Israels Premier Minister Benjamin Netanyahu
AP/Sebastian Scheiner
Korruptionsvorwürfe

Israels Justiz will Netanjahu anklagen

Nur wenige Wochen vor der Parlamentswahl in Israel hat Generalstaatsanwalt Avischai Mandelblit bestätigt, dass er Regierungschef Benjamin Netanjahu wegen Korruption anklagen will. Er strebe ein Verfahren gegen Netanjahu wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs an, teilte Mandelblit am Donnerstag in Jerusalem mit.

Nach juristischer Praxis in Israel muss zuvor jedoch noch eine Anhörung Netanjahus erfolgen. Am 9. April finden in Israel Parlamentswahlen statt. Netanjahu will erneut Ministerpräsident werden und hat einen Rücktritt auch im Falle einer Anklage bereits ausgeschlossen.

Netanjahu wies die Korruptionsvorwürfe gegen ihn als „Hexenjagd“ zurück. Netanjahu sagte am Donnerstagabend, er werde alle Anklagepunkte widerlegen und wolle „noch lange Jahre“ Israels Ministerpräsident bleiben. „Es wird nichts davon übrig bleiben“, sagte er zu den Vorwürfen. „Dieses Kartenhaus wird in sich zusammenfallen.“ Es handle sich um einen Versuch der israelischen Linken, seine Regierung zu stürzen und die Macht zu übernehmen. Auch Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei wies die Korruptionsvorwürfe entschieden zurück. Es handle sich um „politische Verfolgung“, erklärte die Partei.

Verdacht der Geschenkannahme

Der Ministerpräsident wird verdächtigt, von befreundeten Milliardären teure Geschenke angenommen zu haben. Netanjahu wird zudem verdächtigt, als Kommunikationsminister dem Telekomriesen Bezeq rechtliche Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Austausch dagegen soll das zum Konzern gehörende Medium „Walla“ positiv über ihn berichtet haben. Außerdem soll er einem kritischen Zeitungsverleger angeboten haben, im Gegenzug für positive Berichterstattung dessen Konkurrenzblatt zu schwächen.

Generalstaatsanwalt Avischai Mandelblit
APA/AFP/Jack Guez
Generalstaatsanwalt Mandelblit will Netanjahu wegen Korruption anklagen

Wann die Anhörung Netanjahus stattfinden soll, war zunächst unklar. Bis zu einer endgültigen Entscheidung über eine Anklage kann noch bis zu einem Jahr vergehen. Es wäre das erste Mal in Israels Geschichte, dass gegen einen amtierenden Regierungschef Anklage erhoben wird. Als Oppositionsführer hatte Netanjahu 2008 den damaligen Regierungschef Ehud Olmert zum Rücktritt gedrängt, als dieser unter Korruptionsverdacht stand.

Israels Justiz will Netanjahu anklagen

Paukenschlag im israelischen Wahlkampf: Die Justiz hat angekündigt, den Regierungschef wegen Bestechlichkeit anklagen zu wollen.

Die Korruptionsvorwürfe hatten damals Olmerts politische Karriere beendet. Er trat 2008 schon vor einer Anklage gegen ihn zurück, blieb aber noch bis zu Neuwahlen im Frühjahr 2009 im Amt. Nach einer Verurteilung trat Olmert im Februar 2016 eine 19-monatige Haftstrafe an, kam allerdings drei Monate früher wieder auf freien Fuß.

Oppositionschefin fordert Rücktritt Netanjahus

Israels Oppositionsführerin Shelly Jachimovich hat nach der Ankündigung einer möglichen Korruptionsanklage gegen Netanjahu dessen Rücktritt gefordert. „Von jetzt an kämpft Netanjahu um sein politisches Überleben und kann nicht um die Leben der Bürger des Staates kämpfen“, schrieb die Politikerin von der sozialdemokratischen Arbeitspartei bei Twitter. „Er ist nicht in der Lage, Ministerpräsident zu sein, und auch nicht, bei der Wahl anzutreten.“

Auswirkungen auf Wahlausgang unklar

Es ist noch unklar, wie die Entscheidung des Generalstaatsanwalts sich auf Netanjahus Chancen auswirken, ein fünftes Mal Regierungschef zu werden. Seine Anhängerinnen und Anhänger standen bisher klar an seiner Seite.

Allerdings: In einer Anfang des Monats veröffentlichten Umfrage hatten sich jedoch 52 Prozent der Bevölkerung für einen Rücktritt Netanjahus ausgesprochen, sollte der Generalstaatsanwalt eine Anklage empfehlen. Nur 35,5 Prozent waren in der Umfrage des Israelischen Demokratie-Institutes (IDI) der Ansicht, Netanjahu könne in diesem Fall Ministerpräsident bleiben.

Sollte Netanjahu wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, drohen ihm nach Angaben des IDI maximal zehn Jahre Haft. Im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs und Untreue könnten es bis zu drei Jahre Haft sein. Eine Verhängung der Höchststrafe gilt allerdings als sehr unwahrscheinlich.