Schilder im österreichischen Nationalrat mit dem durchgestrichenen Wort „Feiertag“
ORF
Karfreitag

Regelung für Opposition „Verhöhnung“

Die von der Regierung vorgestellte Lösung zum Karfreitag hat am Mittwoch auch im Nationalrat für hitzige Debatten gesorgt. Die Opposition spricht von einem „Kniefall“, die Regierung verteidigt das Vorgehen. Die Regelung könnte jedoch ein neuerliches rechtliches Nachspiel haben, warnen unterdessen Arbeitsrechtler.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bezeichnete den „persönlichen Feiertag“ im Plenum als „Verhöhnung“ von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – und einen „Kniefall vor der Wirtschaft“. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der die bisherige Karfreitag-Regelung gekippt hatte, habe der Regierung einen „Elfmeter aufgelegt“ und ihr die Möglichkeit gegeben, einen Feiertag für alle einzuführen. Der Regelung mit dem Urlaubstag erteilte sie eine Abfuhr: „Um einen Urlaubstag zu nehmen, brauche ich keine schwarz-blaue Bundesregierung“, so die SPÖ-Chefin.

FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz verteidigte die Lösung hingegen: „Diese Regierung schaut nicht nur auf Arbeitnehmerinteressen“, so Rosenkranz. Die Wirtschaft funktioniere „so, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Boot sitzen“. „Wir haben eine Lösung, die nicht diskriminiert.“ Auch Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sagte in Richtung der Opposition: „Wer schafft die Arbeit, die Wirtschaft schafft sie. Merkt’s euch das einmal.“

Karfreitag im Nationalrat stark umstritten

Die Neuregelung des Karfreitags ist auch im Nationalrat emotional debattiert worden.

NEOS befürchtet mehr Bürokratie

NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker warnte wiederum vor Bürokratiekosten. Die Buchhaltung in Betrieben müsse künftig für jeden einzelnen Mitarbeiter einen „persönlichen Feiertag“ verwalten. Der Regierung gratulierte er höhnisch zu diesem Ausdruck, der nun auch im Gesetz stehe. Loacker kritisierte auch, dass es „keine Gleichstellung“ von Beamten und Angestellten und Arbeitern gebe – der öffentliche Dienst würde den halben freien Tag am Karfreitag behalten.

Auch Jetzt-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber warf der Regierung sinngemäß einen Kniefall vor der Wirtschaft vor. Seitens der Regierung werde jede noch so kleine Form des sozialen Ausgleichs mit einem Fingerwisch unterbunden.

„Wird zu Rechtsstreitigkeiten führen“

Noch am Abend wurde die Streichung des Karfreitags als Feiertag beschlossen. Zustimmung kam nur von ÖVP und FPÖ. Für die neue Regelung gab es neben breiter Kritik auch rechtliche Bedenken, was die geplante Änderung der Kollektivverträge, darunter des Generalkollektivvertrags, der seit fast 70 Jahren gilt.

Der Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wiener Wirtschaftsuniversität hält den geplanten Eingriff in den Generalkollektivvertrag für unzulässig. Marhold verwies darauf, dass sowohl der EuGH als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei und Deutschland für ähnliche Pläne verurteilt haben. „Das wird zu Rechtsstreitigkeiten führen“, sagte Marhold, denn: „Nach meiner Sicht ist durch die gesetzliche Änderung nicht viel gewonnen, weil der Generalkollektivvertrag trotz des Eingreifens des Gesetzgebers unverändert weiter gilt.“

Streichung „politischer Wille“

Arbeitsrechtler Walter Pfeil von der Universität Salzburg hält den geplanten Eingriff in die Kollektivverträge für verfassungswidrig. Außerdem wies er die Behauptung der Regierung zurück, damit nur die Vorgaben des EuGH umzusetzen. Die Streichung des Feiertags am Karfreitag sei keine Vorgabe des EuGH, sondern „politischer Wille“. „Den Zwang, den die Regierung suggeriert, gibt es nicht“, so Pfeil.

„Der EuGH hat gesagt, die Ungleichbehandlung ist nicht zulässig. Aber man kann die Ungleichbehandlung auf verschiedene Weise beseitigen. Es hätten auch alle freibekommen können“, so Pfeil. Deshalb hält der Arbeitsrechtler auch den „relativ unverfrorenen“ Eingriff in jene Kollektivverträge, die den freien Karfreitag weiterhin vorsehen, für verfassungswidrig.

