Eine Frau mit Handy und Laptop in einer Wohnung
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Deutschland

Debatte über Homeoffice-Gesetz

Länger schlafen statt Verkehrsstaus, gemütliche Couch statt lautes Großraumbüro und mehr Selbstbestimmtheit: Homeoffice ist beliebt, aber das Potenzial wird laut einer Studie nicht ausgeschöpft. In Deutschland wird deshalb über ein Recht auf Homeoffice diskutiert. Doch unklar ist, wie ein solches Gesetz konkret aussehen soll.

Am Dienstag kündigte das deutsche Arbeitsministerium eine rechtliche Regelung für dieses Jahr an. Alle, die zumindest gelegentlich genauso gut von zu Hause aus arbeiten könnten, sollten bessere Möglichkeiten erhalten, das auch zu tun, sagte Staatssekretär Björn Böhning (SPD). Es werde eine klare Regelung geben, die das Recht auf mobile Arbeit auf diejenigen Fälle beschränke, in denen „Homeoffice im Hinblick auf den Arbeitsmitteleinsatz auch außerhalb des Betriebs wirklich möglich ist“. Der Regierungspartner CDU/CSU lehnt den Anspruch jedoch ab.

Der Vorstoß ist freilich nicht neu. Bereits im Jänner hatte Böhning das Recht ins Gespräch gebracht. Im Februar hatte dann die SPD, die das Arbeitsministerium führt, die Forderung verschriftlicht. „Wir werden ein Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice gesetzlich verankern, damit mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von den digitalen Vorteilen profitieren können“, heißt es in dem SPD-Konzept. Details über einen rechtlichen Rahmen blieben jedoch noch aus. Bisher gibt es kein im Gesetz verankertes Recht auf Homeoffice.

Trend, aber Anteil in Österreich gering

Das gelte auch für Österreich, sagte Martin Risak, Arbeitsrechtler der Uni Wien, im Gespräch mit ORF.at. „So wie es keine Verpflichtung für eine Gleitzeit gibt, gibt es für den Arbeitgeber auch keine Verpflichtung für Homeoffice“, so der Experte. Die Rechtsprechung leite aus „Natur und Zweck des Arbeitsverhältnisses“ ab, dass der Arbeitnehmer seinen Dienst im Betrieb des Arbeitgebers verrichte. Wer etwas anderes möchte, etwa von zu Hause aus arbeiten, müsse das mit dem Arbeitgeber vereinbaren. „Am besten so detailliert wie möglich“, empfahl Risak.

Wann beginnt die Arbeitszeit? Wann endet sie? Gibt es Ruhepausen? Wer muss für die erforderlichen Arbeitsmittel aufkommen? Wer ist für die Wartung der Mittel verantwortlich? „Im Gesetz wird die Wohnung explizit als Ort erwähnt, wo Arbeitszeit anfallen kann. Die gehört auch aufgezeichnet“, sagte Risak. Für die Bereitstellung der Arbeitsmittel sei grundsätzlich der Arbeitgeber zuständig. Wenn das Privattelefon oder der private Internetanschluss verwendet werde, bestehe zumindest der Anspruch auf einen Kostenersatz.

Homeoffice liegt zwar im Trend, die Zahl derer, die aber tatsächlich von zu Hause aus arbeiten, ist gering. Laut Mikrozenus der Statistik Austria gaben 3,7 Prozent der Befragten „zu Hause“ als ihren Hauptarbeitsplatz an. Bei Frauen ist der Anteil höher (4,3 Prozent), bei Männern niedriger (3,2 Prozent). Der Anteil der Homeoffice-Angestellten steigt mit dem Alter und dem formellen Bildungsgrad. Dem stimmt auch die deutsche Soziologin Yvonne Lott zu, die im Interview mit Deutschlandfunk betonte, dass Homeoffice ein Privileg der Höherqualifizierten sei. Höher ist der Anteil jener, die das Privatheim als „weiteren Arbeitsplatz“ angeben.

Gerne auch länger?

Studien über Homeoffice gibt es zahlreiche. Arbeitnehmer, die zu Hause arbeiten, seien zufriedener als ihre Kollegen, die in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers ihrer Tätigkeit nachgehen, heißt es etwa in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. In einer anderen Studie, die von Wissenschaftlerinnen und Forschern der Universität Basel durchgeführt wurde, wird attestiert, dass Homeoffice-Angestellte aber auch um 2,5 Stunden pro Woche länger arbeiten und eine höhere „Mehrarbeit“ verrichten. Die Mehrarbeit dürfte „vor allem das Resultat einer verbesserten intrinsischen Motivation“ sein, heißt es im Fazit.

Allerdings wird auch auf eine höhere Outputorientierung hingewiesen. „Wenn die Arbeitszeit nicht dokumentiert oder kontrolliert wird, muss die erbrachte Leistung als Bestätigung herhalten. Das kann freilich zu Leistungsdruck führen, zu jeder Zeit und überall Leistung erzeugen zu müssen“, sagte Arbeitsrechtler Risak. Aber auch Arbeitnehmer würden mit Mehrarbeit versuchen, das Vorurteil, zu Hause lasse man die Arbeit eher schleifen, zu entkräften.

Recht auf Homeoffice in den Niederlanden

Ein Aspekt, der laut Risak in der Diskussion über Homeoffice derzeit zu wenig beachtet wird, ist die Arbeitsplatzgestaltung im Betrieb. Durch ein durchdachtes Konzept von Homeoffice könnten sich Unternehmen Kosten sparen, schließlich muss für Büroräume gezahlt werden. „Schon heute gibt es Unternehmen, in denen fixe Arbeitsplätze selten sind. Am Abend muss der Schreibtisch sozusagen leergeräumt werden“, so Risak. Aber was passiert mit jenen, die nicht immer im Homeoffice arbeiten, sondern auch ab und zu im Unternehmen?

Ein Recht auf Homeoffice gibt es übrigens bereits in den Niederlanden seit 2015. Zwar muss noch immer ein Antrag gestellt werden, aber der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem Mitarbeiter darüber zu sprechen und eine negative Entscheidung zu begründen. Ablehnungsgründe können etwa schwere Sicherheitsrisiken sein, wenn die Mitarbeiter nicht im Büro arbeiten, Lücken im Dienstplan oder erhebliche finanzielle Einbußen, die dem Unternehmen durch die Abwesenheit der Mitarbeiter entstehen würden.