Frau im Büro, aufgenommen aus der Vogelperspektive
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Neue Vorgabe

AMS soll Frauenteilzeit fördern

Das Sozialministerium hat die politischen Leitvorgaben des Arbeitsmarktservice (AMS) für Frauen geändert. Demnach soll es vor allem mehr „qualifizierte Teilzeitstellen“ geben. Das berichtete der „Standard“ am Mittwoch. Die SPÖ sieht darin ein weiteres Verdrängen in die „Teilzeitfalle“, das Ministerium versucht zu beruhigen.

Die politische Leitvorgabe, dass „50 Prozent der Aufwendungen des aktiven Arbeitsmarktbudgets für Frauen zu dotieren ist“, gab es seit 2006, heißt es im „Standard“. Der damalige Arbeitsminister war Martin Bartenstein (ÖVP). Auch die folgenden SPÖ-Minister hatten die Vorgaben übernommen. Nun gibt es dieses Ziel so nicht mehr. Hingegen soll das AMS nun wieder verstärkt Langzeitarbeitslose, ältere Menschen, Jugendliche und Frauen unterstützen. Außerdem gibt es laut dem Bericht den Hinweis, dass „konkrete Arbeitsmarktchancen von Frauen zu erhöhen sind“.

Auch die Verweise, dass Frauen über die negativen langfristigen Effekte von Teilzeitbeschäftigung – also vor allem eine geringe Pension – aufgeklärt werden müssen, sowie dass Frauen, die eine Vollzeitstelle suchen, besonders stark unterstützt werden müssen, gebe es dem Bericht zufolge nicht mehr. Stattdessen solle das AMS gemeinsam mit den Unternehmen „qualifizierte Teilzeitstellen“ schaffen und den Frauen „echte Wahlfreiheit“ ermöglichen, ob sie bei den Kindern bleiben wollen oder Teilzeit oder Vollzeit arbeiten wollen.

Heuer noch keine Änderung

Die Zielvorgaben des Ministeriums sind lediglich Leitlinien für das AMS, die konkreten Ziele formuliert jedoch der Verwaltungsrat, der aus Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- sowie Regierungsvertretern besteht. Dieser hat für das Jahr 2019 eine eigene 50-Prozent-Fördervorgabe für Frauen erlassen. Damit dürfte sich für heuer nichts Wesentliches an der Strategie des AMS ändern. Allerdings kann der Verwaltungsrat seine Vorgaben 2020 neu festlegen.

AMS-Chef Johannes Kopf wolle trotz der Zielvorgaben an der „Überförderung“ von Frauen festhalten: Frauen machen traditionell weniger als die Hälfte der beim AMS gemeldeten Arbeitslosen aus, daher führte das 50-Prozent-Ziel zu einer vermehrten Förderung. 2018 lag der Anteil bei 45,2 Prozent. Kopf will nun einen Vorschlag beim Verwaltungsrat einbringen, laut dem es ein flexibles Ziel geben soll, wonach Frauen im Vergleich zu ihrem Anteil an den Arbeitslosen „um x Prozent“ mehr Förderung erhalten sollen, heißt es in dem Bericht.

Von Arbeitnehmerseite wurde laut „Standard" die Fokussierung des Ministeriums auf Teilzeitarbeit kritisiert. Bei der Wirtschaftskammer sehe man dagegen kein Problem in der Abschaffung eines bisher nicht sehr praktikablen 50-Prozent-Förderziels. In der Vergangenheit wurde das Förderziel mehrmals verfehlt. Auch das Ministerium sieht keine Nachteile, da Frauenförderung auch in den neuen Zielvorgaben weiterhin forciert werde, schreibt die Zeitung.

Ministerium: „Es wird sich faktisch nichts ändern“

„Es wird sich faktisch nichts ändern an der 50-Prozent-Förderquote für Frauen“, sagte ein Sprecher von Sozialministerin Beate Hartinger Klein (FPÖ) daraufhin am Mittwoch zur APA. Das wäre realpolitisch gar nicht möglich, so der Sprecher. Auch der Verwaltungsrat habe für 2019 trotz der neuen Zielvorgaben an dem Grundsatz festgehalten, dass die Hälfte der AMS-Fördermittel Frauen zugutekommen soll, so der Sprecher weiter. Dass dies auch in den nächsten Jahren so bleiben wird, sei sehr wahrscheinlich.

Frauen bleiben damit weiterhin „überfördert“, da ihnen auch in Zukunft 50 Prozent der AMS-Mittel zur Verfügung stehen sollen, sagte der Sprecher. Die konkrete Prozentangabe findet sich jedoch in den neuen Zielvorgaben des Ministeriums nicht mehr.

Heinisch-Hosek: „Schwarz-blauer Angriff auf Frauen“

Bei der SPÖ steht man den neuen Zielvorgaben dagegen kritisch gegenüber. Die Frauenvorsitzende der Partei, Gabriele Heinisch-Hosek, sieht in den neuen Zielen für das AMS „den nächsten schwarz-blauen Angriff auf Frauen“. „ArbeitnehmerInnen werden von dieser Regierung verkauft. Das zeigt sich beim Zwölfstundentag und auch bei dem Hohn rund um den Karfreitag, der nun doch kein Feiertag wird. Dass die Frauen in vieler Hinsicht doppelt draufzahlen, ist besonders bitter“, so Heinisch-Hosek.

Das Ministerium dränge die Frauen mit den Vorgaben verstärkt „in die Teilzeitfalle", kritisierte Elisabeth Grossmann, Frauensprecherin der SPÖ im Bundesrat. Jetzt-Arbeits- und -Sozialsprecherin Daniela Holzinger sagte: „Der Wiedereinstieg in den Beruf ist für viele ein Problem, und auch langfristige Teilzeitbeschäftigungen schlagen natürlich auf die Lebenserwerbskurve durch. Dieses Problem haben Männer meist nicht – Kinderbetreuung wird hierzulande immer noch als alleinige Aufgabe der Frau gesehen.“ Als „völlig falschen Weg“ und „Rückschritt für Frauen“ bezeichnete die Frauensprecherin der Wiener Grünen, Barbara Huemer, die Änderungen.

Eine Analyse der Arbeitsmarktstatistik der Statistik Austria für das dritte Quartal 2018 nach Teilzeit und Vollzeit macht die unterschiedliche Entwicklung bei Frauen und Männern deutlich sichtbar: So entfiel das Plus von 70.800 unselbstständig Erwerbstätigen in Vollzeitjobs auf 61.800 Männer und auf rund 9.000 Frauen. Die Teilzeitquote bei unselbstständig beschäftigten Frauen stieg im Vergleich zum dritten Quartal des Jahres 2017 um 0,4 Prozentpunkte auf 47,3 Prozent, bei Männern ging sie um 1,1 Prozentpunkte auf 9,7 Prozent zurück.