ÖGB prüft rechtliche Schritte

Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) geht davon aus, dass die von der Bundesregierung ins Auge gefasste Neuregelung zum Karfreitag rechtlich nicht wasserdicht ist. „Beim ersten Darüberschauen gehe ich davon aus, dass diese Regelung nicht halten wird und anfechtbar ist“, sagte der Leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz am Mittwoch zur APA. „Wir werden uns genau ansehen, ob das hält“ – etwa verfassungs- und europarechtlich, sagte er. Man werde mit Hilfe von Experten die vorliegenden Pläne nun genau analysieren. Danach werde der ÖGB entscheiden, wann, wie und wo man klagen wird.

AK-Präsidentin Renate Anderl sprach von einem „Tabubruch“ und „Kniefall vor der Wirtschaft“. „Die Regierung gönnt den Evangelischen, Methodisten und Altkatholiken ihren wichtigsten Feiertag nicht mehr“, sagte Anderl. Zudem sei der Vorschlag, einen Urlaubstag nehmen zu dürfen, unausgereift. „Der Vorschlag liegt erst ein paar Stunden vor und wird schon durchgepeitscht, ohne Begutachtung durch ExpertInnen“, so die Kritik Anderls in einer Aussendung.

Kurz und Strache verteidigten Regelung

Schon am Vormittag verteidigten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) die Streichung des Karfreitags als Feiertag verteidigt. „Für 96 Prozent der Bevölkerung ändert sich gar nichts“, so Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Diejenigen, also Protestanten und Altkatholiken, die bisher mehr Feiertage hatten, haben in „Zukunft gleich viel wie die 96 Prozent, die es sonst noch in diesem Land gibt“, so der Kanzler.

Pressefoyer nach dem Ministerrat

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verteidigen im Pressefoyer die Karfreitag-Regelung.

Auch Strache wies Kritik zurück. Mit der „Aufwertung des Urlaubstages“ könnten künftig Protestanten „am Karfreitag gesichert freinehmen“. Auch „alle anderen, Atheisten, Religionsgemeinschaften querbeet“, könnten über diese Sonderregelung ihren persönlichen „Feiertag oder Familientag sicherstellen“. Er sieht die Verantwortung auch bei der Arbeiterkammer (AK), die „einen Atheisten“ beim EuGH „unterstützt hat“, der eine „Besserstellung“ der Protestanten beklagt habe. Die AK habe unterstützt, das einzuklagen, weil man „offenbar den Protestanten das kollektivvertraglich neidig war, anders kann man das nicht bezeichnen“, so Strache.

Bischof Bünker änderte Position

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker ist nun doch nicht zufrieden mit der Karfreitag-Lösung. „Entgegen aller Versprechen der Regierung wurde den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen“, stellte er am Mittwoch fest: „Hier wurde offensichtlich den Interessen der Wirtschaft nachgegeben.“

Dass den Evangelischen ein bisher freier Tag genommen wurde, werfe auch ein Licht darauf, „wie mit den Interessen religiöser Minderheiten in Österreich derzeit umgegangen wird“. Bünkers erste Reaktion am Dienstag war milde ausgefallen: Er sprach von einer positiven Lösung mit einem Wermutstropfen – was ihm Kritik aus den eigenen Reihen, etwa des Kärntner Superintendenten Manfred Sauer, eintrug.

In der am Mittwoch auf der Website der evangelischen Kirche veröffentlichten Stellungnahme erklärt Bünker: Mit dem am Dienstag veröffentlichten Verzicht auf den inakzeptablen halben Feiertag sei „nur das Schlimmste verhindert“ worden. Das „hat bei mir zunächst Erleichterung ausgelöst“. Aber: Auch wenn die neue Regelung positive Aspekte enthalte – sie sei diskriminierungsfrei und der „halbe Feiertag vom Tisch“ – bleibe dennoch das Fazit, dass „entgegen aller Versprechen der Bundesregierung den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen wurde“.

Keine Änderung bei Jom Kippur

Keine Änderung sehen die Regierungspläne übrigens für den jüdischen Feiertag Jom Kippur vor. Kurz sagte dazu, dafür gebe es keinen gesetzlichen Feiertag, dieser sei im Kollektivvertrag geregelt. Der Arbeitsrechtler Pfeil ortet hier aber „dasselbe Problem wie mit dem Karfreitag“: „Es könnte schon heute eine Klage eines nicht-jüdischen Arbeitnehmers kommen.“