Österreich zunehmend sorgen, dass ihre Kinder „eine Cola" trinken wollen, amüsieren sich amerikanische Mütter und Väter über ihre kleinen Peppa-Wutz-Fans, die in britischem Englisch ein „biscuit“ essen wollen, wo es in den USA doch „cookie“ für Keks heißt.

Peppa Wutz, auf Englisch Peppa Pig, ist ein animiertes weibliches Zeichentrickferkel, das vermenschlicht dargestellt wird. Die fünfminütigen Episoden behandeln Situationen aus dem Alltag von Kleinkindern – etwa im Kindergarten, auf dem Spielplatz und beim Einkaufen mit der Familie.

An sich ist das kein neues Konzept, ähnliche Szenen werden in zahlreichen Kinderserien nachgestellt. Worüber sich US-Eltern aber bei „Peppa Wutz“ zunehmend amüsieren, so zeigen Beiträge in Sozialen Netzwerken, ist die Wirkung der musterhaft britisches Englisch sprechenden Peppa auf die Sprechweise von US-amerikanischen Kleinkindern.

„Danke, Peppa Wutz“

Die amerikanische Literaturagentin Jen Rofe etwa „bedankte“ sich auf Twitter bei dem kleinen rosa Ferkel mit dem charakteristischen roten Kleid: „Ich möchte Peppa Wutz für den leichten und dennoch bezaubernden britischen Akzent danken, den mein Kleinkind anstrebt.“ Eine andere Userin und dreifache Mutter aus dem US-Bundesstaat Minnesota twitterte: „Der unterhaltsamste Aspekt in meinem Leben ist gerade mein Kleinkind, das ‚Peppa Wutz‘ schaut und nun mit britischem Akzent spricht.“

Für Erheiterung in den USA sorgt zudem, dass Peppa und die ganze Wutz-Familie nicht nur britisches Mittelschichtenglisch sprechen, sondern etliche Nebenfiguren, etwa der Bauarbeiter Herr Bulle, einen Cockney-Akzent haben. Wohl zu Recht vermutet wird in Sozialen Netzwerken, dass das seine Herkunft aus der Arbeiterschicht andeuten soll.

Akkommodation an die Lebensumwelt

In einem augenzwinkernden Kommentar der „Financial Times“ war vor Kurzem zu lesen, dass „Peppa Wutz“ Großbritanniens Versuch anführe, „die Welt zu erobern“. Doch droht den Amerikanerinnen und Amerikanern durch das Zeichentrickferkel nun tatsächlich ein britischer Kulturimperialismus?

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Peppa (links) und ihr kleiner Bruder George begeistern Kinder in 21 Sprachen

Ganz so verhängnisvoll für die USA dürfte Peppas „British-English“ doch nicht sein. In der Linguistik nennt man das Phänomen, das amerikanische Eltern zurzeit beschäftigt, Akkommodation. Diese sprachliche Anpassung an die jeweilige Lebensumwelt kommt auf der ganzen Welt in jeder Sprache und Altersgruppe vor. Zumeist geschieht die Akkommodation unbewusst. Menschen sind außerdem in der Lage, zwischen verschiedenen Dialekten hin- und herzuschalten, in der Sprachwissenschaft nennt man dieses Verhalten Codeswitching.

Bei Kindern bildet sich in der Regel ab dem 20. Lebensmonat ein sprachlicher Akzent. Eine Studie im „British Journal of Developmental Psychology“ wies zudem nach, dass fünf- und sechsjährige Kinder nicht bewusst zwischen muttersprachlichen Akzenten in ihrer eigenen Sprache unterscheiden können.

Phonetische Amerikanisierung nicht aufzuhalten?

Dass die britische Aussprache den kleinen Peppa-Wutz-Fans erhalten bleibt, gelte aber als unwahrscheinlich, wie die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) schreibt, da die punktuelle Gegenströmung durch die Sendung die phonetische Amerikanisierung des Englischen kaum aufhalten könne. Die meisten englischen Filme und Serien würden immerhin mit amerikanischen Stimmen aufgenommen und ausgestrahlt.

In der Tat werden nur in Ausnahmefällen Sendungen, die im Original amerikanisch klingen, fürs englische Fernsehen eigens mit britischen Stimmen neu synchronisiert. Eine Ausnahme ist etwa die kanadische Serie „Paw Patrol“, von der es eine nordamerikanische und eine britische Fassung gibt.

Maskottchen für chinesisches Jahr des Schweins

Wo einst das Fernsehen eine besonders prägende Rolle für die Aneignung bestimmter Begriffe in der Kindersprache spielte, sind es heute Netflix, YouTube und Co. So zählt „Peppa Wutz“ auf YouTube 7,3 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten. Es gibt außerdem einen YouTube-Livekanal, vertrieben wird die Serie vom britischen Sender E1 Kids. Seither wurde „Peppa Wutz“ in über 180 Länder verkauft – also in über 90 Prozent aller Länder der Welt. Übersetzt wurde der Cartoon bisher in 20 Sprachen.

Peppa Pig Figur mit einem Mädchen
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Peppa dient in China als Maskottchen für das chinesische Jahr des Schweines

Besonders populär ist die Wutz-Familie samt allen ihren Charakteren übrigens in China, wo dieses Jahr sogar zwei „Peppa Wutz“-Vergnügungsparks öffnen sollen. Die Volksrepublik feiert heuer nämlich das Jahr des Schweins – und Peppa höchstpersönlich ist dafür das Maskottchen. In einem eigens dafür produzierten Film feiert das kleine Ferkel das chinesische Neujahrsfest. Der Trailer wurde auf YouTube über eine Milliarde Mal angeklickt.

„Angry Peppa“ belustigt Erwachsene

Und weil Peppa Wutz die Kleinkinderscharen auf der ganzen Welt begeistert, ließen auch etliche Parodien für Erwachsene nicht lange auf sich warten. So wurde „Angry Peppa“, die „grantige Peppa“, von Internetnutzerinnen und -nutzern geschaffen. Auslöser ist eine Episode, in der Peppa Wutz das Schaf Luzie Locke anruft, weil sie traurig ist, da sie nicht pfeifen kann.

Daraufhin probiert Luzie Locke das Pfeifen, es gelingt ihr auf Anhieb – und Peppa Wutz legt ohne Worte und mit „bösem“ Gesichtsausdruck sofort das Telefon auf: Stoff genug für zahlreiche Internet-Memes, die frustrierende Alltagssituationen am Telefon verdeutlichen sollen.